Bei der Verwertung von Grundstücken gelten besondere Voraussetzungen für den Verwertungszeitpunkt:
- Definition
- Grundstücke = Liegenschaften und Rechte gemäss ZGB 655
- Grundlagen
- SchKG 238
- SchKG 243
- SchKG 256
- SchKG 231 Abs. 3 Ziffer 2
- VZG 122 ff., insbesondere VZG 128
- Verwertungsgegenstände
- die Liegenschaften
- die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte
- die Bergwerke
- die Miteigentumsanteile an Grundstücken
- die als selbstständiges und dauerndes Recht (Dienstbarkeit) an einem Grundstück ins Grundbuch aufgenommenen Rechte, wenn sie:
- weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist und
- auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist
- Vgl. ZGB 655 (Grundeigentum)
- Grundsätzliche Verwertungsarten
- Versteigerung
- Freihandverkauf
- Grundsätze
- extern + verfahrenstechnisch
- Für eine Verwertung von Grundstücken wird vorausgesetzt:
- (Abwarten der Eingabefrist und ggf. der rechtskräftigen Auflage des Konkursinventars)
- Durchgeführte Lastenbereinigung im Kollokationsverfahren (inkl. Lastenverzeichnis);
- Rechtskräftige Erledigung allf. Kollokationsprozesse.
- Für eine Verwertung von Grundstücken wird vorausgesetzt:
- intern
- ordentliches Konkursverfahren?
- Zweite Gläubigerversammlung,
- Bei vorzeitigem Bedarf ev. Zirkularbeschlussverfahren
- Summarisches Konkursverfahren?
- Nach Ablauf der Eingabefrist kann die Konkursverwaltung die Verwertung jederzeit durchführen (vgl. SchKG 231 Abs. 3 Ziffer 2)
- Verfahrenstechnische Anforderungen (siehe oben)
- Ausnahmen (siehe unten)
- ordentliches Konkursverfahren?
- extern + verfahrenstechnisch
- Dringliche Verwertung
- Grundlagen
- SchKG 238
- SchKG 243
- VZG 128 Abs. 1
- Voraussetzung
- Keine Möglichkeit, die zweite Gläubigerversammlung abzuwarten
- Vorgehen
- Beschleunigte Lastenbereinigung
- Vgl. BGE 107 III 90
- Grundlagen
- Überdringliche Verwertung
- Grundlagen
- SchKG 238
- SchKG 243
- VZG 128 Abs. 2
- Voraussetzung
- Entscheid der Überdringlichkeit ist Ermessensfrage
- Bewilligung der Aufsichtsbehörde, die Verwertung ohne vorherige Lastenbereinigung durchzuführen,
- unter der Bedingung, dass
- durch die vorgezogene Verwertung keine berechtigten Interessen verletzt werden, wie
- zB kein bedeutend höherer Preis mit der Lastenbereinigung erzielt werden könnte
- vgl.
- BGE 96 III 84
- BGE 119 III 87
- durch die vorgezogene Verwertung keine berechtigten Interessen verletzt werden, wie
- unter der Bedingung, dass
- Vorgehen
- Abklärung der (Erlös-)Folgen einer vorzeitigen Verwertung
- Grundlagen
Art. 238 SchKG
1 Die Gläubigerversammlung kann über Fragen, deren Erledigung keinen Aufschub duldet, Beschlüsse fassen, insbesondere über die Fortsetzung des Gewerbes oder Handels des Gemeinschuldners, über die Frage, ob Werkstätten, Magazine oder Wirtschaftsräume des Gemeinschuldners offen bleiben sollen, über die Fortsetzung schwebender Prozesse, über die Vornahme von freihändigen Verkäufen.
2 Wenn der Gemeinschuldner einen Nachlassvertrag vorschlägt, kann die Gläubigerversammlung die Verwertung einstellen.
Art. 243 SchKG
1 Unbestrittene fällige Guthaben der Masse werden von der Konkursverwaltung, nötigenfalls auf dem Betreibungswege, eingezogen.
2 Die Konkursverwaltung verwertet ohne Aufschub Gegenstände, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursachen. Zudem kann sie anordnen, dass Wertpapiere und andere Gegenstände, die einen Börsen- oder einen Marktpreis haben, sofort verwertet werden.
3 Die übrigen Bestandteile der Masse werden verwertet, nachdem die zweite Gläubigerversammlung stattgefunden hat.
Art. 231 SchKG
1 Das Konkursamt beantragt dem Konkursgericht das summarische Verfahren, wenn es feststellt, dass:
3. aus dem Erlös der inventarisierten Vermögenswerte die Kosten des ordentlichen Konkursverfahrens voraussichtlich nicht gedeckt werden können; oder
4. die Verhältnisse einfach sind.
2 Teilt das Gericht die Ansicht des Konkursamtes, so wird der Konkurs im summarischen Verfahren durchgeführt, sofern nicht ein Gläubiger vor der Verteilung des Erlöses das ordentliche Verfahren verlangt und für die voraussichtlich ungedeckten Kosten hinreichende Sicherheit leistet.
3 Das summarische Konkursverfahren wird nach den Vorschriften über das ordentliche Verfahren durchgeführt, vorbehältlich folgender Ausnahmen:
5. Gläubigerversammlungen werden in der Regel nicht einberufen. Erscheint jedoch aufgrund besonderer Umstände eine Anhörung der Gläubiger als wünschenswert, so kann das Konkursamt diese zu einer Versammlung einladen oder einen Gläubigerbeschluss auf dem Zirkularweg herbeiführen.
