Grundsätzliches
Definition des Selbstverschuldens
- Selbstverschulden = Einstehen müssen des Bauherrn für ein vertragswidriges Fehlverhalten, zu eigenen Lasten
Grundlagen
Anwendungsbeispiele
- Fehlerhafte Ausführungsweisungen des Bauherrn oder seines Architekten (Planers)
- Mangelhafter Baugrund
- Bauherrenlieferung eines mangelhaften oder ungeeigneten Werkstoffes
- Nachteilige Unternehmervorschrift (Beizug eines dem Bauherrn genehmen, aber unfähigen Subunternehmers)
- Mangelhafte Arbeit eines Vorunternehmers
- Mangelhafte Vorleistungen des Bauherrn (bei Eigenleistungen)
- usw.
Abmahnpflicht des Unternehmers
- Gesetzgeber-Motiv
- Grössere Sachkompetenz des Unternehmers als des Bauherrn
- Einschränkung beim fachkundigen Bauherrn bzw. seiner sachkundigen Vertretung
- Abmahnung von nicht fachunkundigem oder nicht sachverständig vertretenem Bauherrn
- Grundsatz
- Unternehmer trifft stets eine Abmahnungspflicht, infolge seiner Prüfungspflicht
- Ausnahme
- Nutzlose Abmahnung
- Bauherren-Festhalten an der fehlerhaften Weisung
- Bauherren-Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Weisung
- Überholende Kausalität
- Mangel wäre aus einem andern Grund ohnehin eingetreten
- Nutzlose Abmahnung
- Grundsatz
- Abmahnung von fachkundigem oder sachverständig vertretenem Bauherrn
- Grundsatz
- Keine Unternehmer-Abmahnungspflicht hinsichtlich sachverständiger Weisungen, bei Nichterkennen der Mangelhaftigkeit
- Ausnahme
- Unternehmer-Abmahnungspflicht, wenn er die Fehlerhaftigkeit der sachkundigen Weisung erkennen muss
- Offensichtliche Fehlerhaftigkeit
- Unternehmer-Nachprüfungspflicht
- kraft (Werk-)Vertrag
- kraft berechtigter Erwartungshaltung des Bauherrn, nach Treu und Glauben
- kraft wesentlich höheren Unternehmer-Sachverstands als jener des Bauherrn
- Unternehmer-Abmahnungspflicht, wenn er die Fehlerhaftigkeit der sachkundigen Weisung erkennen muss
- Grundsatz
Präzisierung
- OR 369 normiert, dass die Mängelrechte bei Selbstverschulden dahinfallen würden
- Bei Selbstverschulden entstehen indessen Mängelrechte gar nicht oder höchstens teilweise
Inhalt
- Anforderungen
- Die Abmahnung hat wie folgt ausgestaltet zu sein:
- ausdrücklich
- klar
- bestimmt
- Die Abmahnung hat wie folgt ausgestaltet zu sein:
- Ungenügen
- Nicht ausreichend sind:
- konkludentes Verhalten
- blosse Reklamation oder Belehrungen, namentlich über vorteilhaftere Ausführungslösungen
- vage Andeutungen
- Nicht ausreichend sind:
- Erfordernis eines Haftungsablehnungs-Hinweises für den Fall des Festhaltens an der Weisung?
- Umstritten, aber empfehlenswert
Form
- OR-Werkvertrag
- formfrei
- SIA-Werkvertrag
- Schriftform, als Beweis- und nicht als Gültigkeits-Erfordernis (vgl. Art. 25 Abs. 2 SIA-Norm 118)
Adressat
- ausreichend
- Bauherr persönlich oder sein Vertreter (Architekt/Planer)
- nicht ausreichend
- Abmahnung bloss an die Hilfsperson des Vertreters (zB Bauführer; vgl. BGE 95 II 51)
Rechtsfolgen
- Keine Unternehmer-Haftung
- Alleinige Mängelursache ist Folge
- einer fehlerhaften Bauherren-Weisung oder Vertreter-Weisung
- trotz rechtsgenügender Unternehmer-Abmahnung oder Fehlen einer Unternehmer-Abmahnpflicht
- = ausschliessliches Bauherren-Selbstverschulden gemäss OR 369
- Kein Bestellerselbstverschulden
- Alleinige Mängelursache ist Folge
- Unternehmer-Haftung
- Fehlerhafte Bauherren- oder Vertreter-Weisung ist nicht einzige oder ausschliessliche Mängelursache
- Mangel ist teilweise dem Unternehmer zuzurechnen
- = beschränktes Selbstverschulden des Bauherrn (Mitverschulden)
- Teil-Entlastung des Unternehmers in analoger Anwendung nach OR 44
- Anwendungsfall
- Pflichtwidriges Unternehmer-Nichterkennen der Fehlerhaftigkeit der Weisung und Verletzung seiner Abmahnungspflicht
- Voraussetzungen
- Kein Bestellerselbstverschulden
- Erhebliche oder mindererhebliche Mängel
Unternehmer-Beweislast
- Ausgangslage
- Streit darüber, ob ein alleiniges Bauherren-Selbstverschulden oder ein Bauherren-Mitverschulden (beschränktes Selbstverschulden) vorliegt
- Beweislast des Bauherren-Selbstverschuldens (Weisungsfehlerhaftigkeit + Erfüllung der Abmahnungspflicht (Abmahnung mit ausreichendem Inhalt an den zutreffenden Adressaten) oder Fehlen einer Abmahnpflicht (Bauherren-/Vertreter-Sachverstand oder Nutzlosigkeit einer Abmahnung))
- Unternehmer
Bauherren-Beweislast
- Ausgangslage
- Streit darüber, ob trotz Weisungsfehlerhaftigkeit und trotz Fehlens einer Unternehmer-Abmahnungspflicht dem Bauherrn trotz seines Selbstschuldens Mängelrechte zustehen
- Beweislast für eine Abmahnungspflicht trotz seines Sachverstandes (Offensichtliche Weisungs-Fehlerhaftigkeit oder für die Verletzung der vertraglichen Unternehmer-Nachprüfungspflicht oder für die Verletzung der „Treu und Glauben-Abmahnung“ infolge grösseren Sachverstands des Unternehmers
- Bauherr
Literatur
- BÜHLER ALFRED, Von der Beweislast im Bauprozess, in: Aktuelle Probleme des privaten und öffentlichen Baurechts, Hrsg. KOLLER ALFRED, St. Gallen 1994, S. 321 ff.
Judikatur
Grundsätzliches
- BGE 116 II 308
- BGE 116 II 456 ff.
- BGE 98 II 103 f.
- BGE 95 II 47 ff.
- BGE 93 II 322 ff.
- Rep 1983, S. 309 f. = BR 1984, Nr. 66, S. 54
Unternehmer-Beweislast
- —
Bauherren-Beweislast
- —
Weiterführende Informationen
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