Der Anwalt haftet für eine sorgfältige, störungsfreie Mandatsführung.
Leistungsstörungen treten ein bei:
- Untätigkeit
- Recht des Mandanten, vom Auftrag zurückzutreten (OR 404) und Schadenersatz zu verlangen (OR 107 – OR 109)
- Verzug
- Geltung der Verzugsregeln von OR 102 ff.
- Vertragsverletzung
- Beispiele
- Nicht persönliche Mandatsführung
- Missachtung von Weisungen
- Recht des Mandanten, gestützt auf OR 397 ff. i.V.m. OR 97 ff. Schadenersatz zu fordern
- Vgl. auch
- Beispiele
Unsorgfältige Mandatsführung sind in der Praxis besonders bedeutsam, v.a. wenn der Anwalt folgende Grundsätze nicht beachtet hat (vgl. WEBER ROLF, a.a.O., N 26 zu OR 398):
- Sachgerechte Analyse
- Auftragsart
- Auftragsumfang
- Auftragszeitdauer
- Auftragserfolgsaussichten
- Weitsichtige Planung der Mandatserfüllung
- Bearbeitung der sich stellenden Probleme mit hohem Berufsstandard
- Kritische Selbsteinschätzung zur Vermeidung eines sog. „Übernahmeverschuldens“
- Anwalt hat für eine Mandatsannahme zu leisten im Stand zu sein:
- in qualitativer Hinsicht
- in quantitativer Hinsicht
- in terminlicher Hinsicht
- Anwalt hat für eine Mandatsannahme zu leisten im Stand zu sein:
Lehre und Rechtsprechung stellen sehr hohe Anforderungen an die anwaltliche Sorgfalt (vgl. FELLMANN WALTER, a.a.O., N 407 ff. zu OR 398):
- objektiv richtige Beratung und Vertretung des Klienten
- Keine Mandatsbearbeitung ohne gründliche Einarbeitung in ihm unbekannte Themen und / oder Rechtsgebiete
- Keine Mandatsannahme, wo Spezialkenntnisse erforderlich sind
- Pflicht zur seriösen Aufklärung des Klienten über Gefahren und Erfolgsaussichten in einem Rechtsstreit
- bei Laien
- Besonderes Engagement bei der Prozessberatung von Laien
- bei Profis wie Inhouse-legal des Unternehmenskunden
- Eigenes Beurteilungsvermögen
- Obliegenheit des Unternehmensvertreters, bei einer Unsorgfaltsfeststellung den Anwalt sofort abzumahnen
- Unterlassung kann ein haftungsbeschränkendes oder haftungsausschliessendes Selbstverschulden bewirken (vgl. OR 44 i.V.m. OR 99 Abs. 3)
- bei Laien
Als klassische Unsorgfaltsfälle gelten (vgl. FELLMANN WALTER, a.a.O., N 418 zu OR 398):
- Fristversäumnis
- Verabredung einer Vergleichsvereinbarung anders als mit dem Klienten verabredet
- Unvollständige Sachverhaltsabklärung
- Wissenslücken im Recht
- Unterlassende Verjährungsunterbrechung
- Wahl eines suboptimalen Weges zur Erreichung des angestrebten Zieles
In diesen Fällen wird der Anwalt schadenersatzpflichtig.
Hierzu vergleiche:
Literatur
- Derendinger Peter, Die Nicht- und die nichtrichtige Erfüllung des einfachen Auftrags, 2. Aufl. 1990, S. 209 Rz. 449
- Fellmann Walter, Berner Kommentar, 1992, N. 543 zu 394 OR
Judikatur
- Unterlassung der Aufklärungs- und Benachrichtigungspflicht
- BGer 2C_233/2021 vom 08.07.2021
- BGer 4A_2/2020 vom 16.09.2020
- Haftung für Prozessentschädigung an die Gegenpartei bei Klage gegen nicht passivlegitimierte Partei + Honoraranspruch für die Arbeiten, welche im Prozess gegen die zutreffende Partei verwendet werden können
- BGer 4A_353/2020 vom 19.01.2021
- Haftung wegen mangelnder Substanziierung im Prozess
- BGer 4A_187/2021 vom 22.09.2021
Klausel betreffend Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit?
Eine Klausel im Mandatsvertrag, wonach die Haftung des Anwalts auf Fahrlässigkeit beschränkt wird, ist standeswidrig und nichtig (vgl. FELLMANN WALTER, a.a.O., N 418 zu OR 398).
Literatur
- WEBER ROLF, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Basel/Frankfurt, 1992, N 18 ff., N 26 und N 30 zu OR 398
- FELLMANN WALTER, Berner Kommentar, Bern 1992, N 407 ff. + N 418 zu OR 398
- WESTERMANN HARM PETER (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 8. Auflage, Münster 1989, S. 1497 + S. 2008 f.