Die Umlage der gemeinschaftlichen Kosten durch Beiträge der einzelnen Stockwerkeigentümer ist erläuterungsbedürftig:
Grundsätze
Für die Triage von Gemeinschafts- und Sonderrechtskosten gelten folgende Grundsätze:
- Beteiligung aller Stockwerkeigentümer an den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums
- Die Kosten direkt aus dem Sonderrechtsbereich trägt jeder Stockwerkeigentümer alleine.
Kostenbestandteile
Die Kostenbestandteile der gemeinschaftlichen Kosten lassen sich einteilen in:
Betriebskosten
- Heizungs- und Warmwasserkosten
- Wasser- und Stromkosten
- Reinigung und Pflege der gemeinschaftlichen Teile
- Wartungs- und Service-Abonnements
- Abgaben und Steuern
- Versicherungsprämien (Gebäudeversicherung, Haftpflicht usw.)
- Honorare und Barauslagen des Verwalters
- Baurechtszinsen bei StWE im Baurecht
- Amortisations- und Zinszahlungen an Hypothekargläubiger zB für Hauswart-Wohnung im Eigentum der StWEG
Unterhaltskosten
- Reparaturkosten für Mängel
- Kosten für den laufenden Unterhalt und die Erneuerung der gemeinschaftlichen Baute und ihrer Anlagen
- Kosten ausserordentlicher Erneuerungen, Um- und Neubauten
- Einlagen in den Erneuerungsfonds (StWEG-seitige Rückstellungen für grössere Unterhaltsarbeiten
Aufteilung der Gemeinschaftskosten
Die Gemeinschaftskosten lassen sich entweder im Rahmen eines gesetzlichen Verteilschlüssels (nach Massgabe der Wertquoten) oder – infolge des dispositiven Rechts – im Rahmen von den Stockwerkeigentümern selbst herangezogener Kriterien wie nach dem Verursacherprinzip, nach Wohnflächen oder Raumkubaturen auf die einzelnen Stockwerkeigentümer umlegen:
Gesetzlicher Verteilschlüssel
Grundsätze
- Verteilung auf die Stockwerkeigentümer nach Massgabe der Wertquoten, und zwar unabhängig vom Nutzen für den einzelnen Stockwerkeigentümer (bewusst verbrauchsunabhängige Kostenverteilung + in Abkehr vom heute favorisierten Verursacherprinzip)
- Die gesetzlich vorgesehene Kostenverteilung gilt auch im sog. vertikalen und kombinierten Stockwerkeigentum
Ausnahmen
- Zur Vermeidung stossender Ergebnisse hat Gesetzgeber eine Ausnahmenorm zum Grundsatz der Verteilung nach Massgabe der Wertquoten erlassen
- Vgl. hiezu ZGB 712h Abs. 3 (Box)
- Anwendungsfälle
- Eigener Zugangsbereich zu seinem Sonderrechts-Gegenstand
- Keine Nutzungsmöglichkeit einer aufwändigen Anlage (zB kein Liftzugang)
- Kein Anspruch auf Kostenbefreiung besteht dagegen bei
- Nichtnutzung der Stockwerkeinheit
- Bloss reduzierte Nutzung aus persönlichen Gründen
- Anschluss an Kabelnetzanlage für Telefonie, Internet und Kabelfernsehen und Betrieb, weil die Investition und der Betrieb einer solchen Einrichtung zu notwendigen, wertmehrenden Einrichtungen einer Wohnanlage gehört
Vom gesetzlichen Verteilschlüssel abweichender Verteiler
Grundsätze
- Der gesetzliche Verteilschlüssel ist nicht zwingender Natur
- Vom gesetzlichen Verteilschlüssel kann ganz oder teilweise abgewichen werden
- In der Lehre wird eine zurückhaltende Abweichung empfohlen
- Es stellt sich auch bei der Abweichung vom gesetzlichen Verteilschlüssel die Frage des Kosten-/Nutzenverhältnisses und der Chancen/Risiken
- Vermeidung eines unverhältnismässigen Verwaltungsmehraufwands
- Für eine abweichende Verteiler-Regelung fehlt eine Gerichtspraxis, die den Stockwerkeigentümern eine Anwendungshilfe sein kann
Totalabweichung
- Alternativen zur wertquotenproportionalen Kostenverteilung sind:
- Verteiler nach Wohnfläche (Bruttogeschossfläche)
- Verteiler nach Kubikinhalt der Räume
- Verteiler nach Steuer- oder Verkehrswert (selten)
- Abweichungsmotive
- Gerechtere Betriebskostenverteilung nach Nutzflächen oder Kubaturen
- Gleiche grosse StWE-Einheiten haben aufgrund ihrer Situierung im Hause unterschiedliche Wertquoten
Interessenbezogene Verteilung
- Objektbezogene Interessenlage
- Kostenverteilung für einzelne Einrichtungen und Anlagen, von denen bestimmte Sonderrechtsberechtigte wenig oder keinen Nutzen ziehen (zB „Erdgeschoss-Stockwerkeigentümer“ vom Lift)
Verbrauchsabhängige Verteilung
- Bei Betriebskosten, deren Quantitativ verursacherabhängig ist, wie Wasser, Strom usw. wird der Verteilschlüssel nach Wertquoten oft als unkorrekt empfunden
- Für solche verursachungsabhängige Kosten kann natürlich zur Kostengerechtigkeit eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung vorgesehen werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine genaue Verbrauchserfassung notwendig ist (Installation von Wasseruhren, Stromzählern uam.); diese Kostengerechtigkeit hat ihren Preis: Zählerkosten und Erfassungskosten durch die Verwaltung; entscheidend ist natürlich die sog. Nettokostengerechtigkeit!
