Der Besteller hat gestützt auf OR 366 Abs. 2 grundsätzlich das Recht auf Ersatzvornahme:
Grundsatz
Unbeschränkte Zulässigkeit
- Abgesehen von der nachfolgend erwähnten Ausnahme
Unbefugter Subunternehmerbeizug
- Ersatzvornahme auch wenn der Unternehmer unbefugter Weise Subunternehmer beizog
Erfolglose Nachbesserung des abgelieferten Werks
- Ersatzvornahme auch am im Falle einer Nachbesserung des abgelieferten Werks ist umstritten
- befürwortend: BGE 107 II 55 f.
Ausnahmen
Kein Ersatzvornahmeanspruch
- Werkmangel, den der Unternehmer wegen übermässiger Kosten nicht beheben muss (vgl. OR 368 Abs. 2)
- Vom Besteller selbst verschuldeter Werkmangel
Voraussetzungen
- Mangelhafte Erstellung
- Vertragswidrige Werkausführung
- Unternehmer-Verschulden
Rechtsfolgen
Besteller kann die Fortführung oder Verbesserung des Werk auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen
- Kein Erfordernis einer richterlicher Ermächtigung (anders als im Falle von OR 98)
- Vgl. BGE 107 II 55 f. – umstritten (vgl. GAUCH PETER, Werkvertrag, N 1285 ff.)
Recht auf Ersatzvornahme schliesst Rechtsbehelf von OR 107 Abs. 2 nicht aus (BGE 126 III 230)
- Besteller kann auch auf die versprochene Erfüllung verzichten und Schadenersatz verlangen
- BGE 4A_108/2009, BGE 4C.433/2005
Spezifischer Ersatzvornahme-Unternehmer-Einsatz
- Der Besteller darf den Ersatzvornahme-Unternehmer nur für die erforderlichen Verbesserungen, für die Ersatzvornahme-Voraussetzungen erfüllt sind, einsetzen und diesen nicht das ganze Werk fertigstellen lassen
Beweislast des Bestellers
- Der Besteller trägt die Beweislast, dass der Unternehmer das Werk nicht vertragsgemäss erstellen kann
Kosten und Gefahr
- Die Ersatzvornahme-Kosten und –gefahr trägt der Unternehmer
- Aufwendungsersatz
- zuzügl. allfällige Mehrkosten auf Seiten des Bestellers infolge des Beizugs eines Dritten
- Vorfinanzierungslast des Unternehmers
- Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Unternehmer die Ersatzvornahme-Kosten vorzuschiessen (vgl. BGE 128 III 416, BGE 126 III 233)
Ersatzvornahme durch Dritten oder durch den Besteller selbst
- Ersatzvornahme durch einen Dritten
- Der Besteller wird versuchen, einen befähigten bzw. befähigteren Unternehmer zu engagieren
- Recht zur Eigenvornahme
- Der Besteller hat das Recht, die Arbeiten, wenn er hiezu befähigt ist – auch selbst auszuführen
Vorzeitiges Rücktrittsrecht
- Anwendungsbeispiele
- Werkherstellung nicht möglich, infolge
- Unmöglichkeit bei Vertragsabschluss oder später
- Nichtverwendbarkeit der bisherigen Planunterlagen
- Abhängigkeit der Werkausführung von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers
- nicht mehr rechtzeitgier Werkvollendung trotz Ersatzvornahme
- unmöglicher Abhilfeschaffung durch die Ersatzvornahme
- Weitere Detailinformationen
- Werkherstellung nicht möglich, infolge
Art. 366 OR
3. Rechtzeitige Vornahme und vertragsgemässe Ausführung der Arbeit
1 Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
2 Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen oder ansetzen lassen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde.
Literatur
- ZINDEL GAUDENZ / PULVER URS, Basler Kommentar, N 28 ff. zu OR 366
Judikatur
Voraussetzungen
- BGE 4C.387/2001
- BGE 4C.130/2006 = BR 2008, 162
- BGE 4D_276/2010 = BR 2011, 82
Mängelrechte, Abmahnpflicht, Ersatzvornahme und Mängelfolgeschaden sowie Ersatzvornahmekosten
- ZR 119 (2020) Nr. 2, S. 2 ff.