Einleitung
Das über die ersten Monate des Kalenderjahres aufgebaute Ferienguthaben wird vom Arbeitnehmer normalerweise sukzessive bezogen. Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr Ferientage zu beziehen, als sein Anspruch im Ferienzeitpunkt beträgt, kann der Fall eintreten, dass er mehr Ferientage bezogen hat, als ihm zustehen:
- nach Beendigungsgrund
- ordentliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung)
- fristlose Kündigung
- Arbeitnehmertod
- infolge Beendigung Arbeitsverhältnis inmitten des Kalender- bzw. Dienstjahres
Grundsatz
Dem Grundsatz hat keine Rückzahlung der zu viel bezogenen Ferien zu erfolgen (Anwendbarkeit der Bereicherungsregeln und Ferien führen nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers im Rechtssinne).
Als Entscheidungshilfe dient sodann die Urheberschaft für die zu viel bezogenen Ferien:
- Arbeitgeber-Anordnung als Grund für die zu viel bezogenen Ferien
- Keine Rückforderung wegen
- Ferienanordnung aufgrund seiner eigenen Bedürfnisse
- Betriebsferien
- Arbeitgeberkündigung
- Keine Rückforderung wegen
- Arbeitnehmer-Wunsch als Grund für die zu viel bezogenen Ferien
- Freiwillige Rückleistungsbereitschaft für den konkreten Ferienantrag, zwecks Bewilligungsbereitschaft des Arbeitgebers (stillschweigende bzw. konkludente Annahme)
- Beurteilung im indivduell konkreten Einzelfall
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Rückforderung zu viel bezogener Ferien möglich, namentlich im Falle einer Rückzahlungsvereinbarung im Arbeitsvertrag (sog. „Rückzahlungsklausel“ [vgl. nachfolgend „Rückzahlungsklausel?“]).
Weiterführende Informationen
- Keine Rückerstattungspflicht zu viel bezogener Ferien
- JAR 1981 S. 286
- Arbeitgeberkündigung
- JAR 1992, 177
Rückzahlungsklausel
- Ausdrückliche Rückzahlungsvereinbarung
- Vereinbarung, wonach zu viel bezogene Ferien bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer Rückzahlungspflicht führen sollen
- Abrede führt nicht zu Verstoss gegen zwingende Natur der Ferienregeln, weil es um zu viel bezogene Ferien geht
- Stillschweigende Rückzahlungsvereinbarung
- Fraglich und umstritten
Weiterführende Informationen
- Ausdrückliche Rückzahlungsvereinbarung
- JAR 1993, 170
- Stillschweigende Rückzahlungsvereinbarung
- JAR 1983, 348 ff. (Schluss aus Betriebsferien-Akzept, dass auch eine stillschweigende Rückzahlungsvereinbarung vorliege)
Rückforderung wegen Ferienkürzung?
- Nachträgliche Ferienverkürzung wegen lange andauernder Krankheit
- Rückforderung wird in der Lehre mehrheitlich abgelehnt; a.M. LGVE 1993 I, 14 f.
Rückforderung bei fristloser Kündigung
- Arbeitgeber-Kündigung
- gerechtfertigte fristlose Entlassung
- kein Rückforderungsanspruch
- ungerechtfertigte fristlose Entlassung
- Verpflichtung zur Rückabgeltung zu viel bezogener Ferien
- gerechtfertigte fristlose Entlassung
- Arbeitnehmer-Kündigung
- gerechtfertigt fristlose Kündigung
- kein Rückforderungsanspruch
- ungerechtfertigte fristlose Kündigung
- Verpflichtung zur Rückabgeltung zu viel bezogener Ferien
- gerechtfertigt fristlose Kündigung
- vgl. auch OR 337b
Ferienmehrbezug im Wissen um die baldige Kündigung
- Arbeitnehmer hat im Zeitpunkt des Ferienbezugs bereits Kündigungsabsicht und bezieht im Wissen darum mehr Ferien als das aktuelle Ferienguthaben
- Schadenersatzforderung des Arbeitgebers wegen treuwidrigen Arbeitnehmerverhaltens
- Schwieriger Beweis
- vielleicht Zufalls-Nachweis (Arbeitnehmer brüstet sich zB mit Hinweis auf die Uebertölpelung des Arbeitgebers bei seinen Arbeitskollegen)
- Schwieriger Beweis
- Anders:
- Arbeitnehmer entschliesst sich erst lange nach den Ferien zum Stellenwechsel
- Arbeitgeber gibt dem Arbeitnehmer einen begründeten Anlass zur Kündigung.
Weiterführende Informationen
Darstellung der Rückforderungsproblematik:
- JAR 2002, 225 (OG LU)