Bei der internationalen bzw. grenzüberschreitenden Werkherstellung resp. Werklieferung sind folgende Kautelen zu beachten:
Werkvertrag
Anwendbares Recht / Charakteristische Leistung
- Bewegliche Werke (zB Maschine)
- Ohne Rechtswahl untersteht der Werkvertrag dem Recht des Staates, mit dem der engste Sachzusammenhang besteht (vgl. IPRG 117 Abs. 1)
- Als charakteristische Leistung gilt beim Werkvertrag der Ort der Leistungserbringung durch den Unternehmer (vgl. IPRG 117 Abs. 3 lit. c)
- Unbewegliche Werke (zB Gebäude)
- Ortsgebundener Herstellungsvorgang
- Anwendung des Rechts am Ort der gelegenen Sache
- Bloss im Ergebnis eine Verbindung zur unbeweglichen Sache
- Anwendung des Sachstatuts
- Werkleistung als blosse Nebenpflicht (zB Einbau eines ortsunabhängigen Gegenstande oder Montage- oder ähnliche Arbeiten
- Anwendung des Vertragsstatuts
- Wo Abgrenzungsschwierigkeiten der Anwendbarkeit des Rechts am Ort der Unternehmer-Niederlassung und dem Ort der gelegenen Sache
- Rat: Abrede einer klaren Rechtswahl
- Ortsgebundener Herstellungsvorgang
Anknüpfungszeitpunkt
- Zeitpunkt des Vertragsschlusses (weil kein Dauerschuldverhältnis)
Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten
- Die Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten unterstehen dem Recht des Staates, in dem sie erfolgen (vgl. IPRG 125)
Gerichtsstand für Werkvertragsklagen in LugÜ-Staaten
- Siehe Box / Literatur
Bauhandwerkerpfandrecht
- Recht am Ort der gelegenen Sache
Werkliefervertrag
Anwendbares Recht / Charakteristische Leistung
- Beim Werklieferungsvertrag, wo der Unternehmer den Stoff zur Verfügung stellt, bestimmt sich das anwendbare Recht nach IPRG 118 (siehe Box)
- Gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. b WKR (Wiener Kaufrecht) ist das Übereinkommen bei internationalen Werklieferverträgen zwischen Vertragsparteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, anwendbar, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen
Anknüpfungszeitpunkt
- Zeitpunkt des Vertragsschlusses (weil kein Dauerschuldverhältnis)
Gerichtsstand für Werkvertragsklagen in LugÜ-Staaten
- Siehe Box / Literatur
Gesetzestexte
Art. 117 IPRG
b. Fehlen einer Rechtswahl
1 Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt.
2 Es wird vermutet, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn sie den Vertrag aufgrund einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, in dem sich ihre Niederlassung befindet.
3 Als charakteristische Leistung gilt namentlich:
a.
bei Veräusserungsverträgen die Leistung des Veräusserers;
b.
bei Gebrauchsüberlassungsverträgen die Leistung der Partei, die eine Sache oder ein Recht zum Gebrauch überlässt;
c.
bei Auftrag, Werkvertrag und ähnlichen Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung;
d.
bei Verwahrungsverträgen die Leistung des Verwahrers;
e.
bei Garantie- oder Bürgschaftsverträgen die Leistung des Garanten oder des Bürgen.
Art. 118 IPRG
2. Im Besonderen
a. Kauf beweglicher körperlicher Sachen
1 Für den Kauf beweglicher körperlicher Sachen gilt das Haager Übereinkommen vom 15. Juni 1955 betreffend das auf internationale Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwendende Recht.
2 Artikel 120 ist vorbehalten.
Art. 120 IPRG
c. Verträge mit Konsumenten
1 Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten stehen, unterstehen dem Recht des Staates, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat:
a.
wenn der Anbieter die Bestellung in diesem Staat entgegengenommen hat;
b.
wenn in diesem Staat dem Vertragsabschluss ein Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Konsument in diesem Staat die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, oder
c.
wenn der Anbieter den Konsumenten veranlasst hat, sich ins Ausland zu begeben und seine Bestellung dort abzugeben.
2 Eine Rechtswahl ist ausgeschlossen.
Art. 125 IPRG
c. Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten
Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten unterstehen dem Recht des Staates, in dem sie tatsächlich erfolgen.
Literatur
Werkvertrag
- SCHNYDER ANTON K. / DOSS ANDREA, BSK IPRG, 2. Auflage, Zürich 2012, N 19 zu IPRG 117
- KELLER MAX / KREN KOSTKIEWICZ JOLANTA, ZK IPRG, 2. ergänzte und verbesserte Auflage, Zürich 2004, N 30 + 39 zu IPRG 117
- KELLER MAX / KREN KOSTKIEWICZ JOLANTA, ZK zum IPRG, 2., ergänzte und verbesserte Auflage, Zürich 2004, N 89 f. zu IPRG 117, wonach der Architekten-, der Ingenieur-, der Generalunternehmer- und der Engineeringvertrag als Dienstleistungserbringungsverträge dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Niederlassung des Leistungserbringers unterstehen würden
- GIRSBERGE DANIEL / KELLER MAX, ZK zum IPRG, 2., ergänzte und verbesserte Auflage, N 34 zu IPRG 125
- BÜHLER THEODOR, Kommentar zum schweizerischen Zivilrecht (Zürcher Kommentar), Bd. V/2d, Der Werkvertrag, Art. 363-379 OR, N 9 ff. (IPR) und N 48 ff. (LugÜ) zu Vorbemerkungen zu Art. 363-379 OR
- KOLLER ALFRED, Berner Kommentar, Bd. VI/2/3/1, Der Werkvertrag, Art. 363-366 OR, Bern 1998, N 11 ff. (Allgemein) und N 33 ff. (Wiener Kaufrecht (WKR) + IPR)
Werkliefervertrag
- DASSER FELIX / OBERHAMMER PAUL, SHK zum Lugano-Übereinkommen (LugÜ), 2. Auflage, Bern 2011, N 40 zu LugÜ 5
Verfahrensrechtliche Aspekte des Bauprozesses
- ACOCELLA, Der Bauzivilprozess im Überblick, in: Koller: Bauprozessrecht, S. 265 ff.
- ROHRER, Aspekte des Bauzivilprozesses, in: Lendi / Nef / Trümpy, S. 403 ff.
- BERTI STEPHEN V., Die Zwangsvollstreckung von Werklohn und Honorar sowie der vertragstypischen Leistungen des Architekten, Ingenieurs und Unternehmers, S. 415 ff.
- KARRER, Internationale Bauverträge; Streitvermeidung und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 391 ff.