Im Sinne eines Spekulationsschutzes sahen nach altem, bis 31.12.1993 gültigem Recht (ZGB 619 – 619sexies und OR 218quinquies) eine Vormerkung des „Gewinnanteils“ (bei lebzeitiger Grundstücksübertragung) bzw. einen sog. „Gewinnanspruch“ (bei Grundstückszuweisung in der Erbteilung) vor. Es sollte vermieden werden, dass der Übernehmer Grundstücke – v.a. landwirtschaftlichen Liegenschaften – zum Ertragswert oder sonst zu einem Vorzugswert übernehmen kann und später, ohne dass die Miterben teilhaben können, Objekte zum Baulandwert verkäuft.
Nach Ausserkraftsetzung von ZGB 619sexies bzw. OR 218quinquies resp. Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) gilt folgendes:
- Keine neuen Vormerkungen, auch wenn das Gewinnanteilsrecht nach altem Recht bestand bzw. begründet wurde;
- Vorher vorgemerkte Gewinnanteilsrechte wirken wie bisher weiter.
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich v.a. auf den Vormerkungstatbestand vor 1993, wobei der Vollständigkeit halber Hinweise auf das neurechtliche Gewinnanteilsrecht ergänzt sind:
Definitionen
- Gewinnanteilsrecht
- Mit dem Gewinnanteilsrecht haben bestimmte Personen das Recht, anteilsmässig am Gewinn des Grundstückübernehmers, der das Objekt lebzeitig vom potentiellen Erblasser unter dem Verkehrswert übertragen erhielt, aus einem späteren Weiterkauf oder einer Enteignung zu partizipieren
- Gewinnanspruch
- Mit dem Gewinnanspruch haben die Miterben das Recht, anteilsmässig am Gewinn des Grundstückübernehmers, der das Objekt im Rahmen einer Erbteilung unter dem Verkehrswert übernahm, aus einem späteren Weiterkauf oder einer Enteignung zu partizipieren
Gesetzliche Grundlage
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- aZGB 619 – 619sexies
- aOR 218quinquies
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
- keine Vormerkung nach ZGB 959 mehr
Rechtsverhältnis bzw. Vertrag
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- gesetzliches Gewinnanspruchsrecht
- Abänderung des gesetzlichen Gewinnanspruchs (ehemals mit Schriftformerfordernis)
- Vereinbarung über die Gewinnbeteiligung der Miterben für nichtlandwirtschaftliche Liegenschaften
- Gewinnanteilsrecht | gewinnanteilsrecht.ch
- gesetzliches Gewinnanspruchsrecht
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
- Gesetzliches Gewinnanspruch der Miterben (BGBB 28 Abs. 1 und 2)
- nach Erbquote
- Vererblichkeit und Übertragbarkeit
- Dauer des Gewinnanspruchs
- 25 Jahre (BGBB 28 Abs. 3)
- Gesetzliches Gewinnanspruch der Miterben (BGBB 28 Abs. 1 und 2)
Vormerkungsabrede / Vormerkungsfähigkeit
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- gesetzliches Gewinnanspruchsrecht
- Vormerkung von Gewinnanteilsrecht oder Gewinnanspruch
- Abänderung des gesetzlichen Gewinnanspruchs
- Vgl. aZGB 619 – 619sexies und aOR 218quinquies
- Vereinbarung über die Gewinnbeteiligung der Miterben für nichtlandwirtschaftliche Liegenschaften (aZGB 619sexies)
- gesetzliches Gewinnanspruchsrecht
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
- keine Vormerkung nach ZGB 959 mehr
- vorläufige Eintragung des Gewinnanspruchs analog eines Bauhandwerkerpfandrechts, auf Begehren des Berechtigten
- BGBB 34
Vormerkungsdauer
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- 25 Jahre
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
Veräusserungs-Gleichstellungen
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- Veräusserung gleichgestellt sind Rechtsgeschäfte, mit welchen der Übernehmer den Wert des Grundstückes ganz oder teilweise umsetzt
- Begründung Baurecht
- Begründung (Kies-)Ausbeutungsrecht
- u.ä.
- Veräusserung gleichgestellt sind Rechtsgeschäfte, mit welchen der Übernehmer den Wert des Grundstückes ganz oder teilweise umsetzt
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
- Gewinnanteilsrecht | gewinnanteilsrecht.ch
Vormerkungswirkung
- altrechtlich (bis 31.12.1993)
- Erwerber haftet für die Ausrichtung des Gewinnanteils bzw. Bezahlung des Gewinnanspruchs solidarisch zusammen mit dem Übernehmer resp. dem späteren Veräusserer, sofern der Anspruch auf Anmeldung im Grundbuch vorgemerkt wurde (vgl. aZGB 619quinquies + aOR 218quinquies sowie aGBV 71c)
- Vorrang der Ansprüche der Miterben vor später begründeten Grundpfandrechten
- Recht des Grundstückerwerbers auf gerichtliche Hinterlegung des Streitbetrages, falls die Miterben über die Höhe des Überschusses und ihre Anteile streiten
- neurechtlich (ab 01.01.1994)
Gesetzesänderungen
- Altes Recht
- aZGB 619 und aOR 218
- siehe Einleitung
- Neues Recht
- Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 04.10.1991 (BGBB; SR 211.412.11)
- Fassung gemäss Art. 92 Ziff. 2 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (SR 211.412.11), in Kraft seit 1. Jan. 1994 (AS 1993 1410; BBl 1988 III 953)
- Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht | admin.ch
- Vgl. ferner Gewinnanteilsrecht | gewinnanteilsrecht.ch
- Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 04.10.1991 (BGBB; SR 211.412.11)
Literatur
- SCHMID JÜRG, BSK, N 43 ff. zu ZGB 959
- DESCHENAUX HENRI, SPR V/3, II (Sachenrecht/Grundbuch), S. 667 f.
Judikatur
(altrechtliche) realobligatorische Verpflichtung des Grundstückerwerbers, den geschuldeten Gewinnanteil zu bezahlen
- ZBGR 1982, S. 257 ff.
- ZBGR 1980, S. 1 ff.
- ZBGR 1984, S. 137 ff.
- SPR IV/2, S. 959
Weiterführende Informationen
- Gewinnanteilsrecht | gewinnanteilsrecht.ch (in Arbeit)
- Preis- und Spekulationsabsicherung
- Verhältnis zu anderen Rechten am Grundstück