Anwendungsfälle kantonal-rechtlicher Grundpfandrechte
Der Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts in ZGB 836 für unmittelbare gesetzliche Grundpfandrechte zielt auf
- drei Arten öffentlich-rechtlicher Abgaben und ihre Steuerarten
- Steuern
- Grundsteuern
- Grundstückgewinnsteuer
- Handänderungssteuer
- Liegenschaftensteuer
- Allgemeine Steuern, sofern und soweit Grundstücke betreffen
- Vermögenssteuern
- Erbschafts- und Schenkungssteuern
- Grundsteuern
- Gebühren
- Handänderungsgebühren
- Kehrichtabfuhrgebühren
- Beiträge
- Trottoirbeiträge
- Quartierplanbeiträge
- Beiträge für Amtliche Grenzbereinigungen
- Beiträge für Be- und Entwässerung grösserer Flächen
- Beiträge für polizeiliche Massnahmen
- Steuern
Kantonale unmittelbare gesetzliche Grundpfandrechte am Beispiel des Kantons Zürich
- Brandassekuranzbeiträge
- Bauliche Anordnungen der Feuerpolizei
- Gewässerkorrektion
- Rebfonds
- Grundsteuern
- Strassen- und Trottoirbeiträge
- Kosten von Meliorationen
- Vgl. EGzZGB ZH 194
Kantonale mittelbare gesetzliche Grundpfandrechte am Beispiel des Kantons Zürich
- Beiträge für Be- und Entwässerung grösserer Flächen
- Beiträge für amtliche Grenzbereinigungen
- Beiträge für Quartierpläne
- Beiträge für polizeiliche Massnahmen
- Vgl. EGzZGB ZH 197
Voraussetzungen
Kantonal-rechtliche Grundpfandrechte sind an bestimmte Voraussetzungen gebunden:
- Sachzusammenhang zum betreffenden Grundstück
- Kein Grundpfandrecht für
- Sozialleistungen [vgl. JdT 1961 1 S. 501]
- Steuern aus Arbeitserwerb
- Steuern aus dem Aktienkapital
- Kapitalsteuer einer Immobilienaktiengesellschaft mit einem Grundstück als einzigem Aktivposten [vgl. BGE 110 II 236 ff.]
- Vgl. auch ZBGR 42 (1961) Nr. 14 S. 105
- Kein Grundpfandrecht für
- Zu belastendes Pfandobjekt
- Grundstück, inkl. Zugehör
- Keine Wirkungserstreckung auf Mobilien [vgl. BGE 100 Ia 354 ff.]
- Ausgestaltung als Grundpfandverschreibung [vgl. ZGB 836]
- Vide Grundpfandverschreibung
- Vgl. auch BGE 100 Ia 354
- Pfandbetrag
- Die Kantone sind frei, die ganze Summe als pfandberechtigt zuzulassen oder das Pfandrecht betraglich zu beschränken
- Rang
- Kantone bestimmen die Rangierungsregeln frei
- zB Vorrang gegenüber allen vertraglichen Pfandrechten
- zB Kanton Zürich [vgl. EGzZGB 194 – 197]
- zwar mittelbares gesetzliches Pfandrecht
- aber
- keine vertragliche Beschränkung
- Vorrang gegenüber allen Pfandrechten
- Hauptanwendungsfall
- Grundsteuerpfandrecht [vgl. StG ZH 157]
- Kantone bestimmen die Rangierungsregeln frei
Gefahren der Ausnahme vom Eintragungs- und Publizitätsprinzips
Der Verzicht des Gesetzgebers auf das (sofortige) Eintragungs- und Publizitätsprinzips birgt Gefahren für:
- Pfandgläubiger
- gegenwärtige und künftige Grundpfandgläubiger
- Grundstückskäufer
- Vgl. ZR 77 Nr. 115 = ZBGR (197) Nr. 1 S. 23 ff.
- Erwerber sollten zur Sicherstellung der mutmasslichen Grundstückgewinnsteuer vom Veräusserer eine Barrücklage beim zuständigen Steueramt bzw. die Eröffnung und Äufnung eines Sperrkontos bzw. Sperrdepots verlangen
- Vgl. hiezu www.grundsteuern.ch
Bundesrechtlicher Vorbehalt zugunsten kantonalen Rechts
Art. 836 ZGB
1 Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch.
