Das Werkvertragsrecht kennt für die Mängelhaftung eine eigene Norm und eigene Verjährungsfristen:
Vorrang der speziellen Verjährungsnorm OR 371
- Die Mängelrechte des Bestellers gegen den Unternehmer (OR 368) verjähren nach der Norm von OR 371, welche als sog. „lex specialis“ den Regeln des allgemeinen Verjährungsrechts von OR 127 ff. vorgeht
Grundlage
Abgrenzung
Funktion
(Ursprüngliches) Ziel des Gesetzgebers
- Unternehmerschutz
- Gründe
- Rechtssicherheit
- Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Nutzungsmängeln
- Nachteile auch für den (Haupt-)Unternehmer
- Sich verkürzenden Rückgriffsmöglichkeit auf
- Werklieferanten
- Subunternehmer
- Sich verkürzenden Rückgriffsmöglichkeit auf
- Gründe
Gesetzesanpassung zwecks Optimierung des Interessengleichs
- Besteller-Risiken der sehr kurzen Frist durch Revision der Gewährleistungsrechts reduziert
- Verlängerung von 1 Jahr auf 2 Jahre (siehe Box)
Intensität der Fristen von OR 371
- Strengere Verjährungsregelung als das Verjährungsrecht von OR 127 ff.
- Verjährung
Beginn des Fristenlaufs
- Ablieferung des Werks
Gewährleistungsfristen: 2 + 5 Jahre
Grundlage
Verjährungsfrist 2 Jahre
- für bewegliche Werke
Verjährungsfrist 5 Jahre
- für unbewegliche Werke
- für offene und versteckte Mängel
- vgl. aber nachfolgend erläuterte Ausnahme für die vom Unternehmer absichtlich verschwiegenen Mängel
- Gründe der längeren Frist
- Schwierigere Erkennbarkeit
- der Festigkeit
- der geologischen Beständigkeit
- der Witterungsbeständigkeit (klimatische und atmosphärische Verhältnisse)
- Schwierigere Erkennbarkeit
- Die Praxis zeigt, dass auch die 5 jährige Verjährungsfrist kurz bemessen ist, werden doch viele Mängel erst nach Jahren erkennbar
Ausnahme: 10 Jahre
Grundlage
Absichtlich (arglistig) verschwiegene Mängel
- Anwendung des Kaufrechts (für arglistig verschwiegene Mängel)
Verweisung in Abs. 3 auf Kaufrecht (OR 210 Abs. 3)
- siehe Gesetzestext von OR 371 Abs. 3 (Box)
Verjährungsfrist
- Ansprüche aus absichtlich (arglistig) verschwiegenen Werkmängeln verjähren nach 10 Jahren (OR 127)
SIA-Norm 118
Grundlage
- SIA-Norm 118, Art. 178 ff.
Anwendungsvoraussetzung
- Unterstellung des Werkvertragsverhältnisses unter die SIA-Norm 118
Beginn des Fristenlaufs
- Werkabnahme bzw. Abnahme eines Werkteils
Verjährungsfrist 2 Jahre
- Offene Mängel
Verjährungsfrist 5 Jahre
- Verdeckte Mängel
Verjährungsfrist 10 Jahre
- Absichtlich verschwiegene Mängel
Art. 371 OR
e. Verjährung
1 Die Ansprüche des Bestellers wegen Mängel des Werkes verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach der Abnahme des Werkes. Soweit jedoch Mängel eines beweglichen Werkes, das bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre.
2 Die Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen allfälliger Mängel des Werkes verjähren gegen den Unternehmer sowie gegen den Architekten oder den Ingenieur, die zum Zwecke der Erstellung Dienste geleistet haben, mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme des Werkes.
3 Im Übrigen kommen die Regeln für die Verjährung der entsprechenden Ansprüche des Käufers sinngemäss zur Anwendung.
Revision der Gewährleistungs-Verjährungsfristen
- Änderung von OR 371 in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012 (Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche. Verlängerung und Koordination), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5415; BBl 2011 2889 3903)
Literatur
- MÜLLER-CHEN MARKUS / GIRSBERGER DANIEL / FURRER ANDREAS, Obligationenrecht, Besonderer Teil, litera B, Zürich / Basel / Genf 2011, S. 246 f. / Rz 116 – 120 (erscheinungsjahr-bedingt mit alter Verjährungsfrist von 1 Jahr anstatt 2 Jahren)