Ausschliessliche Benützungsrechte
- Betrifft v.a. die Reinigung und den Betrieb der gemeinschaftlichen Teile, die vom Stockwerkeigentümer benutzt werden dürfen, alleine zu Lasten des Berechtigten
- Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist zulässig (zB wenn der Berechtigte temporäre Sondernutzungen der Gemeinschaft dulden muss)
- Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist zulässig (zB wenn der Berechtigte temporäre Sondernutzungen der Gemeinschaft dulden muss)
Beschlussfassung
- Ueberlicherweise wird der Kostenverteilschlüssel bei StWE-Begründung festgelegt
- Nachträgliche Kostenverteilschlüssel-Festlegung
- Kein Reglement > Ergänzung des Benützungs- und Verwaltungs-Reglement oder eigenes Beitragsreglement
- Absolutes Mehr der Anwesenden
- Reglementsänderung oder –ergänzung
- Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind
- Kein Reglement > Ergänzung des Benützungs- und Verwaltungs-Reglement oder eigenes Beitragsreglement
Verbrauchsabhängige Heizkostenrechnung (VHKA)
- Eine Abweichung vom generellen Verteilschlüssel nach Wertquoten besteht im Bereiche der Energie, namentlich bei der Pflicht zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung (VHKA).
- Die VHKA-Pflicht gemäss Energiegesetz (EnG; SR 730.0) vom 26.06.1998 ist ein Anwendungsfall von ZGB 712h Abs. 3.
ZGB 712h Abs. 3
Dienen bestimmte gemeinschaftliche Bauteile, Anlagen oder Einrichtungen einzelnen Stockwerkeinheiten nicht oder nur in ganz geringem Masse, so ist dies bei der Verteilung der Kosten zu berücksichtigen.
Weiterführende Informationen
- Individuelle Heizkostenabrechnung
- Vgl. GR ZK1 II 46 (16.11.2011)
- Vgl. ferner Stockwerkeigentum: Individuelle Heizkostenabrechnung | bnlawyers.ch
- Beitragsausstände
Beiträge
Die Beitragspflicht des einzelnen Stockwerkeigentümers kann folgende Themen durchlaufen:
Vorschuss
- Da ein übermässiges Eigenmittel- bzw. Liquiditätspolster bei der StWEG in der Regel weder vorhanden noch geplant ist, wird in den meisten StWEG mit Vorschüssen gearbeitet.
- Höhe der Vorschüsse aufgrund des jährlichen Budgets
- Festsetzungs-Grundlage
- entweder Reglement
- oder Stockwerkeigentümerversammlung
Beitragsfestsetzung
- Verwalter erstellt
- Jahresrechnung
- Aufschlüsselung der Gemeinschaftskosten
- Verteilerrechnung auf die Stockwerkeigentümer
- unter Anrechnung der geleisteten Vorschüsse
- unter anschliessender Saldoziehung
- Stockwerkeigentümerversammlung
- Traktandierung
- Genehmigungsentscheid
- ev. unter Vorbehalt allfälliger gewisser an der Versammlung beschlossener Korrekturen
- unter Vorbehalt der Rechtsmittelfrist
Fälligkeit von Vorschüssen und Beiträgen
- Keine gesetzliche Grundlage
- Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts im Reglement
- Übliches Vorgehen
- Vierteljährliche Vorschusseinforderungen auf das Quartalsende
Inkasso
- Aufgabe des Verwalters
- Festlegung des Mahnverfahrens im Reglement?
