Das Wandelungsrecht bezieht sich auf das erhebliche Mängel aufweisende Werk und setzt folgendes voraus:
Definition
- Wandelungsrecht = (Wahl-)Recht des Bestellers, die Annahme des mit erheblichen Mängeln behafteten Werks zu verweigern und vom Vertrag zurückzutreten
Grundlage
Abgrenzung zum Minderungsrecht
- Bei der Minderung
- ist das Werk brauchbar, aber „minder erheblich“ mangelhaft
- besteht der Werkvertrag fort
- wird einzig, aber immerhin, infolge Minderwertes des Werkes der Werklohn reduziert
Abgrenzung zur Nachbesserung
- Bei der Nachbesserung
- ist das Werk brauchbar, aber „minder erheblich“ mangelhaft
- besteht der Werkvertrag fort
- soll der Werk verbessert werden, falls dies für den Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht
Intensität der Massnahme „Annahmeverweigerung“
- Schärfstes Mängelrecht des Bestellers
Voraussetzungen einer Annahmeverweigerung
Strenge Voraussetzungen
- Die Annahmeverweigerung kann nur unter strengen Voraussetzungen erfolgen
Einzelne Voraussetzungen
- Unzumutbarkeit der Werkannahme für den Besteller
- Abhängigkeit von den Parteiinteressen
- Abwägung nach dem Grundsatz der Billigkeit
- Ausmass des Mangels hat so gravierend zu sein, dass sich unter allen Umständen eine Vertragsauflösung rechtfertigt
- Einzelfallbeurteilung
- Unbrauchbarkeit
- Gänzliche Unbenutzbarkeit infolge des Werkmangels
- Unbehebbarkeit des Werkmangels
- Werkmangel muss derart (gravierend) sein, dass er sich nicht beheben lässt
Rechtsnatur des Wandelungsrechts
- Gestaltungsrecht
Funktion des Wandelungsrechts
Prinzip
- Wandelungsrecht gibt dem Besteller die Möglichkeit zur einseitigen Vertragsauflösung und Rückabwicklung
Rückabwicklungsprozedere
- Unternehmer hat Werklohnzahlungen samt Zins zurückzuerstatten
- Besteller muss das empfangene (nicht angenommene) Werk nebst allenfalls bezogenem Nutzen zurückgeben
Qualifikation der Rückabwicklungspflichten
- Rückabwicklung ist vertraglicher Art
Rückabwicklungs-Reihenfolge
- Zug um Zug (OR 82)
Rückabwicklungs-Gesamtwirkung
- Ohne andere Abrede kann der Unternehmer nur den ganzen Werkvertrag rückabwickeln (BGE 24 II 536)
Ausübung des Wandelungsrechts
- Wandelungserklärung
Wandelungserklärung / Anforderungen
- empfangsbedürftige (einseitige) Erklärung
- Unwiderruflichkeit (BGE 109 II 40)
- Bedingungsfeindlichkeit
Rechtsfolgen der Wandelung
Bewegliche Werke usw.
- Verweigerung der Werkannahme
- Rücktritt vom Vertrag (OR 368 Abs. 1)
- Erlöschen allfälliger Minderungs- und Nachbesserungsrechte, der Werkvertrag als Anspruchsgrundlage hiefür entfallen ist
Werke auf Grund und Boden des Bestellers (OR 368 Abs. 3)
- Die Wandelung ist ausgeschlossen (möglich ist nur Minderung oder Nachbesserung)
- wenn das Werk auf dem Boden des Bestellers errichtet worden ist und die Werkentfernung nur mit „unverhältnismässigen Nachteilen“ verbunden wäre (OR 368 Abs. 3)
Art. 368 OR
b. Recht des Bestellers bei Mängeln
1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2 Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3 Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
Literatur
- ZINDEL GAUDENZ / PULVER URS, Basler Kommentar, N 30 zu OR 368
- MÜLLER-CHEN MARKUS / GIRSBERGER DANIEL / FURRER ANDREAS, Obligationenrecht, Besonderer Teil, litera B, Zürich / Basel / Genf 2011, S. 240 f. / Rz 102 – 105