Nach Eintritt der Rechtskraft des Kollokationsplans bzw. Lastenverzeichnisses entscheiden – im ordentlichen Konkursverfahren – die Gläubiger im Rahmen der zweiten Gläubigerversammlung über die Art der Verwertung, sowohl für die unbeweglichen wie die beweglichen Sachen:
- Zweite Gläubigerversammlung
- Grundlagen
- SchKG 243 Abs. 3
- SchKG 256
- Einberufung
- Die zweite Gläubigerversammlung wird durch individuelle Einladung einberufen, welche mindestens 20 Tage vor der Versammlung verschickt werden muss (vgl. SchKG 252 Abs. 1; siehe Box)
- Zusammensetzung
- Teilnahmeberechtigt sind einzig alle Konkursgläubiger, deren Forderungen nicht bereits rechtskräftig abgewiesen wurden (vgl. SchKG 252 Abs. 1); mithin beschränkt sich die Teilnahmeberechtigung nicht nur auf die Gläubiger rechtskräftig anerkannter Forderungen; Gläubiger, die Beschwerde und / oder Klage erhoben haben und diese noch nicht rechtskräftig ist / sind, können trotzdessen an der 2. Gläubigerversammlung teilnehmen.
- Die Konkursverwaltung kann auf Verlangen ¼ der Gläubiger oder auf Antrag des Gläubigerausschusses (vgl. SchKG 255; siehe auch Box unten).
- Verhandlungsweise
- Verhandlungsleitung
- Ein Mitglied der Konkursverwaltung (Konkursamt, ausseramtliche Konkursverwaltung oder ausserordentliche Konkursverwaltung) übernimmt den Vorsitz und leitet die Versammlung
- Beschlussfähigkeit der 2. Gläubigerversammlung
- Im Prinzip gelten zur Beschlussfähigkeit und zur Abstimmung die gleichen Regeln wie für die 1. Gläubigerversammlung
- Verhandlungsleitung
- Nicht beschlussfähige Versammlung
- Im Falle fehlender Beschlussfähigkeit
- Ist die 2. Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig, so hat die Konkursverwaltung dies festzustellen und die anwesenden über Stand und Aussichten des Verfahrens zu informieren
- Die bisherige Konkursverwaltung und der Gläubigerausschuss bleiben bis zum Verfahrensschluss im Amt (vgl. SchKG 254 und BGE 95 III 30)
- Die der 2. Gläubigerversammlung vorbehaltenen Beschlüsse müssen bei Beschlussunfähigkeit auf dem Zirkularwege gefasst werden
- Beschlussfassung auf dem Zirkularweg
- Ist die 2. Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig, gelten folgende Regeln:
- Ein Antrag gilt als angenommen, wenn die Mehrheit der mit Zirkular angesprochenen Gläubiger diesem innert der gesetzten Frist ausdrücklich oder (in der Regel) stillschweigend zustimmt
- Sind nicht alle Gläubiger bekannt, kann die Konkursverwaltung ihre Anträge zusätzlich öffentlich bekannt machen
- Ist die 2. Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig, gelten folgende Regeln:
- Im Falle fehlender Beschlussfähigkeit
- Kompetenzen
- Zuständige Gläubiger
- Da nur noch die mutmasslich am Verwertungserlös teilhabenden Gläubiger an der Versammlung involviert sind, stehen diesem Kreis der Gläubiger weitergehende Kompetenzen zu als an der 1. Gläubigerversammlung
- Verfahrensbestimmende Weise
- Die 2. Gläubigerversammlung bestimmt
- das ganzen (weitere) Verfahren in bindender Weise bzw.
- die zur Entscheidung vorgelegten Traktanden
- Die 2. Gläubigerversammlung bestimmt
- Zuständige Gläubiger
- Beschwerdefrist
- Die Gläubigerbeschlüsse können angefochten werden:
- Es gelten die allgemeinen Regeln:
- Abweichungen
- Beschwerdegrund kann nur eine Rechtsverletzung, nicht aber Unangemessenheit bilden (vgl. BGE 109 III 88, BGE 110 III 31) und damit anders als bei der 1. Gläubigerversammlung
- Beschwerdefrist: 10 Tage
- Die Gläubigerbeschlüsse können angefochten werden:
- Grundlagen
- Zirkularbeschlussverfahren
- Grundlagen
- Lehre und Praxis
- Ersatz-Zirkulationsbeschlussverfahren bei GV-Beschlussunfähigkeit (als Eventualantrag)
- Für den Fall der Beschlussunfähigkeit der 2. Gläubigerversammlung wir die Konkursverwaltung immer die für Versammlung vorgesehenen Anträge als Eventualanträge durch Zirkularbeschlussabstimmung vorsehen, mit der Rechtsbelehrung für das Abstimmungsprozedere
- Ursprüngliches Zirkularbeschlussverfahren
- Es ist möglich, anstelle einer Gläubigerversammlung die Gläubiger direkt mittels Zirkularbeschlussverfahren in die interne Willensbildung miteinzubeziehen.
- Grundlagen
4. Forderungseinzug. Notverkauf/h3>
Art. 243 SchKG
1 Unbestrittene fällige Guthaben der Masse werden von der Konkursverwaltung, nötigenfalls auf dem Betreibungswege, eingezogen.
