Eine Mängelhaftung setzt das Vorhandensein eines Werkmangels voraus:
Definition
- Werkmangel = Werkabweichung vom Vertrag, wobei dadurch dem Werk eine vereinbarte Eigenschaft fehlt oder es ihm daher an einer (vereinbarten oder vorausgesetzten) Eigenschaft fehlt
Grundlage
Vereinbarte Eigenschaften
Eigenschaftsvereinbarung
- Eigenschaftsabrede der Parteien im Werkvertrag
Inhalt der Eigenschaftsabrede
- Technische Normen
- Branchen-Usanzen (SIA-Norm)
- Allgemeine Umschreibungen
- Besondere Merkmale
Eigenschaftenunklarheiten
- Vertragsauslegung nach den Allgemeinen Auslegungsgrundsätzen
Gebrauchstauglichkeit trotz Fehlens der vereinbarten oder zugesicherten Eigenschaften
- Ist das Werk nach den anerkannten Regeln der Technik gebrauchstauglich, aber fehlen ihm die vereinbarten oder zugesicherten Eigenschaften, so ist trotzdem mangelhaft
- Vgl. GAUCH PETER, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, Rz 1363
Vorausgesetzte Eigenschaften
Nach Treu und Glauben vom Besteller zu erwartende Eigenschaften
- Nach Treu und Glauben darf der Besteller Werk-Eigenschaften erwarten wie
- Gebrauchstauglichkeit (zum vorausgesetzten Gebrauch)
- Wertqualität
Absenz einer Eigenschaftsabrede
- Der Unternehmer schuldet diesfalls
- Gebrauchstauglichkeit
- normal beschaffene Wertqualität
Mass der voraussetzbaren Eigenschaften
- Tauglichkeit und Qualität
- Die Tauglichkeit und Qualität kann sich ergeben aus
- Normen von Ausführungserlassen oder Schutzgesetzgebungen
- Berufs-Usanzen
- Qualitätsnormen
- etc.
- Die Tauglichkeit und Qualität kann sich ergeben aus
- Auslegung
- Es ist der Werkvertrag im konkreten Einzelfall auszulegen, welche voraussetzbaren Eigenschaften ein bestimmtes Werk haben soll
Werkmangel-Erscheinungsformen
Werkmängel können in allerlei Erscheinungsformen auftreten
- Tatsächlicher Mangel (Sachmangel)
- Rechtlicher Mangel (Rechtsmangel)
- Mängel am körperlichen Werk
- Mängel am unkörperlichen Werk
- Offener Mangel
- Verdeckter (oder geheimer) Mangel
- Primärmangel
- Sekundärmangel
Kasuistik
- Tatsächlicher Mangel (Sachmangel)
- Abblätternder Fassadenputz
- Rechtlicher Mangel (Rechtsmangel)
- Maschinenelektrik verstösst am Gebrauchsort gegen öffentlich-rechtliche Sicherheitsvorschriften (BGE 95 II 119)
- Mängel am körperlichen Werk
- Mangelhafte Fensterscheiben (Kratzer)
- Mängel am unkörperlichen Werk
- Gutachten erfüllt die berechtigten Erwartungen nicht (GAUCH PETER, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, Rz 1472)
- Offener Mangel
- Gesprungene Bodenplatte
- Verdeckter (oder geheimer) Mangel
- Mangel in eingemauerter Rohrleitung (GAUCH PETER, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, Rz 2078)
- Primärmangel
- Betonfundamente-Mangel
- Sekundärmangel
- Betonriss, der nach Ablieferung auftrat, aber dessen Ursache bereits vor der Werkablieferung gesetzt wurde
Art. 367 OR
4. Haftung für Mängel
a. Feststellung der Mängel
1 Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.
2 Jeder Teil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlangen.