Grundsatz
Dem Geschädigten bleiben nebst der Produktehaftungsansprüche – trotz unterschiedlicher Voraussetzungen – die Schadenersatzansprüche aufgrund des Schweizerischen Obligationenrechtes (OR) und aufgrund anderer Erlasse des eidgenössischen und kantonalen öffentlichen Rechts gewahrt (= bewusste grundsätzliche Anspruchskonkurrenz; vgl. PrHG 11 Abs. 2). Demgemäss kann ein Geschädigter seine Schadenersatzklage stützen auf:
- PrHG
- Vertragsrecht
- Deliktsrecht
Einschränkungen?
Gleichwohl stellt sich die Frage, ob diese Anspruchskonkurrenz auch auf alle Sachverhalte anwendbar ist:
Allgemeine deliktische Haftung (OR 41 ff.) vs. PrHG-Haftung
- Haftungsart / Qualifikation
- Kausalhaftung oder Gefährdungshaftung (lex specialis)?
- PrHG ist keine lex specialis im Verhältnis zu OR 41 ff.
- Grundlagen
- PrHG
- Deliktische Haftung
- Konkurrierende Anwendung von PrHG und OR 41 ff.?
- Fälle von Anspruchskonkurrenz allgemein
- Vom Hersteller – ohne Hilfspersonen bzw. ohne Arbeitnehmer – persönlich hergestellte Produkte (selten)
- Beweis der Fahrlässigkeit des Herstellers (profunde Herstellungsprozess-Kenntnisse erforderlich)
- Fälle der Konkurrenz von OR 55 (Geschäftsherrenhaftung) zum PrHG
- Konkurrenz zwischen OR 55 und PrHG wird bejaht (umstritten)
- Eine Verneinung der Anspruchskonkurrenz würde zu einer Schlechterstellung des Geschädigten führen, weil er die Vorteile von OR 55 nicht beanspruchen könnte
- Es gilt hier jeweilen die aktuelle Lehre und Rechtsprechung zu prüfen
- Fälle von Anspruchskonkurrenz allgemein
Vertragliche vs. deliktische Haftung
- Ausgangslage
- Liefert (bzw. produziert) ein Verkäufer bzw. Werklieferant einen Gegenstand, stellt sich die Frage nach der Konkurrenz von vertraglicher allgemeiner deliktischer und spezialgesetzlicher Haftung
- Grundlagen
- Vertragshaftung
- Deliktische Haftung
- Ansprüche aus dem vorangehenden Kaufvertrag oder auch in Verbindung mit einem Werkvertrag
- Konkurrenz der vertraglichen und ausservertraglichen Rechtsbehelfe
- Unterschiede
- Unterschiedliche Fehlerbegriffe
- Der Fehlerbegriff des PrHG unterschiedet sich wesentlich vom Mangelbegriff des Sachgewährleistungsrecht
- Kauf- und werkvertragliche Sachgewährleistung
- Fokus
- Abstellung auf das Leistungsversprechen und auf das Vertrauen der richtigen Vertragserfüllung (Äquivalenzinteresse)
- Fokus
- PrHG
- Fokus
- Gefährdung, die von einer Sache ausgeht
- Fokus
- Unterschiedliche Fehlerbegriffe
- Rechtsprechung
- Die (volle) Konkurrenz zwischen Kaufs- bzw. Werkvertragsrecht und PrHG wird bejaht (umstritten)
- Die aktuelle Lehre und Rechtsprechung ist im Bedarfsfall zu prüfen
Literatur
- FELLMANN WALTER / VON BÜREN-VON MOOS GABRIELLE, Grundriss der Produktehaftpflicht, Bern 1993, Rz 487, 491 und 401
- HESS HANS-JOACHIM, Kommentar zum Produktehaftpflicht (PrHG), 2. Auflage, Bern/Stuttgart 1996, N 10 z PrHG 11, N 9 f. zu PrHG 8
Judikatur
- BGE 129 III 335 Erw. 6
- BGE 4C.307/2005 vom 25.01.2006
- BGE 110 II 456
- BGE 90 II 86, Erw. 2
- BGE 107 II 161, Erw. 8