Der Veranstalter ist verpflichtet, für Schäden, die er beim Konsumenten verursacht einzustehen:
Grundsätzliches
- Anspruchskonkurrenz
- Bei erfüllten Voraussetzungen kann der Veranstalter in Anspruchskonkurrenz nach den Regeln der unerlaubten Handlung (OR 41 und OR 55) haften
- Haftung als Luftfrachtführer
- Bietet der Pauschalreiseveranstalter als Teil seines Leistungspakets einen Linien- oder Charter-Flug mit an, so gilt er vertraglicher Luftfrachtführer, der – nebst des den Flug effektiv ausführenden Luftfrachtführers für die Folgen von Tod oder Körperverletzung des Reisenden durch Unfall, Zerstörung, Beschädigung oder Verlust des Reisgepäcks sowie Verspätung
- Luftverkehrsrechtliche Haftung tritt neben die PRG-Haftung
- Vorrang des Montrealer Übereinkommens vor PRG
- Der Veranstalter einer Flugpauschalreise, der nach den Regeln des PRG in Anspruch genommen wird, kann sich auf die Haftungseinschränkungen des MÜ berufen (vgl. PRG 14 Abs. 3)
Beanstandung
- Allgemeines
- Den Konsumenten trifft im Rahmen von PRG 14 keine Beanstandungsobliegenheit, ganz anders als während der Reise (vgl. PRG 12 Abs. 2 und PRG 12, gestützt auf PRG 12 Abs. 1)
- Fehlen der Rüge in der Regel ohne Folgen
- Grundsatz
- Fehlen der Beanstandungsrüge führt nicht zur Verwirkung der Schadenersatzansprüche
- Ausnahme
- Eine Beanstandungs-Unterlassung kann aber adäquat kausal für die Entstehung oder gar Verschlimmerung des Schadens beigetragen haben
- Grundsatz
- Weitere Detailinformationen
Haftungsvoraussetzungen
- Allgemeines
- Einheitliche Regelung der Haftungsvoraussetzungen (vgl. PRG 14 – 16 und PRG 12 Abs. 2 und 13; OR 97, OR 101 und OR 41 sowie OR 55; MÜ 17 – 19 und 29 (Montrealer Übereinkommen) sowie LTrV 7 und 8)
- Berücksichtigung einerseits
- die Besonderheiten der Pauschalreise und andererseits
- der Interessen des Reisenden und des Reiseveranstalters
- Haftungs-Voraussetzungen
- Eine Veranstalterhaftung setzt folgende 4 Elemente voraus:
- Schaden
- Pflichtverletzung (Reisevertragsverletzung)
- Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden
- Verschulden (Verantwortlichkeit)
- Eine Veranstalterhaftung setzt folgende 4 Elemente voraus:
- Schaden
- Allgemeines
- Der Ersatzanspruch des Konsumenten bezieht sich auf den Ersatz von Ersatzmassnahme (vgl. PRG 10 Abs. 3 lit. a und b sowie PRG 13 Abs. 1 lit. a, Rücktransport (vgl. PRG 13 Abs. 2), Reisepreisminderung (vgl. PRG 13 Abs. 1 lit. b) und Preisrückerstattung nach Vertragsrücktritt (vgl. PRG 10 Abs. 1 und 3 lit. c sowie PRG 11 Abs. 1)
- Materieller Schaden
- Die Haftung des Veranstalters betrifft insbesondere materielle Schäden, d.h. Personen-, Sach- und Vermögensschäden
- Immaterielle Unbill
- Der Veranstalter haftet dem Konsumenten und seinen Angehörigen für eine Genugtuung aus seelischer Unbill (vgl. OR 99 Abs. 3 i.V.m. OR 47 und OR 49), zB im Falle eines Unfalltodes des Reisenden im Hoteltransferbus infolge eines Fahrfehlers des Buschauffeurs usw.
- Andere Schäden
- Haftung für Schäden, die nicht eine unfreiwillige Vermögenseinbusse durch Verminderung der Aktiven oder eine Vermehrung der Passiven beinhalten (zB Frustrationsschäden u.ä.) (umstritten)
- Entgangene Urlaubsfreude
- Es ist umstritten, ob der (werktätige) Konsument Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude hat
- Allgemeines
- Pflichtverletzung (Reisevertragsverletzung)
- Haftung des Reiseveranstalters für irgendwelche Vertragsverletzung, d.h. einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht bzw. die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung; vorbehalten bleibt eine „Gleichgewicht-Wiederherstellung“ durch die Ersatzmassnahme
- Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden
- Grundsatz
- Ist ein Ereignis auf eine Veranstalter-Vertragsverletzung oder einer seiner Leistungserbringer zurückzuführen, kann eine Kausalität gegeben sein (vgl. auch PRG 14 Abs. 1), wie Verursachung eines Verkehrsunfalls durch den Hoteltransfer-Busfahrer (zB Selbstunfall)
- Keine Haftung für das allgemeines (Lebens-)Risiko
- Ein auf das allgemeine Lebensrisiko (tägliche Gefahren des Lebens wie Verkehrs- oder Sportunfall oder Diebstahl oder Überfall) zurückzuführender Schaden ist vom Veranstalter nicht zu ersetzen
- Konsumentenversäumnisse
- Konsumenten-Versäumnisse unterbrechen den Kausalzusammenhang
- Die Veranstalterhaftung entfällt (vgl. PRG 15 Abs. 1 lit. a), und zwar unabhängig davon, ob den Konsumenten bei dem ihm zuzurechnenden Umstand ein Verschulden trifft oder nicht
- Selbstverschulden
- Entfallen der Veranstalterhaftung in Fällen, wo der Konsument seinen Obliegenheiten nicht nachkommt wie Verpassen des Flugzeugs, Einreiseverweigerung wegen fehlenden Visums, Beförderungsausschluss wegen ungebührlichen Verhaltens usw.
