Begriff
Sozialplan = Vereinbarung, mit welcher Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Massnahmen verabreden, mit denen Arbeitnehmer-Kündigungen vermieden, deren Anzahl beschränkt und deren Auswirkungen gemildert werden sollen, alles ohne den Fortbestand des Unternehmens zu gefährden.
Gesetzliche Grundlagen
OR 335h – OR 335k
a. Begriff und Grundsätze
Art. 335h OR
1 Der Sozialplan ist eine Vereinbarung, in welcher der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer die Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden.
2 Er darf den Fortbestand des Betriebs nicht gefährden.
b. Verhandlungspflicht
Art. 335i OR
1 Der Arbeitgeber muss mit den Arbeitnehmern Verhandlungen mit dem Ziel führen, einen Sozialplan aufzustellen, wenn er:
- üblicherweise mindestens 250 Arbeitnehmer beschäftigt; und
- beabsichtigt, innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen zu kündigen, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen.
2 Zeitlich verteilte Kündigungen, die auf dem gleichen betrieblichen Entscheid beruhen, werden zusammengezählt.
3 Der Arbeitgeber verhandelt:
- mit den am Gesamtarbeitsvertrag beteiligten Arbeitnehmerverbänden, wenn er Partei dieses Gesamtarbeitsvertrags ist;
- mit der Arbeitnehmervertretung; oder
- direkt mit den Arbeitnehmern, wenn es keine Arbeitnehmervertretung gibt.
4 Die Arbeitnehmerverbände, die Arbeitnehmervertretung oder die Arbeitnehmer können zu den Verhandlungen Sachverständige heranziehen. Diese sind gegenüber betriebsfremden Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet.
c. Aufstellung durch ein Schiedsgericht
Art. 335j OR
1 Können sich die Parteien nicht auf einen Sozialplan einigen, so muss ein Schiedsgericht bestellt werden.
2 Das Schiedsgericht stellt einen Sozialplan durch verbindlichen Schiedsspruch auf.
d. Während eines Konkurs- oder eines Nachlassverfahrens
Art. 335k OR
Die Bestimmungen über den Sozialplan (Art. 335h–335j) gelten nicht bei Massenentlassungen, die während eines Konkurs- oder Nachlassverfahrens erfolgen, das mit einem Nachlassvertrag abgeschlossen wird.
Sozialplanpflicht
Das schweizerische Recht enthält in OR 335h – OR 335k die Regeln und Voraussetzungen für den Anspruch auf einen die Kündigungsfolgen einer Massenentlassung mildernden Sozialplan.
Gesetzliche Sozialplanpflicht unter bestimmten Voraussetzungen!
Ferner:
- In einzelnen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) ist u.U. ein weitergehender Anspruch Abschluss eines Sozialplans festgeschrieben und in wenigen der konkrete Inhalt festgeschrieben.
- Die gesetzlichen Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmervertreter (OR 335 f.) können natürlich auch in Unternehmen, bei welchen ein Personalabbau unterhalb der Schwelle einer Sozialplanpflicht geplant ist, das Forum für die Durchsetzung eines Sozialplans bilden.
- Aus welchen Motiven auch immer bietet der restrukturierende Arbeitgeber selbst – auch ohne Vorliegen einer Pflicht – einen Sozialplan an.
Inhalt
Ein Sozialplan enthält meistens folgende Inhalte:
- vorzeitige Pensionierungen
- verlängerte Kündigungsfristen
- Massnahmen zur Unterstützung bei der Stellensuche
- inner- oder überbetriebliche Stellenvermittlung
- outplacement
- Kursprogramme
- Weiterbildung
- Übernahme Umschulungskosten
- Transfer-Organisation
- Abgangsentschädigung
- Durchhalteprämien
- Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
- Übergang von Arbeitsverhältnissen (OR 333)
- Verzeichnis der Anlaufstellen und ihrer Zuständigkeiten
- Ermessensleistungen in Härtefällen.
Tipp:
„Für die Entlassenen sind Outplacements besser als Abfindungen.“ (Professor Norbert Thom, Uni Bern)
Abschluss eines zwingenden Sozialplans (Sozialplanpflicht)
Die Sozialplangesetzgebung von OR 335h ff. geht davon aus,
- dass es in erster Linie die Aufgabe des Arbeitgebers und seines nach OR 335i Abs. 3 bestimmten Verhandlungspartners ist, einen Sozialplan auszuhandeln;
- dass es in zweiter Linie, d.h. für den Fall, dass sich die Parteien nicht einigen können oder eine Partei sogar ganz die Verhandlungen verweigert, das in OR 335j vorgesehene Zwangsschiedsgerichtsbarkeit anzurufen ist, mit dem Ziel, den Sozialplanautoritär durch Schiedsspruch und damit auch gegen den Willen einer Partei festsetzen zu lassen.
- Die Bestimmung von OR 335j ist relativ zwingender Natur (vgl. OR 362).
Abschluss eines fakultativen Sozialplans
Der Abschluss einer Sozialplan-Vereinbarung erfolgt – sofern der GAV keine Regelung vorsieht – meistens
- auf Druck der Gewerkschaften
- unter Mitwirkung des kantonalen Arbeitsamtes, welches im Sinne von OR 335g Abs. 3 zur Lösungssuche verpflichtet ist.
Literatur
- PORTMANN/RUDOLPH-BSK OR I, Basel 2020, N 1 ff. zu Art. 335h
- SCHWAIBOLD-KUKO OR, 2014, Art. 335h–335k OR
- Broschüre „Massenentlassung und Betriebsschliessungen“, hrsg. vom Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Solothurn, 1996
- Broschüre „Personalmassnahmen“, hrsg. vom Zentralverband schweiz. Arbeitgeberorganisationen, Zürich 1992
Judikatur
- BGer 4A_670/2010 vom 04.04.2011 (Regelung der Grundzüge einer frühzeitigen Pensionierung im GAV nur Verpflichtung der Sozialpartner)
- BGer 4A_23/2016 vom 19.07.2016 (Täuschung, keine Abgangsentschädigungen mehr zu bezahlen, aber zeitgleicher Beschluss eines Sozialplans mit Abgangsentschädigungen)
- Pra 88 (1999) Nr. 29 (Gleichbehandlung der Destinatäre)
- Pra 94 (2005) Nr. 56 (Leistungen bei administrativer Auflösung des Dienstverhältnisses)