Interesse der Arbeitnehmer an einer zeitnahen Konkurseröffnung über den nicht zahlenden Arbeitgeber
Arbeitnehmer erhalten bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers seitens der Sozialversicherungen (Insolvenzentschädigung und / oder Arbeitslosenentschädigung) erst Leistungen, wenn über den Arbeitgeber der Konkurs eröffnet ist und die Arbeitnehmer eine Bestätigung der Konkursverwaltung vorlegen können, dass sie ihre Lohnforderungen zur Kollokation angemeldet haben:
Recht der Konkursverwaltung, in den Arbeitsvertrag einzutreten
Wie bei jedem nicht erfüllten Vertragsverhältnis im Konkurs hat die Konkursverwaltung das (Wahl-)Recht, nicht aber die Pflicht, zu entscheiden, ob sie gestützt auf SchKG 211 in das Vertragsverhältnis eintreten soll und so zu erfüllen hat, wie der Gemeinschuldner verpflichtet war, oder nicht.
Eintritt der Konkursverwaltung
Tritt die Konkursverwaltung in das vorbestandene Vertragsverhältnis ein, wird das Arbeitsverhältnis zum Massaverhältnis und die Forderungen des Arbeitnehmers sind als sog. Massaschulden zu behandeln. – Der Arbeitsvertrag ist zu erfüllen, wie wenn keine Konkurs über den Arbeitgeber eröffnet worden wäre (Realerfüllung).
Nichteintritt der Konkursverwaltung
Tritt die Konkursverwaltung nicht in das vorbestandene Arbeitsverhältnis ein, so bleibt das Arbeitsverhältnis zwar fortbestehen, der Arbeitnehmer kann aber seine Lohnforderungen und die in Geldforderungen umzuwandelnden Realansprüche im Kollokationsverfahren des Konkurses geltend machen:
- Arbeitnehmer mutiert zum Konkursgläubiger
- Recht auf Befriedigung der Lohnforderungen aus der Konkursmasse
- Forderungsanmeldung
- Anmeldegegenstand
- Vorbestandene Geldforderungen (zB Lohnforderungen)
- Sämtliche Realforderungen, die in eine Geldforderung umgewandelt werden können
- Ausnahme
- Realansprüche, die nicht in Geldforderungen umgewandelt werden können, sind nicht kollozierbar
- zB Recht auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses ist keine kollozierbare Forderung, aber ein gegenüber den Organen der Konkursitin durchsetzbarer Anspruch
- Realansprüche, die nicht in Geldforderungen umgewandelt werden können, sind nicht kollozierbar
- Erwahrung durch die Konkursverwaltung
- Anmeldegegenstand
- Gläubigerwechsel von Arbeitnehmer zu Sozialträger (Subrogation) bei partieller Leistung von
- Insolvenzentschädigung
- teilw. Bevorschussung nicht bezahlten Lohnes aus der Zeit vor Konkurseröffnung
- Arbeitslosenentschädigung
- Teilw. Bevorschussung des Kündigungslohns für die Dauer von Konkurseröffnung bis Ablauf der Kündigungsfrist
- Insolvenzentschädigung
- Kollokationsentscheid der Konkursverwaltung
- Zulassung der angemeldeten Forderung nach Bestand, Rang und Höhe?
- Nicht einverstandener Drittgläubiger
- Abweisung bei Bestand, Versetzung in schlechteren Rang oder Zulassung nur in reduziertem Quantitativ, durch Kollokationsverfügung?
- Nicht einverstandener Arbeitnehmer
- Zulassung der angemeldeten Forderung nach Bestand, Rang und Höhe?
Neuer Arbeitsvertrag mit der Konkursverwaltung
Die Konkursverwaltung hat die Interessen der Gläubigergesamtheit zu beachten und darf daher nicht einzelne Gläubiger, wozu auch Arbeitnehmer zählen können, besserstellen. Der Eintritt der Konkursverwaltung in den vorbestanden Arbeitsvertrag kann insofern zu einer Besserstellung führen, wenn dadurch zu Lasten der Konkursmasse frühere Löhne zu bezahlen sind. – Will die Konkursverwaltung die Leistungen des Arbeitnehmers in Anspruch nehmen und ist der Arbeitnehmer bereit, mit der Konkursverwaltung ein – meistens temporäres – neues Arbeitsverhältnis zu schliessen, können die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag schliessen (sog. neuer Vertrag).