LAWINFO

Verjährung

QR Code

Verjährungsverzicht

Rechtsgebiet:
Verjährung
Stichworte:
Verjährung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Liegt es im Interesse beider Parteien, Zeit für eine gütliche bzw. ausserprozessuale Beilegung ihres Konfliktes zu finden und soll der Gläubiger weder klagen noch betreiben müssen, können sie auch einen Verjährungsverzicht (auch: Verjährungseinredeverzicht) vereinbaren:

Definition

Gegenstand

  • Verjährungseinredeverzicht (auch: Verjährungsverzicht)         =   Einseitige Erklärung des Schuldners, für eine bestimmte Dauer auf die Verjährungseinrede zu verzichten oder Vereinbarung der Parteien, dass sie für eine vereinbarte Dauer auf die Einrede der Verjährung verzichten

Handlung

Grundlage

Zweck

  • Verjährungsunterbrechung
  • Verhinderung der Verjährungseinrede während einer bestimmten Dauer

Einschränkungen

Kein Verjährungsverzicht vor Vertragsabschluss

  • Verjährungsverzicht ist erst ab Beginn der Verjährung zulässig (OR 141 Abs. 1)
  • Zum alten Recht:
    • Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Verjährungsverzicht im Zeitpunkte des Vertragsabschlusses unzulässig (vgl. BGE 132 III 226, Erw. 3.3.7 = Pra 2006 Nr. 146 S. 999 ff.)
    • Nach Abschluss des Vertrages kann der Schuldner bezüglich aller noch laufenden Verjährungsfristen darauf verzichten, sich auf die Verjährung zu berufen
    • Der Verjährungsverzicht ist bezüglich aller Fristen sogar nach Ablauf der Verjährungsfrist noch möglich

Keine mehr als 10-jährigen Verjährungsverzichte

Grundsatz
  • Verzicht auf die Verjährungseinrede für maximal 10 Jahre (OR 141 Abs. 1) pro Verjährungseinredeverzichtserklärung resp. Vereinbarung
  • Zum alten Recht:
    • Keine Überschreitung der ordentlichen Verjährungsfrist gemäss OR 127 von 10 Jahren, und zwar unabhängig von der ursprünglichen Verjährungsfrist
    • hiezu BGE 132 III 226, Erw. 3.3.8 = Pra 2006 Nr. 146 S. 999 ff.
Ausnahme
  • In der praktischen Anwendung der Verjährungsunterbrechungen (zB Kette der Verjährungsverzichtserklärungen) kann und darf die 10-Jahresfrist überschritten werden

Form

  • Verjährungseinredeverzicht ist nur schriftlich zulässig (OR 141 Abs. 1bis)
  • In AGB kann nur der Verwender auf die Verjährungseinrede verzichten (OR 141 Abs. 1bis)
  • Unter altem Recht waren Verjährungsverzichte formfrei u. konkludent möglich: Vgl. BGE 4A_495/2011 und BGE 4C.421/2005

Auslegung der Verjährungseinredeverzichte

  • Auslegung nach dem Vertrauensprinzip (vgl. BGE 4A_495/2011, Erw. 2.3.1

Wirkung des Verjährungseinredeverzichts

Verjährungsverzicht während laufender Verjährungsfrist

  • Kein Neubeginn der Verjährungsfrist, sondern Verlängerung der Verjährungsfrist um die Dauer der vereinbarten Fristverlängerung
    • Judikatur
      • BGE 4A_495/2011, Erw. 2.3.1
      • BGE 4C.421/2005, Erw. 4.1

Verjährungsverzicht nach Verjährungseintritt

  • Wiedereintritt der gerichtlichen Durchsetzbarkeit, auf die im Verjährungseinredeverzicht vereinbarte Dauer
    • Ohne Verzichtsdauerangabe
      • Gesetzliche Frist

Verjährungseinredeverzicht und Ruhen oder Unterbrechung der Verjährung

Während der Dauer des Einredeverzichts können eintreten:

Verjährungseinredeverzicht im Prozess

Einredeobliegenheit des Schuldners

  • Der Schuldner kann selber bestimmen, ob er nach Verjährungseintritt die Verjährungseinrede im Prozess erheben will oder nicht
  • Erhebt der Schuldner die Verjährungseinrede nicht, darf das Gericht die Verjährung nicht beachten (vgl. OR 142)
  • Judikatur

Weitere Detailinformationen

Literatur

  • FURRER ANDREAS / MÜLLER-CHEN MARKUS, Obligationenrecht – Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Zürich 2012, 21/108 – 110, S. 608 f.
  • KESSLER FRANZ J., Der Verjährungsverzicht im Schweizerischen Privatrecht, Zürich 2000, 197 S.
  • NIKLAUS, Prescription extinctive, RN 1195, S. 191 f.
  • GASS ROLAND, Verjährungsverzicht: Wie weiter?, in: ANWALTSREVUE 2/2007, S. 71

Weiterführende Informationen

Rat zur Einreichung des Betreibungsbegehrens unter gleichzeitiger Beilage des Rückzugsbegehrens

  • Anstelle eines Verjährungseinredeverzichts empfiehlt sich eine Betreibung, ev. unter gleichzeitigem Rückzug der Betreibung
    • Vorteile
      • Keine dogmatischen Probleme zur Frage von Verjährungsfristverlängerung oder Fristneubeginn
      • Viele Schuldner wollen in der Verjährungseinredeverzichtserklärung keine Quantitative festlegen, obwohl der Gläubiger für die Verjährungsunterbrechung durch Klage oder Betreibung die „Verjährungsunterbrechungssumme“ bestimmen muss
      • Keine Gläubigerabhängigkeit in Bezug auf Abgabe und Zustellung des Verjährungsverzichts „in letzter Minute vor Ablauf der Verjährungsfrist“ usw.
    • Nachteile
      • Kosten, falls ein reibungsloser Verjährungsverzicht zu erwarten wäre
      • Sobald das Wording der Verjährungsverzichtserklärung „verhandelt“ werden muss, dürften Klage (mit Rückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung) oder Betreibung günstiger sein
  • Vgl. hiezu DÄPPEN ROBERT K., Basler Kommentar, N 6 zu OR 135

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.