Benützung und Verwaltung gemeinschaftlicher Teile
Jeder Stockwerkeigentümer hat Anspruch, die gemeinschaftlichen Teile benutzen zu können. Die gemeinsame Nutzung erfasst auch die Rechte auf Erträgnisse. Eine Beschränkung der Nutzung gemeinschaftlicher Teile ist – abgesehen von der Ausscheidung der Sonderrechte – grundsätzlich nicht zulässig.
Die Verwaltung der gemeinschaftlichen Teile ist der Gemeinschaft vorbehalten; in der Regel wird hierfür ein Verwalter bestimmt.
Vermietung gemeinschaftlicher Teile
Unter Umständen kann es sich aufdrängen, gemeinschaftliche Teile an Dritte zu vermieten (z.B. freistehende Parkplätze, Gemeinschaftsräume u. dgl.). Hierfür ist ein einstimmiger Beschluss der Stockwerkeigentümer erforderlich. Die aus der Vermietung resultierenden Einnahmen fallen der Gemeinschaft zu.
Benützung und Verwaltung der Teile im Sonderrecht
Gemäss Art. 712a Abs. 2 ZGB ist der Stockwerkeigentümer in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei. Er darf jedoch keinem andern Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechts erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen. Zudem ist auch jeder Stockwerkeigentümer verpflichtet, gewisse Handlungen vorzunehmen, die im Sinne der Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen geboten sind.
Literatur
- BÖSCH RENE, in: Geiser/Wolf [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 6. Aufl., Basel 2019, N 11 + 13 zu Art. 712l ZGB)
- MEIER-HAYOZ ARTHUR / REY HEINZ, Berner Kommentar, Bern 1988, N 20 f. zu Art. 712g ZGB)
Judikatur
- Kantonsgericht Graubünden, II. Zivilkammer, 18.05.2020, ZK2 20 14 (Unterscheidung zwischen der Gesamtheit der Stockwerkeigentümer als Miteigentümer und der Stockwerkeigentümergemeinschaft als Verwaltungsgemeinschaft; Gemeinschaftliche Teile stehen im Miteigentum der Stockwerkeigentümer; für das Ausweisungsgesuch um Ausweisung eines Gemeinschaftsraum-Mieters bilden die Stockwerkeigentümer eine notwendige Streitgenossenschaft)
- PKG 1995 Nr. 18 E. 1; 1992 Nr. 20 Erw. 2a (nachträglicher Prozessführungsbeschluss)
- 4A_242/2016 vom 05.10.2016, Erw. 5, m.w.H.)
- BGE 112 II 308 Erw. 3 (notwendige Streitgenossenschaft)
- BGE 138 III 512 Erw. 2.2 (notwendige Streitgenossenschaft)
Weiterführende Informationen
Beispiel:
Reparatur einer Wasserleitung
Die Eigentümer sind angesichts der engen räumlichen Beziehung untereinander zu einer schonenden Rechtsausübung verpflichtet. Gegen übermässige Immissionen können sich die Eigentümer wehren. Unter qualifizierten Umständen kann ein Eigentümer gar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, wenn der das Eigentum der anderen verletzt.
Beispiel:
Ein Eigentümer muss sich nicht gefallen lassen, wenn der Nachbar stets laute Musik spielen lässt und dabei den anderen in seiner Ruhe stört.
In einem bekannten, aber eher ungewöhnlichen Gerichtsurteil wurde ein Stockwerkeigentümer verpflichtet (über Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit), einen Spannteppich zu verlegen, weil der Trittschall auf dem ursprünglichen Boden sehr stark war und sich störend auf die benachbarte Wohnung auswirkte
Versicherungen
Die Versicherung des Gebäudes ist eine gemeinschaftliche Aufgabe der Stockwerkeigentümer. Es sollte – wenn nicht bereits von Gesetzes wegen ein Versicherungszwang besteht – gegen Feuer, andere Gefahren und betreffend der Werkeigentümerhaftpflicht eine Versicherung abgeschlossen werden. Die Versicherungsprämien dieser Versicherungen zählen zu den gemeinschaftlichen Kosten. Einzelne Teile können durch die Stockwerkeigentümer selbst versichert werden (z.B. Glasbruch-, Einbruchversicherung).