2 Die Konkursverwaltung verwertet ohne Aufschub Gegenstände, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursachen. Zudem kann sie anordnen, dass Wertpapiere und andere Gegenstände, die einen Börsen- oder einen Marktpreis haben, sofort verwertet werden.
3 Die übrigen Bestandteile der Masse werden verwertet, nachdem die zweite Gläubigerversammlung stattgefunden hat.
A. Zweite Gläubigerversammlung
1. Einladung
Art. 252 SchKG
1 Nach der Auflage des Kollokationsplanes lädt die Konkursverwaltung die Gläubiger, deren Forderungen nicht bereits rechtskräftig abgewiesen sind, zu einer zweiten Versammlung ein. Die Einladung muss mindestens 20 Tage vor der Versammlung verschickt werden.
2 Soll in dieser Versammlung über einen Nachlassvertrag verhandelt werden, so wird dies in der Einladung angezeigt.
3 Ein Mitglied der Konkursverwaltung führt in der Versammlung den Vorsitz. Der Artikel 235 Absätze 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.
B. Weitere Gläubigerversammlungen
Art. 255 SchKG
Weitere Gläubigerversammlungen werden einberufen, wenn ein Viertel der Gläubiger oder der Gläubigerausschuss es verlangt oder wenn die Konkursverwaltung es für notwendig hält.
D. Verwertungsmodus
Art. 256 SchKG
1 Die zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände werden auf Anordnung der Konkursverwaltung öffentlich versteigert oder, falls die Gläubiger es beschliessen, freihändig verkauft.
2 Verpfändete Vermögensstücke dürfen nur mit Zustimmung der Pfandgläubiger anders als durch Verkauf an öffentlicher Steigerung verwertet werden.
3 Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert und Grundstücke dürfen nur freihändig verkauft werden, wenn die Gläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, höhere Angebote zu machen.
4 Anfechtungsansprüche nach den Artikeln 286–288 dürfen weder versteigert noch sonstwie veräussert werden.
Literatur
- KUKO SchKG-BÜRGI, Art. 235 SchKG – Art. 237 SchKG, 2. Auflage, Basel 2014
- AMONN KURT / WALTHER FRIDOLIN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9., vollständig aktualisierte Auflage, Bern 2013, § 45 N 5 f. + N 14; § 47 N 10 + N 46; § 49 N 9
- DOLDER KARIN, Ordentlich oder summarisch? – Der Entscheid liegt auch beim Gläubiger, in: IWIR 2002, S. 17 ff.
- EGLI ALBERT, Die Einwirkung des Gläubigerelements auf die Organisation und Durchführung des Konkursverfahrens nach erfolgter Konkurseröffnung im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1942
- KÜDERLI LUC, Die Willensbildung der Gläubigergemeinschaft, Diss. Zürich 1963
- LORANDI FRANCO, Zirkularbeschlüsse im SchKG, ZZZ 2019, 31 ff.
- MARTZ ERNST, Die Gläubigerversammlung im Konkurs- und Nachlassverfahren, BlSchK 1950, 97
- MOOR ERNST, Die Gläubigerversammlung im Konkurs, Zürich 1993
- SPRECHER THOMAS, Der Gläubigerausschuss im schweizerischen Konkursverfahren und im Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung, Diss. Zürich 2003
- STÖCKLI MARLEN / STÖCKLI KURT, Dringlichkeitsbeschlüsse nach Art. 238 Abs. 1 SchKG Ausgewählte praktische Probleme bei dringlichen Beschlüssen der ersten Gläubigerversammlung im Konkursverfahren, in: Jusletter vom 24.06.2019
- STOCKER CHRISTOPH, Entscheidgrundlage für die Wahl des Verfahrens im Konkurs, Diss. Zürich 1985
- TSCHAN ARTHUR, Stimmrecht und Beschlussfähigkeit bei Gläubigerversammlungen im Konkurs, BlSchK 1965, 33
- VOCK DOMINIK, Stimmberechtigung an der Gläubigerversammlung, in: Aktuelle Probleme des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (Dokumentation zur Tagung vom 6. Oktober 2005 im Grand Casino Luzern), St. Gallen 2004
- WYSS CLAUDIA, Kollektive Beteiligungsrechte der Gläubiger im Konkurs- und Nachlassverfahren. Unter Berücksichtigung der Revision des Sanierungsrechts, Zürich / Basel / Genf 2013
Judikatur
- 2. Gläubigerversammlung
- Einberufung
- —
- Zusammensetzung
- —
- Verhandlungsweise
- BGE 95 III 30
- Kompetenzen
- BGE 116 III 101
- BGE 110 III 31
- BGE 109 III 88
- Nicht beschlussfähige Versammlung
- BGE 95 III 30
- Beschwerde / Beschwerdefrist
- BGE 110 III 31
- BGE 109 III 88
- Einberufung
- Zirkularbeschlussverfahren
- Ersatz-Zirkulationsbeschlussverfahren bei GV-Beschlussunfähigkeit (nachträglich)
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- Ursprüngliches Zirkularbeschlussverfahren
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