Allgemeines zur Beweislast
Vorweg sind einige Ausführungen zur allgemeinen Behauptungs- und Beweislage zu machen:
- Rechtsbegründende Tatsachen
- „Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet“ (ZGB 8)
- Wer eine rechtsbegründende Tatsache geltend macht, hat diese zu beweisen
- Rechtshindernde Tatsachen
- ZGB 8 ist also ebenfalls anwendbar
- Wer eine rechtshindernde Tatsache behauptet oder dessen Entstehung oder Durchsetzbarkeit bestreitet, trägt die Beweislast hiefür
- Nicht vollständig aufklärbarer Sachverhalt
- Ist ein Sachverhalt nicht vollständig aufklärbar, wirkt sich dies auf die beweisbelastete Partei fatal aus: Sie unterliegt im Zivilprozess, falls der betreffende Punkt für das Klagegebäude oder Abwehrdispositiv existentiell ist
Beweislastumkehr
In Fällen, in den ein Sachverhalt kontextbedingt regelmässig nicht vollständig nachweisbar ist, wird meistens der Ruf nach einer sog. Beweislastumkehr laut:
- Umgekehrte Beweislastregel
- Im Streitfall hat die Gegenpartei zu beweisen, dass der ihr unterstellte Sachverhalt nicht gegeben ist
- Vom Üblichen abweichende Risikozuweisung
- Eine Anbietergruppe hat Haftungserschwernisse zu tragen, weil die Gegenpartei durch ein Informations- und Wissens-Ungleichgewicht ihre Rechte nur selten erfolgreich verfolgen kann
- Ein bestimmte Anspruchsgruppe wird gezielt durch Haftungserleichterungen begünstigt
- Die Beweislastumkehr führt zu einer anderen als üblichen Risikoverteilung
- Anwendungsfälle
- Als Beispiel einer solchen Beweislastumkehr kann OR 40e Abs. 3 (Anbieterbeweis des Zugangszeitpunkts der Widerrufsbelehrung)
- Patienten-Arzt-Verhältnis (siehe Box, Judikatur)
Vermutung für das Bestehen bestimmter tatsächlicher Umstände
Ein weiteres Mittel eine bestimmte Gruppe von Rechtsteilnehmern zu begünstigen ist:
- Die rechtliche Vermutung für das Bestehen eines bestimmten tatsächlichen Umstandes.
Literatur
- KOLLER-TUMLER MARLIS, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 1. Teil, E. Konsumentenvertragsrecht, S. 87
Judikatur
- BGE 120 II 248
- BGE 117 Ib 206
- BGE 115 Ib 181
- BGE 113 Ib 432
- BGE 4C.378/1999 vom 23.11.2004