Im Einzelnen gilt es folgendes zu beachten:
- Rechtsnatur des Zwischenzeugnisses
- Das Zwischenzeugnis ist auch ein qualifiziertes Zeugnis, welches aber unabhängig von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird
- Anspruch auf Zwischenzeugnis?
- Verschiedene Autoren fordern als Voraussetzung für die Ausstellung eines Zwischenzeugnis ein sachlich begründetes Interesse des Arbeitnehmers, welches glaubhaft gemacht werden müsse (vgl. STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLPH ROGER, a.a.O., N 2 zu OR 330a; COLLÉ DENIS / MEYER YANN, a.a.O., S. 34)
- Ein solches Interesse sei vor allem dann zu bejahen, wenn
- der Arbeitnehmer einen Stellenwechsel ins Auge fasse
- personelle Änderungen bevorstünden (zB Wechsel des direkten Vorgesetzten)
- der Arbeitnehmer mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber rechne
- STAEHELIN ADRIAN, a.a.O., N 5 zu OR 330a
- Blosses Qualifikationsinteresse
- Besitze der Arbeitnehmer lediglich ein Qualifikations-Interesse durch den Arbeitgeber, so sei dies ungenügend, da der Arbeitgeber diesem Bedürfnis auch mündlich entsprechen könne
- Keine gesetzliche Einschränkung
- Dem Gesetzestext ist kein Hinweis zu entnehmen, dass der Zeugnisanspruch von der Geltendmachung eines glaubhaften Interesses abhängig sei
- Rechtsmissbräuchlichkeit?
- Der Rechtsmissbrauch gemäss ZGB 2 Abs. 2 setzt dem Zeugnisanspruch eine Schranke
- zB einziger Zweck, die Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers für ein schlechteres Schlusszeugnis zu erzielen
- Der Rechtsmissbrauch gemäss ZGB 2 Abs. 2 setzt dem Zeugnisanspruch eine Schranke
- Jährliche Zwischenzeugnisse?
- Es wäre rechtsmissbräuchlich, wenn ein Arbeitnehmer ohne besonderen Grund mehr als ein Zwischenzeugnis pro Jahr verlangen würde (vgl. CARRUZZO , a.a.O., N 2 zu OR 330a)
- Zwischenzeugnisphase
- Ein Zwischenzeugnis beurteilt nur die Zeitperiode
- zwischen der Anstellung des Arbeitnehmers bzw. Ausstellung eines früheren Zwischenzeugnisses
- und dem Zeitpunkt, in welchem das neue Zwischenzeugnis erstellt wird
- Ein Zwischenzeugnis beurteilt nur die Zeitperiode
- Zwischenzeugnis nicht für abschliessende Beurteilungen geeignet
- In einem Zwischenzeugnis können und müssen keine abschliessenden Beurteilungen abgegeben werden
- Zwischenzeugnis ersetzt frühere Zwischenzeugnisse
- Ohne besondere Einschränkung ersetzt ein Zwischenzeugnis stets das vorangegangene
- Wirkung eines Zwischenzeugnisses
- Ein Zwischenzeugnis kann den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, Meinungsverschiedenheiten über ein Schlusszeugnis zu vermeiden, da er die Entwicklung der dafür relevanten Fakten und Kriterien nachzuvollziehen vermag
- Beweislastumkehr des Arbeitgebers für schlechteres Schlusszeugnis
- Der Arbeitgeber wird für Tatsachen, welche zu einem schlechteren Schlusszeugnis des Arbeitnehmers führen, beweispflichtig (vgl. MÜLLER ROLAND / THALMANN PHILIPP, a.a.O., S. 16)
Literatur
- RIESSELMANN-SAXER REBEKKA. Datenschutz im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis, Diss. Zürich, Bern 2002, S. 55
- COLLÉ DENIS / MEYER YANN, Guide pratique du Certificat de travail, 2. Aufl., Basel 2010, S. 34
- STAEHELIN ADRIAN, Zürcher Kommentar, Der Arbeitsvertrag, Art. 331 – 355 OR, Band V2c, 4. Auflage, Zürich 2006, N 5 zu OR 330a
- CARRUZZO PHILIPPE, Le contrat individuel de travail, Commentaires articles 319 a 341 du Code des obligations, Genève 2009, N 2 zu OR 330a
- MÜLLER ROLAND / THALMANN PHILIPP, Streitpunkt Arbeitszeugnis. Basel 2012, S. 16
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