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Arbeitsrecht

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Kündigung / Fristen

Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Arbeitsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ordentliche Kündigung

Begriff

Die ordentliche Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, das Arbeitsverhältnis einseitig unter Einhaltung der vorgeschriebenen oder vereinbarten Fristen und Termine aufzuheben.

Anwendungsbereich

Die ordentliche Kündigung ist der übliche Beendigungsgrund für das unbefristete Arbeitsverhältnis. Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, es wurde eine Kündigungsfrist verabredet.

Zulässigkeit

Es gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit, d.h. eine Kündigung ist nicht an bestimmte Gründe gebunden. Eine missbräuchliche oder eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung löst allenfalls eine Entschädigungspflicht aus, hebt das Arbeitsverhältnis jedoch ebenfalls auf.

Form der Kündigung

Sofern im Arbeitsvertrag keine Formvorschrift vereinbart wurde (OR 16), ist die Kündigung formfrei gültig. Sie kann mündlich, per Kurznachricht (SMS, WhatsApp etc.), per E-Mail oder schriftlich ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen ist eine Kündigung in einer Form, welche durch Text nachgewiesen werden kann, zu empfehlen. Die meisten Kündigungen werden schriftlich ausgesprochen.

Bedeutung des Empfangs

Empfangsbedürftige Willenserklärung

Die Kündigung ist eine sogenannte empfangsbedürftige Willenserklärung. Massgebend ist also nicht das Datum des Versandes, sondern das Datum des Empfangs. Die Kündigung muss deshalb vor Beginn der Kündigungsfrist beim Empfänger eintreffen. Ist ein Arbeitsvertrag bspw. auf Ende August mit einer Frist von einem Monat kündbar, muss die Kündigung spätestens am 31. Juli beim Adressaten eingehen.

Zustellnachweis und Empfangstheorie

Kündigungen können auf unterschiedliche Weise übermittelt werden. Wird die Kündigung dem Empfänger persönlich übergeben, ist eine Quittierung des Empfangs empfehlenswert. Wird eine Kündigung der Post zum Versand aufgegeben, trägt der Absender das Risiko, dass sie rechtzeitig ankommt.

Kündigungen gelten nach der uneingeschränkten Empfangstheorie als zugegangen, sobald sie sich im Machtbereich des Empfängers befinden (BGE 137 III 208 E.3.1.2). Liegt die Kündigung im Briefkasten des Adressaten, gilt sie grundsätzlich als zugestellt. Auf die Kenntnisnahme des Empfängers kommt es nicht an. Der Absender muss den Zugang in den Machtbereich des Empfängers beweisen können. Aus Beweisgründen ist deshalb der rechtzeitige Versand der Kündigung (ca. 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist) per Einschreiben zu empfehlen.

Eingeschriebene Sendungen

Eingeschriebene Sendungen gelten als empfangen, sobald der Empfänger sie erstmals bei der Post abholen kann (BGE 137 III 208 E.3.1.2). Kann der Empfänger einer eingeschriebenen Sendung diese am gleichen Tag abholen, gilt sie an diesem Tag als zugestellt (BGE 137 III 208 E.3.1.2; BGer 4A_293/2016 E.4.1; BGE 140 III 244 E.5.1).

  • Die Abholung von eingeschriebenen Sendungen, für welche eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt wird, ist in der Regel aus bei der Post liegenden betrieblichen Gründen erst am Folgetag möglich. Die Sendung gilt am Folgetag als zugestellt (auch wenn sie erst später abgeholt wird). Kann sie jedoch ausnahmsweise am gleichen Tag abgeholt werden, gilt sie an diesem Tag als zugestellt.
  • Wird die Abholungseinladung in ein Postfach gelegt, kann die eingeschriebene Sendung unter Umständen am gleichen Tag abgeholt werden und gilt folglich auch an diesem Tag als zugestellt. Ist die Abholung am gleichen Tag nicht möglich, gilt sie am Folgetag als zugestellt (auch wenn sie erst später abgeholt wird).

Der Vorteil der eingeschriebenen Sendung ist die Nachverfolgbarkeit und Nachweisbarkeit der Zustellung. Die Nachteile bestehen darin, dass an Samstagen keine Zustellungen gemacht werden und bei Abwesenheit des Empfängers eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt wird und die Sendung in der Regel erst am folgenden (Werktag) bei der Post abgeholt werden kann – die Sendung wird in diesem Fall verzögert zugestellt. Bei einer kurz vor Monatsende aufgegebenen eingeschriebenen Sendung kann dies dazu führen, dass sie erst im Folgemonat als zugestellt gilt, was einen Einfluss auf den Lauf der Kündigungsfrist hat.

A-Post Plus

Alternativ zum Versand mit gewöhnlicher Post (A Post) oder per Einschreiben bietet die Post auch den Versand per A-Post Plus an. Bei A-Post Plus wird die Sendung beim Empfänger in den Briefkasten gelegt und die Zustellung in den Briefkasten registriert. Die Zustellung ist damit verfolgbar. Mit der Einlegung der Sendung in den Briefkasten (Herrschaftsbereich) des Empfängers gilt diese als zugestellt.

Wird also die Kündigung per A-Post Plus versandt, kann der Absender anhand der Sendungs-Nr. über das Online Tool der Post „Sendungen verfolgen“ den Zeitpunkt der Zustellung überprüfen. Die Kündigung gilt im Zeitpunkt der Einlage in den Briefkasten des Empfängers als zugestellt.

Der Vorteil von A-Post Plus gegenüber eingeschriebenen Sendungen ist, dass die Zustellung am Folgetag und auch an Samstagen erfolgt und auch bei Abwesenheit des Empfängers als zugestellt gilt.

