Definition
- Spesenpauschale (auch: Pauschalspesen) = Zum vornherein für die Arbeitsauslagen vereinbarter Pauschalbetrag, für dessen Geltendmachung der Arbeitnehmer keine Spesenabrechnung vorzulegen hat
Grundlagen
- Gesetz [OR 327a Abs. 2]
- Arbeitsvertrag
- Gesamtarbeitsvertrag (GAV)
- Separatabrede
- Betriebsübung (Spesenreglement)
Abgrenzungen
- Auslagen effektiv
- = Auslagen des Arbeitnehmers, für deren Geltendmachung er die Auslagen abzurechnen und zu beweisen hat
- Auslagenersatz effektiv
- Gesamtvergütung
- = Lohn inkl. Spesen
- Gesamtvergütung
- Vertrauensspesen
- = Auslagen des Arbeitnehmers mit eingeschränkter Belegpflicht
- Vertrauensspesen
Grundsatz
- Zulässigkeit einer Spesenpauschale
- Spesenpauschalen-Arten
- Taggeld
- Wochenpauschale
- Monatspauschale
- Deckungszwang für alle durchschnittlich anfallenden notwendigen Kosten
- Verletzung, wenn über eine längere Zeitperiode, zB ein Jahr, keine Volldeckung
- Grund: Abreden, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu tragen habe, sind nichtig [OR 327a]
- Beweislast dafür, dass die Spesenpauschale die notwendigen Auslagen nicht decke
- Arbeitnehmer
Motive
- Attraktives Stellenangebot
- Wettbewerbsfähigkeit am Stellenmarkt
- Steueroptimierungsgründe
Vorteile / Nachteile
- Allgemein
- Dem Arbeitnehmer bleibt die Abrechnung und der Nachweis seiner Spesen erspart und der Arbeitgeber muss die ebenso mühsame Kontrolle nicht vornehmen
- Spesenreglement
- Rechtssicherheit
- Gleichbehandlung
- Akzept bei den Steuerbehörden
- Bessere Berücksichtigung unternehmens- bzw. betriebsspezifischer Begebenheiten
- Vgl. Spesenreglemente
Arten
- Die Arten von Pauschalen sind nicht limitiert
- Aus der gesetzlichen Bestimmung ist ersichtlich, dass die Aufzählung der pauschalen Entschädigungsarten nicht abschliessend ist
- Gebräuchliche Entschädigungsarten sind:
- Taggeld und pauschale Wochen-/Monatsvergütung
- Pauschaler Einzelbetrag
- Kilometer-, Verpflegungs- und Telefoniepauschale
- Weitere Pauschalen
Voraussetzungen
- Schriftlichkeit
- Für eine gültige Vereinbarung von Pauschalspesen wird ausdrücklich die Schriftlichkeit verlangt
- Deckung der effektiv entstehenden Spesen
- Sämtliche notwendigen Auslagen müsse durch pauschale Entschädigung gedeckt sein
- Über eine längere Zeitspanne müssen die durchschnittliche, effektiven Auslagen gedeckt sein
- Anstelle der effektiven Spesen
- Pauschalspesen treten an die Stelle des Ersatzes der effektiven Auslagen
- Nebst der Pauschale kann der Arbeitnehmer keine weiteren Auslagen geltend machen
Nicht zwingend notwendige Voraussetzungen
- Auswärtiger Arbeitsort
- Spesenreglement
- Genehmigung durch Steuerbehörde
Nicht erfüllte Voraussetzungen
- Eine Abrede ist nichtig, wenn
- sie formlos verabredet wurde
- die pauschale Spesenentschädigung nicht alle notwendigen Auslagen deckt
- Eine nachträgliche Korrektur der Pauschale ist im Falle einer Erhöhung durch Vergleich denkbar
- Der vorbehaltslose Akzept einer zu tiefen Pauschale während längerer Zeit kann dazu führen, dass sich der Arbeitnehmer bei plötzlicher Anrufung den Rechtsmissbrauch-Vorwurf gefallen lassen muss
Inhalt
- Im Falle einer pauschalen Entschädigungsform ist wichtig, dass die Parameter genau umschrieben wird:
- Betrag (Währung + Quantitativ)
- Parameter (Zeitspanne, Projekt, Kilometergeld, Verpflegung etc.)
Gesamtvergütung, d.h. Lohn und Auslagen zusammen (Auslagenteil = Charakter von Pauschalspesen)
- Grundsatz
- Zulässigkeit einer Gesamtvergütung
- Voraussetzung
- Der nach Abzug des üblichen Lohnes verbleibende Betrag sollte zur Deckung der notwendigen Auslagen ausreichen
- Grund: Abreden, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu tragen habe, sind nichtig [OR 327a Abs. 3]
- Voraussetzung
- Zulässigkeit einer Gesamtvergütung
- Ausnahme
- Unzulässigkeit beim Handelsreisendenvertrag [OR 349d Abs. 2]
- Vgl. Auslagenersatz
- Unzulässigkeit beim Handelsreisendenvertrag [OR 349d Abs. 2]
- Siehe auch
Spesenpauschale, die die effektiven Aufwendungen erheblich übersteigt
- = verkappter Lohn (Spesenanteil als Lohnbestandteil)
- Anwendbarkeit der Regeln von OR 322 ff. zum Lohn
Vorenthaltene Auszahlungen
- Wird dem Arbeitnehmer während Jahren sein Anspruch auf Auslagenersatz vorenthalten, kann das Gericht auf branchenübliche Pauschalen abstellen und den entgangenen Betrag schätzen
Beweislast für unzureichende Pauschale
- Der Arbeitnehmer hat zu behaupten und zu beweisen, dass der pauschal ausgerichtete Auslagenersatz nicht ausreichend bemessen ist
- Im Falle, dass geleistete Pauschale ungenügend ist, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz des Fehlbetrages
- Varianten
- Ausrichtung einer reinen Pauschale
- Ausrichtung einer sog. Gesamtvergütung
- Varianten
Ohne Arbeit keine Spesenpauschale
- Fehlende Arbeitsleistung = grundsätzlich kein Anspruch auf vereinbarte Auslagenpauschale
- Vgl. OGer LU in JAR 2000 S. 156
Spesenpauschale und Steuern
- Genehmigtes Spesenreglement
- Mit der arbeitsrechtlichen Spesenpauschale ist die steuerrechtliche Spesenregelung durch ein (von den Steuerbehörden genehmigtes) Spesenreglement unabdingbar verbunden.
