Strafanzeigen
Aufgrund von MROS-Meldungen (GwG) und Strafanzeigen der Bürgschaftsgenossenschaften wurden zahlreiche Strafverfahren angestossen.
Wie vorne dargestellt, haben die Unternehmen in ihrem Kreditantrag unter Ziffer 4 «Zusicherung des Kreditnehmers» erklärt, es sei ihnen bekannt, dass sie durch unrichtige oder unvollständige Angaben wegen Betrugs oder Urkundenfälschung zur Verantwortung gezogen werden könnten.
Mögliche Straftatbestände
Folgende Straftatbestände stehen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – im Fokus:
- Übertretungsstraftatbestand Art. 23 Covid-19-SBüV
- Betrug (Art. 146 StGB)
- Urkundenfälschung (Art. 251 StGB)
- Konkurs- und Betreibungsdelikte
Art. 23 Covid-19-SBüV
Sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch vorliegt, wird mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft, wer vorsätzlich mit falschen Angaben einen Kredit nach dieser Verordnung erwirkt oder die Kreditmittel in Abweichung von Artikel 6 Absatz 3 verwendet.
Art. 6 Covid-19-SBüV Zweck der Solidarbürgschaft
1 Die Solidarbürgschaft nach dieser Verordnung dient ausschliesslich der Sicherstellung von Bankkrediten für die laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin.
2 Die Gewährung einer Solidarbürgschaft ist ausgeschlossen, wenn:
a. der Umsatzerlös des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin im Jahr 2019 den Betrag von 500 Millionen Franken überstiegen hat; oder
b. der zu verbürgende Kredit dem Kreditnehmer oder der Kreditnehmerin dazu dienen würde, neue Investitionen ins Anlagevermögen zu tätigen, die nicht Ersatzinvestitionen sind.
3 Während der Dauer der Solidarbürgschaft ausgeschlossen sind:
a. die Ausschüttung von Dividenden und Tantiemen sowie das Zurückerstatten von Kapitaleinlagen;
b. die Gewährung von Aktivdarlehen oder die Refinanzierung von als Aktivdarlehen ausgestalteten Privat- und Aktionärsdarlehen, mit Ausnahme der Refinanzierung von seit dem 23. März 2020 aufgelaufenen Kontoüberzügen bei derjenigen Bank, die den nach dieser Verordnung verbürgten Kredit gewährt;
c. das Zurückführen von Gruppendarlehen; und
d. die Übertragung von mittels einer Solidarbürgschaft nach dieser Verordnung besicherten Kreditmitteln an eine mit dem Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin direkt oder indirekt verbundene Gruppengesellschaft, die ihren Sitz nicht in der Schweiz hat.
4 Banken beachten bei der Vergabe von Krediten nach dieser Verordnung die Bedingung nach Absatz 2 Buchstabe a und schliessen gegenüber dem Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin eine Verwendung der Kreditmittel nach den Absätzen 2 Buchstabe b und 3 vertraglich aus.
Beurteilung im konkreten Einzelfall
Ob einer oder mehrere dieser Straftatbestände erfüllt sind bzw die Voraussetzungen für eine Strafbefreiung (Art. 52 StGB) und der Wiedergutmachung (Art. 53 StGB) gegeben sind, ist im individuell konkreten Einzelfall zu prüfen.
Hinweise
- Covid-19-SBüV enthält keine Normierung zur Parteistellung der Bürgschaftsgenossenschaften
- Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus vom 18.09.2020, S. 51 f.
- Eine Verurteilung nach Art. 23 COVID-19-SBüV bzw. Art. 25 Abs. 1 COVID-19-SBüG soll dem Vernehmen nach erst im Strafregister eingetragen werden, falls die Busse höher als CHF 5’000 sei (vgl. Art. 366 Abs. 2 lit. b StGB und Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziffer 1 VOSTRA-Verordnung)
- Diese Einträge würden allerdings nicht in einem Privat-Strafregisterauszug ausgewiesen (vgl. Art. 371 Abs. 1 StGB)
- Vgl. auch zum Unternehmensstrafrecht
Literatur
- BRECHBÜHL BEAT / CHENAUX JEAN-LUC / LENGAUER DANIEL / NÖSBERGER THOMAS, Covid-19-Kredite – Rechtsgrundlagen und Praxis der Missbrauchsbekämpfung – Eine Standortbestimmung, 3.6. Strafverfahren, S. 15 ff., in: Jusletter vom 05.10.2020
- BSK StGB-Riklin, Vor Art. 52–55 N 23
- BSK StGB-Riklin,, Vor Art. 52–55 N 38
- JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL MARC / JUG-HÖHENER ANDREA, Die Profiteure der Krise, Ein Betrug der besonders verwerflichen Art: Strafbarkeit des Missbrauchs von Corona-Krediten aus einer Praxisperspektive, in: Jusletter vom 03.08.2020, Rz 52
Judikatur
- BGE 142 IV 153, Erw. 2.2.2 (Betrug)
- BGer 6B_150/2017 vom 11.01.2018, Erw. 3.2 (Vermögensschaden des Privatklägers)
Weiterführende Informationen
- Übertretungsstraftatbestand Art. 23 Covid-19-SBüV
- Betrug (Art. 146 StGB)
- Urkundenfälschung (Art. 251 StGB)
- Konkurs- und Betreibungsdelikte
- Strafantragsrecht der Bürgschaftsgenossenschaft (als Privatklägerin)