Grundsätzlich ist jedermann selbst für die Beschaffung der Informationen verantwortlich, die für die Beurteilung eines abzuschliessenden Rechtsgeschäfts erforderlichen sind.
Im Konsumentenrecht wird dieser Grundsatz durch die Anforderung vorvertraglicher oder vertraglichen Informationspflichten durchbrochen:
Betroffene Rechtsgeschäfte
- Konsumkredite (KKG 8 – 10)
- Pauschalreisen (PRG 3 – 6)
- Haustürgeschäfte (OR 40a ff.)
- Ehe- und Partnerschaftsvermittlung (OR 406a ff.)
Ziele
- Abstraktes Informationsbedürfnis
- Information einer Gruppe von Konsumenten, unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall wirklich ein Informationsbedürfnis besteht
- Hilfe zur besseren eigenen Interessenwahrung des Konsumenten
- Stärkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Konsumenten
Informationsbedürfnis
- Informationsbedürfnis > Informationspflicht
- Für die vom Gesetzgeber angenommenen Informationsbedürfnisse besteht eine Informationspflicht
- Jedes Rechtsgebiet mit eigenen Informationsbedürfnissen
- Jedes Rechtsgebiet hat seine eigenen Anforderungen an die Information
Vorvertragliche Informationspflichten der Anbieter
- Detaillierte und vergleichbare Präsentation von Leistung und Gegenleistung (Preis), um dem Konsumenten im Machtgefälle auf Augenhöhe die Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen
Vertragliche Informationspflichten der Anbieter
- Schutz einer korrekten Vertragsabwicklung
Markttransparenz
- Schaffung einer überindividuellen Markttransparenz
- Ausgleich des Macht- und Informationsgefälles von Anbieter und Konsument
Kosteneffizienz
- Informationsbeschaffung durch den einmal handelnden Konsumenten unverhältnismässig
- Auferlegung der Informationspflichten dem Anbieter, der die Verträge in grosser Zahl abschliesst und die (Informations-)Kosten niedrig halten und aufteilen kann
Grenzen der Informationspflicht
- Verhältnismässiger Eingriff in die Privatautonomie
- Die Informationspflichten werden da eingesetzt, wo sie dem Anbieter nicht allzu grosse Bürden verursachen und dem Konsumenten Vorteile bringen
- Überinformation
- Die Informationspflicht findet da ihre Grenzen, wo der Konsument vor und bei Vertragsschluss mit einer Fülle von Informationen eingedeckt wird, so dass er die wesentlichen Informationen nicht mehr erkennt oder das Ganze als reine Formalität wahrnimmt
- Überinformation verfehlt ihre Schutzfunktion
- In Überinformationsfällen verkehrt sich der Schutzgedanke in eine Gefahr, nämlich den Konsumenten von der Wahrnehmung des Entscheidenden abzuhalten
Sanktionen
- Grundsätzliches
- Die Durchsetzung der Informationspflicht ist Sanktionen unterworfen
- Durchsetzung von Privatrecht mittels Verwaltungs- und Strafrecht?
- Der schweizerische Gesetzgeber hat sich primär für zivilrechtliche Sanktionen entschieden
- Als Sanktionsmittel dienen v.a. an Forderungs- und Rechtsverluste wie sie Konsumkreditgesetzgebung kennt
- Gleichwohl sind als flankierende Massnahmen strafbewehrte Lauterkeits- und Täuschungsverbote vorgesehen
- Verhältnismässigkeit
- Eine Sanktion hat auch verhältnismässig zu sein
- Abschreckung gegen Unterlassung künftig gebotener Information
- Die Sanktion soll abschreckende Wirkung haben
- Dem Anbieter soll es so weh tun, dass er inskünftig gebotene Information nicht wieder unterlässt
Literatur
- VIGNERON-MAGGIO-APRILE SANDRA, L’information des consommateurs en droit européen et en droit suisse de la consomation, Genf/Zürich/Basel 2006, S. 143 ff. (Übersicht zu den Informationspflichten)