Es bestehen von Gesetzes wegen folgende 4 Nachrückungsfälle, die sich nicht in einer Rangstellenänderung auswirken, sondern 1. im Verwertungsfalle 2. bei bestimmten vorlaufenden Pfandrechts-Konstellationen 3. gewisse Rangstellenprinzipien ignorieren und 4. nachfolgende Pfandrechte bezüglich des Verwertungserlöses wertmässig automatisch anschliessen lassen:
- Nichtberücksichtigung von Vorgangsvorbehalten
- Grundpfandrechte können in zweitem oder beliebigem Rang errichtet werden, sobald ein bestimmter Betrag als Vorgang bei der Eintragung vorbehalten wird [vgl. ZGB 813 Abs. 2].
- Der Vorgangsvorbehalt wird bei der Verteilung des Verwertungserlöses übergangen; da kein Fremdgläubiger vorhanden ist, fällt der Vorbehalt ausser Betracht.
- Vgl. auch Vorgangsvorbehalt
- Nichtberücksichtigung der leeren Pfandstelle
- Die leere Pfandstelle wird bei der Verteilung des Verwertungserlöses übergangen [vgl. ZGB 815 1. Fall]
- Der frei gewordene Pfandplatz (leere Pfandstelle) verfällt nicht zugunsten des Pfandeigentümers (Grundeigentümers)
- Vgl. auch Leere Pfandstelle
- Nichtberücksichtigung der durch Teilrückzahlungen frei gewordenen Pfandrechtsbelegungen
- Von einem Grundpfandgläubiger infolge Teilrückzahlung nicht beanspruchte Grundpfandrechtsteile fallen, sofern und soweit die nicht mehr beanspruchte Schuld- und Pfandsumme nicht reduziert wurde, ausser Betracht [vgl. ZGB 815 3. Fall]
- Der frei gewordene Pfandrechtsanteil verfällt nicht zugunsten des Pfandeigentümers (Grundeigentümers)
- Vgl. ferner „Spätere Änderungen am novierten Schuldverhältnis“ unter Schuldbrief-Unabhängigkeit-von-der-ursprünglichen-Forderung
- Nichtberücksichtigung von Eigentümerschuldbriefen
- Beim Eigentümerschuldbrief ist die Pfandstelle zwar besetzt, aber nicht begeben
- Ein Eigentümerschuldbrief wirkt wie eine leere Pfandstelle
- In der Grundstücksverwertung ist ein Eigentümerschuldbrief unbeachtlich [vgl. ZGB 815 2. Fall]
- Der Erlös der auf den Eigentümerschuldbrief entfallen würde, steht nicht dem Eigentümer zu [vgl. ZGB 815 2. Fall]
- Vgl. BGE 91 III 76
- Vgl. ferner Eigentümerschuldbrief
Art. 815 ZGB
Ist ein Grundpfandrecht ohne Vorhandensein eines vorgehenden in späterem Rang errichtet, hat der Schuldner über einen vorgehenden Pfandtitel nicht verfügt, oder beträgt die vorgehende Forderung weniger, als eingetragen ist, so wird bei der Pfandverwertung der Erlös aus dem Pfande ohne Rücksicht auf die leeren Pfandstellen den wirklichen Pfandgläubigern nach ihrem Range zugewiesen.
Judikatur
- BGE 41 III 267
Literatur
- WEBER EDUARD, Das System der festen Pfandstelle, Diss. Bern 1929, S. 85 f.
- DAL MOLIN-KRÄNZLIN ALEXANDRA, Die Durchsetzung von Nachrückungsansprüchen des Grundpfandgläubigers, in: ZBGR 98 (2017) 149 ff.