6. Nach Ablauf der Eingabefrist (Art. 232 Abs. 2 Ziff. 2) führt das Konkursamt die Verwertung durch; es berücksichtigt dabei Artikel 256 Absätze 2–4 und wahrt die Interessen der Gläubiger bestmöglich. Grundstücke darf es erst verwerten, wenn das Lastenverzeichnis erstellt ist.
7. Das Konkursamt bezeichnet die Kompetenzstücke im Inventar und legt dieses zusammen mit dem Kollokationsplan auf.
8. Die Verteilungsliste braucht nicht aufgelegt zu werden.
D. Verwertungsmodus
Art. 256 SchKG
1 Die zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände werden auf Anordnung der Konkursverwaltung öffentlich versteigert oder, falls die Gläubiger es beschliessen, freihändig verkauft.
2 Verpfändete Vermögensstücke dürfen nur mit Zustimmung der Pfandgläubiger anders als durch Verkauf an öffentlicher Steigerung verwertet werden.
3 Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert und Grundstücke dürfen nur freihändig verkauft werden, wenn die Gläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, höhere Angebote zu machen.
4 Anfechtungsansprüche nach den Artikeln 286–288 dürfen weder versteigert noch sonstwie veräussert werden.
Art. 128 VZG
1 Wenn nach den Einträgen im Grundbuch oder dem Ergebnis des öffentlichen Aufrufes (Art. 123 hiervor) Pfandrechte oder andere beschränkte dingliche Rechte an dem Grundstück geltend gemacht werden, so darf die Verwertung (Versteigerung oder Verkauf aus freier Hand), selbst im Falle der Dringlichkeit, erst stattfinden, nachdem das Kollokationsverfahren über diese Rechte durchgeführt und allfällige Kollokationsprozesse rechtskräftig erledigt sind.
2 Ausnahmsweise können die Aufsichtsbehörden die Versteigerung schon vorher bewilligen, wenn keine berechtigten Interessen verletzt werden. In diesem Falle ist in den Steigerungsbedingungen auf einen allfällig pendenten Prozess hinzuweisen und eine vorläufige Eintragung im Grundbuch (Art. 961 ZGB) vorzumerken.
Literatur
- BÜRGI-BSK II, 252 – 259 SchKG, 3. Auflage, Basel 2021
- KUKO SchKG-BÜRGI, 256 SchKG
- BÜRGI URS, Strategien und Probleme bei der Zwangsvollstreckung, Berner Bankrechtstag 1996, BBT Bd. 3, 159 ff.
- BÜRGI URS, Überbindung von Pflichten aus dem WEG in der Zwangsvollstreckung – eine Verletzung des Pfandstellenprinzips?, BlSchK 1999, 161 ff.
- KOLLER THOMAS, Die von der Wohnbau- und Eigentumsförderung des Bundes grundverbilligten Liegenschaften in der Betreibung auf Grundpfandverwertung und im Konkurs – Ein Beispiel für das Zusammenwirken von Sachenrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie Verwaltungsrecht – und gleichzeitig eine kritische Auseinandersetzung mit BGE 125 III 295 , AJP 1999, 1249 ff.
- DEILLON-SCHEGG BETTINA, Übergang des Grundeigentums und Untergang von Grundpfandrechten infolge Zwangsversteigerung, ZBGR 2000, 89 ff.
- EGGEN GERHARD, Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung, Diss. Bern 1932
- FEUZ ANDREAS, Vorzeitige Verwertung von Grundstücken im Konkurs, ST 1994, 595
- LINIGER HANS U./WERDER MICHAEL/SPINNLER SABINA, Altlastensanierung im Konkurs, SJZ 2003, 81
- LORANDI FRANCO, Freihandverkauf von Grundstücken im Betreibungs- und Konkursverfahren, in: BlSchK 70 (2006) 1 ff.
- LORANDI FRANCO, Der Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Diss. St. Gallen 1994
- MEIER-GANDER JUDITH, Die Zwangsverwertung von Stockwerkeigentum, BlSchK 1980, 1 ff. und 33 ff.
- OTTIKER MORITZ, Pfandrecht und Zwangsvollstreckung bei Miteigentum und Stockwerkeigentum, Bern 1972, 233
- POSSA PHILIPP, Die Freihandverkaufsverfügung – Die Auswirkungen der Liegenschaftsverwertung mittels Freihandverkaufsverfügung auf den Eigentumsübergang im Konkurs- und Nachlassverfahren, IWIR 2003, 69
- POSSA PHILIPP, Die Verwertung von Stockwerkanteilen im Insolvenzverfahren, Weiterbildung Recht, Luzerner Tag des Stockwerkeigentums 2017, 99 ff.
- RASCHEIN ROLF, Die Zwangsvollstreckung von Grundstücken unter besonderer Berücksichtigung der VZG-Revision vom 4. Dezember 1975, BlSchK 1979, 65
- SCHUHMACHER RUDOLF, Immobilienübertragung – markante MWST-Änderungen per 1.1.2008, BN 2008, 203 ff.
- SCHUHMACHER RUDOLF, Immobilienübertragung und MWST, ST 2007, 207 ff.
- AMONN KURT / WALTHER FRIDOLIN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9., vollständig aktualisierte Auflage, Bern 2013, § 47 N 4; § 46 N 20 ff.; § 45 N 10; § 46 N 29
Judikatur
- Dringliche Verwertung
- BGE 107 III 90
- Überdingliche Verwertung
- BGE 96 III 84
- BGE 119 III 87
- Vorbereitung
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