2 Entstehen gesetzliche Pfandrechte im Betrag von über 1000 Franken aufgrund des kantonalen Rechts ohne Eintragung im Grundbuch und werden sie nicht innert vier Monaten nach der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung, spätestens jedoch innert zwei Jahren seit der Entstehung der Forderung in das Grundbuch eingetragen, so können sie nach Ablauf der Eintragungsfrist Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht mehr entgegengehalten werden.
3 Einschränkendere Regelungen des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
Kantonale unmittelbare gesetzliche Grundpfandrechte
§ 194 EGzZGB ZH
Von Gesetzes wegen bestehen folgende Pfandrechte:
a. zugunsten der Gebäudeversicherungsanstalt für die Versicherungsprämien (§ 46 Abs. 3 des Gesetzes über die Gebäudeversicherung16),
b. für Forderungen der Gemeinde aus den im Interesse der Feuerpolizei getroffenen baulichen Massnahmen gemäss § 4 Abs. 2 des genannten Gesetzes,
c. zugunsten des Staates oder der Gemeinden für Forderungen, die ihnen aus Hochwasserschutzmassnahmen und Konzessionen gegeneinzelne Grundeigentümer erwachsen (Wasserwirtschaftsgesetz12),
d. —
e. zugunsten der Gemeinden für die Grundsteuern (§ 208 Steuergesetz9),
f. zugunsten des Staates, der Gemeinden und der Werkträger für Beiträge und Anschlussgebühren für öffentliche Unternehmungen und Erschliessungsanlagen, für Beiträge an die Kosten der Erstellung von Privatstrassen, für Ersatzabgaben aus der Befreiung von der Pflicht zur Erstellung von Fahrzeugabstellplätzen (§ 246 Planungs- und Baugesetz10) und für Ersatzabgaben für Grundwasseranreicherungsanlagen (§ 71 Wasserwirtschaftsgesetz12)
g. zugunsten der öffentlich-rechtlichen Genossenschaften und der vertraglich zusammengeschlossenen Grundeigentümer, welche gemeinschaftlich eine Verbesserungsmassnahme im Sinne der §§ 45 bis 140 des Landwirtschaftsgesetzes17 durchführen oder ein geschaffenes Werk unterhalten oder betreiben, für die Ansprüche gegen die Beteiligten.
Kantonale mittelbare gesetzliche Grundpfandrechte
§ 197 EGzZGB ZH
Einen gesetzlichen Anspruch auf Errichtung eines Grundpfandrechts haben:
a und b.
c. die Gemeinden für die Kosten des Vollzugs und der Ausführung von Quartierplänen sowie von Vollstreckungsmassnahmen, soweit sie Grundstücke betreffen,
d. Staat, Gemeinden und andere Träger öffentlicher Werke für Gebühren aus der Inanspruchnahme öffentlichen Grundes.
e. der Staat für Staatsbeiträge an Investitionen, soweit nicht von Gesetzes wegen Pfandrechte gemäss § 194 lit. c und f bestehen und die Staatsbeiträge nicht Gemeinden oder Gemeindeverbindungen ausgerichtet werden.
Weiterführende Informationen
- Judikatur
- BGE 83 I 209
- BGE 101 Ia 354
- Lehre
- KOLLER THOMAS, Gesetzliche Grundpfandrechte zur Sicherung von Steuerforderungen – Probleme für Grundstückkäufer und Banken, in: Berner Bankrechtstag, BBT Band 3, Bern 1996, S. 33 ff.
- www.ziv.unibe.ch/unibe/rechtswissenschaft/ziv/content/e8156/e9087/e9099/e9102/e9109/e9112/berner_bankenrechtstag_96_grundpfandrechte.pdf
- KOLLER THOMAS, Gesetzliche Grundpfandrechte zur Sicherung von Steuerforderungen – Probleme für Grundstückkäufer und Banken, in: Berner Bankrechtstag, BBT Band 3, Bern 1996, S. 33 ff.
- Links