Das Minderungsrecht bezieht sich auf das minder (weniger) erhebliche Mängel aufweisende Werk und setzt folgendes voraus:
Definition
- Minderungsrecht = Recht des Bestellers, infolge des minder (weniger) erhebliche Mängel aufweisenden Werks den Werklohn in Umfange des Minderwertes herabzusetzen
Grundlage
Abgrenzung zur Wandelung
- Bei der Wandelung
- ist das Werk unbrauchbar
- tritt der Besteller vom Werkvertrag zurück
- ist der Werkvertrag rückabzuwickeln (Unternehmer: Rückgabe der allf. Werklohnzahlungen samt Zins; Besteller: Werkrückgabe)
Abgrenzung zur Nachbesserung
- Bei der Nachbesserung
- ist das Werk brauchbar, aber „minder erheblich“ mangelhaft
- besteht der Werkvertrag fort
- soll der Werk verbessert werden, falls dies für den Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht
Intensität der Massnahme „Minderung“
- Mittelscharfes, einen Wertverlust voraussetzendes Mängelrecht des Bestellers
Minderungsvoraussetzung
- Effektiver Wertverlust
- Eine Minderung setzt stets einen mängelbedingten effektiven Wertverlust des Werks voraus
Berechnung Wertverlust
- Differenz zwischen dem Wert des mängelfrei vertraglich angedachten Werks und dem Wert des mangelhaften Werks
Umfang der geltend machbaren Wertdifferenz
Theorienstreit
- Es ist umstritten, ob für die Werklohnreduktion anzuwenden ist die
- Relative Berechnungsmethode
- Absolute Berechnungsmethode
Relative Berechnungsmethode
- Gegenstand
- Voller Werklohn ist im Verhältnis zu kürzen, in dem der Wert der mängelfrei gedachten Werks zum Wert des mangelhaften Werks steht
- Befürworter / Quellen
- Mehrheit der Lehre
- statt vieler GAUCH PETER, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, Rz 1669 ff.
- Bundesgericht
- BGE 105 II 99, Erw. 4a
- BGE 4C.231/2004
- Mehrheit der Lehre
Absolute Berechnungsmethode
- Gegenstand
- Werklohnreduktion um den vollen Wert des Werk-Minderwertes
- Befürworter / Quellen
- Vereinzelte Lehrmeinungen
- SCHENKER FRANZ, Gedanken zur „relativen“ Minderungsmethode, in: TERCIER PIERRE / HÜRLIMANN ROLAND, In Sachen Baurecht, Freiburg 1989, S. 89 ff.
- Vereinzelte Lehrmeinungen
Rechtsnatur des Minderungsrechts
- Gestaltungsrecht
Funktion des Minderungsrechts
- Prinzip
- Werklohnreduktion
Ausübung des Minderungsrechts
- Minderungserklärung
Minderungserklärung / Anforderungen
- empfangsbedürftige (einseitige) Erklärung
- Umstrittene Unwiderruflichkeit des Gestaltungsrechts (BGE 109 II 41)
- Bedingungsfeindlichkeit
Rechtsfolgen der Minderung
- Werkannahme
- Weniger erheblicher Werkmangel
- Minderungserklärung (Statement des Bestellers zum Festhalten am Werkvertrag)
- Reduktion des Werklohns um den Minderwert des mangelhaften Werks, nach relativer Berechnungsmethode (siehe oben)
- Erlöschen der Wandelungs- und Nachbesserungsrechtes, in Bezug auf den Mangel, für den die Minderungserklärung abgegeben wurde
- Ausschluss der Möglichkeit, dass der Besteller im Falle erheblicher Mängel gemäss OR 368 Abs. 1 zunächst die Minderung verlangt und anschliessend sein Wandelungsrecht ausübt
Art. 368 OR
b. Recht des Bestellers bei Mängeln
1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2 Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3 Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
Literatur
- BÜHLER THEODOR, Zürcher Kommentar, N 108 zu OR 368
- MÜLLER-CHEN MARKUS / GIRSBERGER DANIEL / FURRER ANDREAS, Obligationenrecht, Besonderer Teil, litera B, Zürich / Basel / Genf 2011, S. 241 f. / Rz 106 – 108
Judikatur
- BGE 109 II 41
- BGE 105 II 99
- BGE 4C.231/2004