- Mitverschulden
- Das blosse Mitverschulden des Reisenden reicht für einen Kausalitätsunterbrechung und damit für einen Haftungsausschluss nicht aus (vgl. PRG 15 Abs. 1 lit. a) (zB Reisender entdeckt Veranstalterfehler, meldet ihn aber nicht)
- Der Richter kann das Mitverschulden des Reisenden bei der Festsetzung der Höhe des vom Veranstalter zu ersetzenden Schadens berücksichtigen (vgl. OR 44 Abs. 1)
- Konsumenten-Versäumnisse unterbrechen den Kausalzusammenhang
- Grundsatz
- Verschulden (Verantwortlichkeit)
- Grundsätze
- (einfache Kausal-)Haftung des Reiseveranstalters nicht nur für Eigenleistungen, sondern auch für andere Dienstleistungsträger, die die vertraglichen Leistungen zu erbringen haben (vgl. PRG 14 Abs. 1), einschliesslich der vertraglich tätigen Erfüllungsgehilfen (vgl. OR 101)
- Ausnahme
- Keine Haftung des Reiseveranstalters für das Verhalten Dritter, denen er sich für die Erfüllung seiner Leistungen nicht bediente (vgl. PRG 15 Abs. 1 lit. b)
- Grundsätze
- Weitere Detailinformationen
Haftungsgrenzen
- Allgemeines
- Grundsätzlich hat der Veranstalter den dem Konsumenten zugefügten Schaden vollständig zu ersetzen
- Haftungsentlastungen und Haftungseinschränkungen können zu einer Haftungsbegrenzung führen
- Haftungsentlastung
- Der Veranstalter ist in folgenden Fällen von der Haftung befreit (PRG 15 Abs. 1 lit. b und c):
- Verhalten unbeteiligter Dritter
- Höhere Gewalt / für den Veranstalter nicht vorhersehbare Ereignisse
- Vertragskonformer Erfüllungsstand des Veranstalters
- Haftungsentlastung-Voraussetzung: Korrekte Vertragserfüllung durch den Veranstalter
- Der Veranstalter ist in folgenden Fällen von der Haftung befreit (PRG 15 Abs. 1 lit. b und c):
- Haftungseinschränkungen
- Eine veranstalterseitige Haftungsbeschränkung ist nur in den vom Pauschalreisegesetz (PRG) vorgesehenen Fällen zulässig:
- Haftungsbeschränkungen in internationalen Übereinkommen
- Möglichkeit (nur) zur betraglichen Haftungsbegrenzung (vgl. PRG 14 Abs. 3 und PRG 16)
- Eine veranstalterseitige Haftungsbeschränkung ist nur in den vom Pauschalreisegesetz (PRG) vorgesehenen Fällen zulässig:
- Weitere Detailinformationen
Verjährung
- Allgemeines
- Für die Geltendmachung der Konsumenten-Ansprüche nach der Reiserückkehr sind die Verjährungsfristen zu beachten
- Anwendbarkeit der OR-Verjährungsregeln
- Mangels PRG-Normierung Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln zur Verjährung (OR 127 ff.)
- Herrschende Meinung
- 10 Jahre (OR 127)
- Anderer Meinung
- 1 Monat Verwirkungsfrist (MARTINELLI, siehe Box)
- 1 Jahr (ROBERTO, siehe Box)
- Herrschende Meinung
- Mangels PRG-Normierung Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln zur Verjährung (OR 127 ff.)
- Weitere Detailinformationen
Gesetzestexte
Art. 14 PRG Haftung; Grundsatz
1 Der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, haftet dem Konsumenten für die gehörige Vertragserfüllung unabhängig davon, ob er selbst oder andere Dienstleistungsträger die vertraglichen Leistungen zu erbringen haben.
2 Der Veranstalter und der Vermittler können gegen andere Dienstleistungsträger Rückgriff nehmen.
3 Vorbehalten bleiben die in internationalen Übereinkommen vorgesehenen Beschränkungen der Entschädigung bei Schäden aus Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung des Vertrages.
