Einleitung
Die Erläuterung der Ablieferungspflicht unterscheidet sich je nach Stadium (Freiwilligkeit, Vertretungsart, Rückbehaltung zur Anspruchssicherung, automatische Rechtsnachfolge bei Forderungen und Zwang bzw. Konkurs):
Ablieferung
Der Beauftragte hat dem Auftraggeber nicht nur abzurechnen (> Rechenschaftslegung), sondern auch die Ergebnisse aus der Mandatsführung abzuliefern:
- einkassiertes oder erhaltenes Geld
- gekaufte oder erhaltene bewegliche Sachen
- zB Rechtsgutachten des Experten beim Anwalt
- zB Röntgenbilder des Arztes
- usw.
Herausgabepflicht / Rückbehaltungsrecht
- kraft Mandat in direkter oder indirekter Stellvertretung erworbene Gegenstände
- Auftraggeber hat ein Herausgaberecht, sobald er „seinerseits allen Verbindlichkeiten … nachgekommen ist“ (vgl. OR 401)
- Eigenleistungen
- Ob und inwieweit es zweckmässig ist, selbst produzierte Leistungen bei Zahlungsrückstand des Auftraggebers zurückbehalten und / oder deren Herausgabe von der Bezahlung abhängig zu machen, ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen
Weiterführende Informationen
Legalzession von Forderungen
Bei der Legalzession handelt es sich um ein sog. „Einzelrechtsnachfolge ohne Zession“ (Singularsukzession ohne Abtretungserklärung), d.h. um einen automatischen Forderungserwerb.
Dieser automatische Forderungserwerb verfolgt folgende Zwecke:
- Sicherung des Forderungserwerbs des Auftraggebers vom Beauftragten
- Anwendungsfälle der Legalzession (OR 401)
- Betreibung auf Pfändung
- Konkurs
- Arrest
- Nachlassvertrag
- Forderungserwerb des Auftraggebers, sobald er dem Beauftragten den Aufwendungsersatz und den Lohn geleistet hat
- vgl. OR 401 Abs. 1; BGE 67 II 226 ff.
- vorbehalten bleiben alle Einreden des Dritten, die er dem Beauftragten entgegenhalten könnte
- Erhält der Beauftragte Geld aus einem für den Auftraggeber geschlossenen Rechtsgeschäft und gerät der Beauftragte anschliessend in Konkurs
- fällt das Geld in die Konkursmasse
- hat der der Auftraggeber lediglich, aber immerhin Anspruch auf Kollokation auf eine 3. Klass-Forderung
- Ausnahme
- Segregierung des Erlöses auf einem separaten Konto
- Ausnahme
Art. 401 OR
1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2 Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3 Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
Weiterführende Informationen
- Judikatur
- BGE 108 II 118 ff.
- BGE 67 II 226 ff.
- SAG 1981 67 ff.
- Literatur
- MERZ H., Legalzession und Aussonderungsrecht gemäss Art. 401 OR, in: Festschrift Hundert Jahre Schweizerisches Bundesgericht, Basel 1975, 451 ff.
- Links
Aussonderung beweglicher Sachen
Der Auftraggeber hat bei beweglichen Sachen ein Aussonderungsrecht.
Das gesetzliche Aussonderungsrecht von OR 401 erfasst nur bewegliche Sachen, die der Beauftragte in Ausführung des Auftrags von Dritten zu Eigentum erworben hat.
Dabei gilt folgendes:
Bewegliche Sachen
Geld
- Grundsatz
- Keine Aussonderung von Geld wegen der Vermischung mit dem Vermögen des Beauftragten
- Vgl. BGE 102 II 107 f., BGE 102 II 303, BGE 99 II 398, BGE 87 III 23, ZR 1979 Nr. 82
- Ausnahme
- Segregierung
- Geld des Auftraggebers ist vom Geld des Beauftragten genügend individualisiert und getrennt (sog. segregiert)
- Strenge Anforderungen an die Individualisierung des Aussonderungsgutes
- Voraussetzungen
- Sofortige Segregierung
- Sofortige gesonderte Geldaufbewahrung oder
- Ueberweisung auf ein eigens für diesen Anlass eröffnetes Konto bei einem Dritten (sog. „Kontotrennung“, vgl. BGE 21 805 ff.)
- Ausnahme
- Aussonderung auch bei kurzzeitlichen Ausleihungen an Dritte und anschliessend sofortige Gutschrift auf Sonderkonto (vgl. BGE 102 II 303 f., BGE 99 II 398, BJM 1982 83)
- Individualisierungsabsicht der Parteien
- Beauftragter sollte keine Geldtransaktionen in eigenem Ermessen ausführen dürfen
- Sofortige Segregierung
- Klarer Beweis der Segregierung erforderlich
- Vgl. ZR 1976 Nr. 20
- Voraussetzungen
- Keine genügende Individualisierung der Gelder des Auftraggebers
- Beauftragter kann beliebig darüber verfügen (vgl. BGE 102 II 304)
- Fehlen des Auftrags für die Errichtung eines Sperrkontos (vgl. BGE 102 II 109)
- Beschränkt klärendes Kriterium
- Grund: Je nach den Umständen gebietet es die Treue- und Sorgfaltspflicht des Beauftragten, von sich aus ein Sperrkonto oder zumindest ein auf den Namen des Auftraggebers rubriziertes Konto einzurichten
- Getrennte Buchhaltung, weil das Geld doch mit demjenigen anderer Kunden auf dem gleichen Konto gehalten wird (vgl. BGE 102 II 110, ZR 1984 Nr. 87)
- Beachtung des Schutzes gutgläubiger Dritter (vgl. BGE 99 II 395 ff., BGE 78 II 455)
- Weniger weitgehende Anforderungen an die Segregierung
- BGE 99 II 393 ff. (sog. „Vallugano-Fall“)
- Segregierung
- Treuhandgelder
- Erfordernis des Abschlusses eines schriftlichen Treuhandvertrages und Abrede der gesetzlich vorgeschriebenen minimalen Treuhandkommission zu Gunsten des Beauftragten (vgl. die einschlägigen ESTV-Merkblätter)
- Vgl. auch TREUHANDVERTRAG (FIDUZIA)
Zwar aus anderer rechtlicher Anknüpfung sind auch aussonderbar:
- Grundstücke (vgl. ZR 1970 Nr. 22).
Art. 401 OR
1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2 Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3 Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
Weiterführende Information
- Judikatur
- Bewegliche Sachen
- BGE 112 II 446 ff.
- BGE 112 III 96
- ZR 1970 Nr. 22
- Geld
- Bewegliche Sachen
- Literatur
- MERZ H., Legalzession und Aussonderungsrecht gemäss Art. 401 OR, in: Festschrift Hundert Jahre Schweizerisches Bundesgericht, Basel 1975, 451 ff.
- BEILSTEIN W., Die Beziehungen zwischen SchKG 201, 202 und OR 401, Diss. Zürich 1977
- GUTZWILLER P. Ch., Der Vermögensverwaltungsvertrag, Zürich 1989, S. 85 ff.
- Links