Wirkungen der verspäteten Zustellung

Geht eine Kündigung verspätet beim Adressaten ein, ist sie auf den nächsten möglichen Termin (i.d.R. das Ende des nächsten Monats) wirksam.

Begründungspflicht

Der Empfänger der Kündigung ist berechtigt, eine schriftliche Begründung derselben zu verlangen (OR 335 Abs. 2). In der Regel verlangen nur die Arbeitnehmer eine Begründung der Kündigung, wenn der Arbeitgeber kündigt. Die Arbeitgeber verlangen selten eine Begründung der Kündigung, wenn der Arbeitnehmer kündigt.

Die Begründung des Arbeitgebers erlaubt dem Arbeitnehmer zu beurteilen, ob die Kündigung allenfalls missbräuchlich sein könnte oder, ob eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung vorliegt.

Auch ohne ausdrückliche Vorschrift muss der für die Kündigung angegebene Grund wahr sein.

Wird die Begründungspflicht verletzt, kann der Anspruch auf eine Begründung allenfalls gerichtlich durchgesetzt werden. In der Praxis wird die Verletzung der Begründungspflicht in Prozessen über arbeitsrechtliche Streitigkeiten insbesondere berücksichtigt bei:

  • der Beweiswürdigung über einen allfälligen Missbrauchstatbestand.
  • der Verteilung der Prozesskosten.

Kündigungsfristen und –termine

Allgemeines

Kündigungsfristen verfolgen das Ziel, den Parteien eine gewisse Zeit einzuräumen, um sich auf die Beendigung des Vertrages einzustellen (Suche nach einer neuen Arbeitskraft bzw. einer neuen Stelle). Die Frist beginnt in der Probezeit am Tag nach Erhalt der Kündigung zu laufen. Nach Ablauf der Probezeit wird die Kündigungsfrist vom Kündigungstermin aus zurückgerechnet, da sich die Kündigungsfrist um die Dauer einer allfälligen Krankheit verlängern kann (z.B. Kündigungsschreiben datiert vom 15.01.2011, wobei auf den 30.04.2011 gekündigt wird: Rückrechnung Kündigungsfrist von einem Monat vom 30.04.2011).

Gesetzliche Fristen und Termine

Das Gesetz sieht folgende Kündigungsfristen vor:

  • Während Probezeit: Sieben Tage (OR 335b Abs. 1)
  • Während des ersten Dienstjahres: Einen Monat (OR 335c Abs. 1)
  • Vom zweiten bis zum neunten Dienstjahr: Zwei Monate (OR 335c Abs. 1)
  • Ab dem zehnten Dienstjahr: Drei Monate (OR 335c Abs. 1)

Der gesetzliche Kündigungstermin ist grundsätzlich das Ende eines Monats. Eine allfällige vertragliche Änderung der Fristen und des Termins bedarf einer schriftlichen Abrede. Kündigungsfristen von weniger als einem Monat können nur in Gesamtarbeitsverträgen vorgesehen werden (OR 335c Abs. 2).

Bei der Temporärarbeit (Personalverleih) sind bei unbefristeten, ununterbrochenen Einsätzen folgende Kündigungsfristen zulässig (AVG 19 Abs. 4; AVV 49):

  • Während der ersten drei Monate: mindestens zwei Arbeitstage
  • Vom vierten bis zum sechsten Monat: mindestens sieben Arbeitstage
  • Ab dem siebten Monat gelten die Fristen von OR 335c

Die Kündigungsfristen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen gleich lang sein. Wurden im Arbeitsvertrag unterschiedlich lange Fristen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, gilt für beide die längere Frist (OR 335a Abs. 1).

Im Arbeitsvertrag kann vereinbart werden, dass für den Arbeitnehmer eine kürzere Kündigungsfrist gilt, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen kündigt oder dem Arbeitnehmer mitteilt, dass er aus solchen Gründen eine Kündigung beabsichtige (OR 335a Abs. 2). Das Gesetz sieht für diesen Fall keine Mindestdauer der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers vor. Eine (beabsichtigte) Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen liegt u.a. bei einer Reorganisation, Rationalisierungen, Sparmassnahmen, Betriebszusammenlegungen, Betriebsschliessungen etc. vor.

Kündigung vor Stellenantritt

Eine Kündigung vor Stellenantritt ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche Kündigung ist nur bei kündbaren Arbeitsverträgen möglich.

Eine Kündigung ist bei einem befristeten Arbeitsverhältnis nicht möglich, womit auch eine Kündigung vor Stellenantritt nicht möglich ist. Wurde jedoch bei einem befristeten Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart, ist eine Kündigung vor Stellenantritt möglich. 

Durch eine Kündigung vor Stellenantritt wird das Arbeitsverhältnis auf das Ende der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfrist, in der Regel die kurze Kündigungsfrist der Probezeit, aufgelöst. Die Kündigungsfrist beginnt gemäss der Praxis in einigen Kantonen ab dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses zu laufen. In anderen Kantonen beginnt die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigung zu laufen.

Entscheidet sich ein Arbeitnehmer, vor Stellenantritt zu kündigen, sollte er dies möglichst früh tun, damit der Arbeitgeber sich neu orientieren kann. 

Literatur

  • Probezeit
    • STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLPH ROGER, Der Arbeitsvertrag, N 2 zu OR 335b, Zürich 2012
    • PORTMANN WOLFGANG / RUDOLPH ROGER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 6. Aufl. 2015, N 8 zu OR 335b
    • WEBER ROLF H., Berner Kommentar, 2. Aufl. 2005, N 19 zu OR 77

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