- Allfällige Mahngebühren sind im Reglement festzulegen
- Verjährung
- 5 Jahre nach Fälligkeit [vgl. OR 128 Ziffer 1]
Weiterführende Informationen
- Provisorische Rechtsöffnung?
- In der StWE-Versammlung genehmigte Kostenabrechnung in Verbindung mit vom betriebenen Stockwerkeigentümer unterzeichneten Reglement stellt keine Schuldanerkennung im Sinne von SchKG 82 Abs. 1
- Schuldanerkennung durch Schuldbriefverpfändung
- Die Verpfändung eines Schuldbriefes zur Sicherung der Kostenbeiträge, der erst nach Kostentilgung herauszugeben ist, erfüllt in Verbindung mit einer von der StWEG einstimmig genehmigten Kostenabrechnung die Voraussetzungen eines provisorischen Rechtsöffnungstitels
- Vgl. BGE 139 III 297 ff. und www.bnlawyers.ch/news-Immobiliarsachenrecht-Stockwerkeigentum-Kostenabrechnung-und-provisorische-Rechtsöffnung
Haftung
Bei der Haftung ist zwischen interner und externer Haftung sowie der Beitragshaftung bei Handänderungen zu unterscheiden:
intern
- Beitragspflichtig ist immer der im Zeitpunkte der definitiven Abrechnung oder Rechnungsstellung im Grundbuch der betreffend Stockwerkeinheit eingetragene Stockwerkeigentümer
- Für die Beitragsschuldnerschaft ist eine Fremdnutzung ohne Belang wie Miete, Pacht, Nutzniessung oder Wohnrecht
- Die Frage der Kostenüberwälzbarkeit bestimmt sich nach dem Rechtsgeschäft des Stockwerkeigentümers mit dem Fremdnutzer.
- Keine solidarische Haftung der Stockwerkeigentümer untereinander
- Keine direkte Belangbarkeit eines Stockwerkeigentümers für die ausstehenden Beiträge eines andern
- Der Beitragsausfall ist ein Gemeinschaftsschaden, der alle übrigen Stockwerkeigentümer nach ihrer Wertquote trifft; sie haben zur Deckung eines solchen Ausstandes möglicherweise sog. „Deckungsbeiträge“ zu leisten.
extern
- Der Stockwerkeigentümergemeinschaft kommt – auch wenn sie vermögensfähig ist – keine eigene Rechtspersönlichkeit zu.
- Passivlegitimiert für ausstehende Forderungen der Lieferanten und Dienstleister ist die Stockwerkeigentümergemeinschaft als Ganzes (alle Stockwerkeigentümer); der Gläubiger kann daher nicht die einzelnen Stockwerkeigentümer für ihren Kostenanteil belangen [vgl. BGE 119 II 404 ff. = Pra 83 (1994) Nr. 270]
- Gerichtsstand
- Ort der gelegenen Sache
- Betreibungsort
- Ort der gelegenen Sache
bei Handänderungen
Grundsatz
- Haftung derjenigen Person für die Beiträge an die Gemeinschaftskosten, die im Zeitpunkt der Abrechnung oder der Rechnungsstellung als Stockwerkeigentümer im Grundbuch eingetragen ist
- Vor der Handänderung fällige Vorschussforderungen und Beiträge
- Weiterhaftung des Veräusserers
- Beiträge und Saldoforderungen aus Kostenabrechnung nach dem Eigentümerwechsel
- Haftung des neuen Eigentümers, auch wenn die Kosten aus der Zeit des Vorbesitzers stammen
Kein Anspruch auf Zwischenabrechnung über die Gemeinschaftskosten vor Aufstellung des Jahresabschlusses
- Im Grundstückkaufvertrag wird unter den weiteren Bestimmungen der Besitzesübergang mit Rechten und Pflichten, Nutzen und Gefahr vereinbart; dabei wird vereinbart, dass die Parteien die Kostenabgrenzung bzw. –überwälzung mittels einer sog. „ausseramtlichen Abrechnung“ vornehmen und ausgleichen.
- Vgl.
Weiterführende Informationen
- Lieferung von Material oder Material und Arbeit für eine Sonderrechtseinheit
- Der Handwerker hat nur die Sonderrechtseinheit, für die er wertvermehrende Arbeiten erbracht, mit einem Bauhandwerkerpfandrecht zu belasten
- Vgl. hiezu Zu belastendes Grundstück | bauhandwerkerpfandrecht.ch