Ein nach der konkursamtlichen Liquidation der Verlassenschaft über die Erbschaftsschulden und Erbgangsschulden hinaus verbleibender Überschuss der Aktiven wird wie folgt verwendet:
- Als Erstes: Ausrichtung allfälliger Vermächtnisse
- Die Vermächtnisnehmer können ihre Vermächtnisansprüche nach Eröffnung des Nachlasskonkurses zur Kollokation anmelden:
- Die Vermächtnisansprüche werden im Konkurs als nachrangige Forderungen der 3. Konkursklasse behandelt.
- Die Sachvermächtnisse sind dabei in eine Geldforderung umzurechnen (vgl. SchKG 211 Abs. 1)
- Die Gegenstand eines Sachvermächtnisses bildenden Nachlassobjekte werden durch das Konkursamt verwertet und der «Sachverächtnisnehmer» erhält nur noch, aber immerhin, einen Geldbetrag im Überschussfalle.
- Die Vermächtnisnehmer können ihre Vermächtnisansprüche nach Eröffnung des Nachlasskonkurses zur Kollokation anmelden:
- Als Zweites: Ausgleichung und / oder Herabsetzung?
- Die Berechtigten haben sich Zuwendungen, die der Ausgleichung oder Herabsetzung unterliegen, einredeweise anrechnen zu lassen (vgl. ZGB 533 Abs. 3).
- Als Drittes: Auslieferung des Überschusses an die Erben
- Der Überschuss geht an die letztberufenen ausschlagenden Erben, d.h. an die nächsten eingesetzten oder gesetzlichen Erben, allenfalls an deren Nachkommen im Falle von ZGB 575 Abs. 2 (Ausschlagung zugunsten nachfolgender Erben).
- Die Verteilung des Überschusses unter die Erben ist nicht Gegenstand des Konkursverfahrens und ist nicht durch das Konkursamt zu entscheiden.
- Als Viertes: Verteilung unter den Erben
- Da die Konkursverwaltung nicht für die Verteilung des Überschusses unter den Erben zuständig ist, obliegt die Verteilung den Berechtigten, analog einer Erbteilung.
- Es bedarf der Einstimmigkeit der Berechtigten,
- unter Berücksichtigung von allf. Zuwendungen mittels Ausgleichung und / oder Herabsetzung;
- den obligatorischen Anspruch gegen die ausgeschlagene Erbschaft, beim Konkursamt liegend, herauszuverlangen und zu teilen.
- Als Fünftes: Nachrichtenlose Erben?
- Sind die Überschuss-Berechtigten nicht bekannt oder beziehen sie den Überschuss nicht, hat das Konkursamt den Überschuss bei der kantonalen Depositenanstalt zu hinterlegen, analog SchKG 264 Abs. 3.
Weitere Grundsätze sind:
- Keine Haftung der Erben für später bekanntwerdende oder nicht angemeldete Schulden
- Werden nach Abschluss des Nachlasskonkursverfahrens Erbschaftsschulden bekannt, haften die Überschuss-Berechtigten (ehem. ausschlagende Erben) nicht, auch nicht im Umfang der ihnen zugekommenen Bereicherung, weil sie nicht Erben geworden sind und, da das ZGB keinen solchen Haftungstatbestand vorsieht.
- Vom Konkursamt nicht im Namen und Rechnung der Nachlassmasse verfolgte Aktiven
- Solche Aktiven gehen nicht unter, sondern auf die Berechtigten gemäss ZGB 573 Abs. 2 über.
- Nachträglich bekannt gewordene Aktiven
- Werden Aktiven nach Beendigung des Nachlass-Konkursverfahrens entdeckt, ist u.E. die Art des Verfahrensschlusses entscheidend:
- Verfahrensabschluss ohne Volldeckung der Gläubiger
- Durchführung eines sog. „Nachkonkurses“ nach SchKG 269
- Verfahrensabschluss mit Überschuss
- Übergabe der Aktiven an die Erben zur gesamten Hand
- Verfahrensabschluss ohne Volldeckung der Gläubiger
- Werden Aktiven nach Beendigung des Nachlass-Konkursverfahrens entdeckt, ist u.E. die Art des Verfahrensschlusses entscheidend:
Literatur
- ABT DANIEL / WEIBEL THOMAS, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Auflage, Basel 2019, Rz 11 ff. zu Art. 573 ZGB
- BSK-SCHWANDER, M 6 zu Art. 573 ZGB
- BSK-KARRER/VOG/LEU, N 33 zu Art. 596 ZGB
- ZK-ESCHER, N 9 zu Art. 573
- PIOTET, SPR IV/2, S. 627 f.
- FORNITO ROBERTO, Die konkursamtliche Liquidation eines Nachlasses, successio 2016, S. 156 ff.
- WEBER ROGER, Gerichtliche Vorkehren bei der Nachlassabwicklung, in: AJP 1997, S. 550 ff., insbesondere S. 560
- WEIBEL THOMAS, Das Ende der Solidarhaft des Erben, Diss. Basel 2002
- WEIMAR PETER, Der Anspruch des Vermächtnisnehmers und seine Nachrangigkeit, in: Schweizer Rainer J. / Burkert Herbert / Gasser Urs (Hrsg.), FS Jean-Nicolas Druey, Zürich 2002, S. 275 ff.
Judikatur
- BGE 5D_63/2014, Erw. 2.2.2 (Teilung ist Sache der Berechtigten, nach den Regeln der Erbteilung)
- BGE 52 II 195, insbesondere 199 f.
- OGer ZH, ZR 1978, Nr. 98 = SJZ 1979, S. 147