- Deklaration im Lohnausweis
- Allgemeines
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer gegenüber erbrachten Leistungen schriftlich zu bescheinigen, und zwar im Lohnausweis (vgl. DBG 127 Abs. 1 lit. a)
- Berufsauslagen
- Gegenstand
- Berufsauslagen sind Auslagen, welche vor oder nach der Arbeitstätigkeit anfallen, wie
- Wegvergütungen für den Arbeitsweg
- Entschädigungen für die Nutzung privater Arbeitszimmer
- etc.
- Berufsauslagen sind Auslagen, welche vor oder nach der Arbeitstätigkeit anfallen, wie
- Arbeitgeber
- Hinzurechnung beim Bruttolohn
- Arbeitnehmer
- Berufsauslagen können ggf. in der Steuererklärung als Berufskosten in Abzug gebracht werden (vgl. DBG 26 Abs. 1)
- Gegenstand
- Spesenvergütungen
- Separate Aufführung im Lohnausweis
- Pauschalspesen
- Pauschalspesen sind im Lohnausweis auszuweisen, unabhängig davon, ob ein von den Steuerbehörden genehmigtes Spesenreglement vorliegt oder nicht
- Allgemeines
Weiterführende Informationen
Rechtsgrundlage
- OR 327a Abs. 2 | admin.ch
Literatur
- BOSSHARD ERICH, Breitere interkantonale Akzeptanz von genehmigten Pauschalspesen, SteuerRevue 1/2001, S. 66 ff., S. 72 ff.
- BOSSHARD ERICH, Die steuerliche Behandlung von Spesenvergütungen im Lohnausweis und im Veranlagungsverfahren, SteuerRevue Nr. 51/1996, S. 557 ff.
- BRUNOLD FADRI, Die Arbeitsauslagen im schweizerischen Individualarbeitsrecht, Bern 2014, S. 163 ff., Rz 456 – Rz 515
- STAEHELIN ADRIAN, Zürcher Kommentar, Bd. V/2/c, Art. 319 – 330a OR, Zürich 2006, N 12 zu OR 327a
- STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLF ROGER, Arbeitsvertrag, 7. Auflage, Zürich 2012, N 3 zu OR 327a
Judikatur
- Pauschalspesen
- BGE 131 III 444 ff.
- JAR 2007 S. 200
- JAR 1998 S. 119
- JAR 1997 S. 151
- JAR 1999 S. 137
- JAR 2000 S. 156
- Nicht erfüllte Voraussetzungen
- BGE 124 III 305, Erw. 3
- TC Valais, JAR 1996, S. 166 ff., Erw. 8
- Verknüpfung mit Bedingungen und Auflagen
- KGer Freiburg, JAR 1996, S. 141 f., Erw. 2
- BGE 116 II 145, Erw. 5a und 5b
- Auszahlung / tatsächliche Beschäftigung
- OGer Luzern, JAR 2000, S. 154 ff., Erw. 5.3
- OGer Luzern, JAR 1999, S. 143
- Vorenthaltene Auszahlungen
- BGE 131 III 439, Erw. 5.1, 5.3.4 und 5.3.2
- TA Ticino, JAR 2000, S. 174 ff., Erw. 7
- BGer 4C.24/2005 vom 17.10.2005, Erw. 2.3
- BGer 4C.315/2005 vom 13.12.2004, Erw. 3.2
- BGer 4P.256/2004 vom 26.01.2005, Erw. 3
- BGE 91 II 372, Erw. 13 (zu altem Recht)
- BGE 124 III 305, Erw. 3
- Gesamtvergütungen, die Lohn und Auslagenersatz umfassen
- BGE 91 II 372
- Ueberhöhte Spesenpauschale (verkappter Lohnbestandteil)
- JAR 2007 S. 200
- JAR 1998 S. 119
- JAR 1997 S. 151
- JAR 1999 S. 137
- Beweislast des Arbeitnehmers für eine unzureichende Pauschale
- BGE 131 III 439, Erw. 5.1
- BGE 91 II 372, Erw. 12
- BGE 84 II 53, Erw. 2
- Ohne Arbeit keine Spesenpauschale
- JAR 2000 S. 156
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Spesenreglement
Steuerveranlagung
Auslagen mit offener Abrechnung und Detailnachweis
- Auslagen effektiv
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