Art. 15 PRG Ausnahmen
1 Der Veranstalter oder der Vermittler haftet dem Konsumenten nicht, wenn die Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung des Vertrages zurückzuführen ist:
- auf Versäumnisse des Konsumenten;
- auf unvorhersehbare oder nicht abwendbare Versäumnisse Dritter, die an der Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt sind;
- auf höhere Gewalt oder auf ein Ereignis, welches der Veranstalter, der Vermittler oder der Dienstleistungsträger trotz aller gebotenen Sorgfalt nicht vorhersehen oder abwenden konnte.
2 In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben b und c muss sich der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, darum bemühen, dem Konsumenten bei Schwierigkeiten Hilfe zu leisten.
Art. 16 PRG Beschränkung und Wegbedingung der Haftung
1 Die Haftung für Personenschäden, die aus der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung des Vertrages entstehen, kann vertraglich nicht beschränkt werden.
2 Für andere Schäden kann die Haftung vertraglich auf das Zweifache des Preises der Pauschalreise beschränkt werden, ausser bei absichtlich oder grobfahrlässig zugefügten Schäden.
Literatur
- Grundsätzliches
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 354 f.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 3 zu PRG 16
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 143
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997
- Beanstandung
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 369
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 148
- Haftungsvoraussetzungen
- Schaden
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 358 ff.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 9 ff. zu PRG 14/15
- FRANK RICHARD, Bundesgesetz über Pauschalreisen vom 18. Juni 1993, Kurzkommentar, Zürich 1994, N 24 ff. zu PRG 14
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 151 ff.
- Pflichtverletzung (Vertragsverletzung)
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 356
- Verschulden (Verantwortlichkeit)
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 356 ff.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 7 zu PRG 14/15
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 150
- Kausalzusammenhang
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 362 f.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 10 zu PRG 14/15
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 154 f.
- Schaden
- Haftungsgrenzen
- Allgemeines
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 363 f.
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 152 f.
- Haftungsentlastung
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 363 ff.
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 152, S. 156 und S. 158
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997, S. 262, S. 265 ff. + S. 273 f.
- Haftungseinschränkungen
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 366 ff.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 3 zu PRG 16
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 156 ff.
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997, S. 277 ff.
- Allgemeines
- Verjährung
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 369 (10 Jahre)
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997, S. 204 (1 Monat Verwirkungsfrist, also nicht unterbrechbar)
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 14 zu PRG 14/15 (1 Jahr)
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 184
Judikatur
- Haftungsvoraussetzungen
- Schaden
- BGE 115 II 474 ff.
- BGE 126 III 388 ff.
- KassGer ZH vom 15.12.1995, in: ZR 1997 Nr. 47 = JKR 1997, S. 536 ff.
- OGer ZH vom 13.11.1980, in: SJZ 1981, 79
- HGer ZH vom 20.03.1987 und 02.06.1988, in: SJZ 1990, 32
- Simone Leitner/TUI Deutschland GmbH & Co. KG – Rs. C-168/00, Slg. 2002, I-2631, EuGH vom 30.04.2002 (Leitner-Urteil)
- CJ GE, ACJC/1198/2003
- BGH, RRa 2005, 57 ff.
- Pflichtverletzung (Vertragsverletzung)
- Gericht Seebezirk FR vom 06.08.2004, in: JKR 2004, S. 344 f. (Vorwurf der ungenügenden Teilnehmerinstruktion für Kameltrekking; abgelehnt)
- Verschulden (Verantwortlichkeit)
- CJ GE vom 25.06.1982, in: SJ 1982, S. 585
- BGE 130 III 182 ff. (Kofferdiebstahl auf Musikkreuzfahrt)
- Kausalzusammenhang
- BGE 130 III 182, 187 f. + 189 – 191
- Mängelrüge / Mängelrügestelle
- Urteil AR GVP 22/2010 Nr. 3554 vom 26.05.2010 (nicht rollstuhlgängiges Hotel)
- Outdoor-Reiseaktivitäten
- BGE 4A_235/2007 vom 01.10.2007 (Skilift-Unfall)
- BGE 130 III 571 (Rodelbahn-Unfall)
- BGE 138 IV 124 (Lawinen-Unfall)
- Versicherungsdeckung
- BGE 4A_585/2012 vom 01.03.2013 (Hotelgast übergab seine FERRARI-Autoschlüssel einer Person, die sich wie ein Hotelangestellter verhielt)
- Schaden
- Haftungsgrenzen
- Allgemeines
- BGE 130 III 182 ff.
- Haftungsentlastung
- —
- Haftungseinschränkungen
- BezGer ZH vom 16.05.1989, in: SJZ 1990, S. 214 + S. 216
- Ersatz für entgangene Urlaubsfreude
- EuGH-Urteil vom 12.03.2002 (Leitner-Urteil)
- Allgemeines