Will der Besteller die Unternehmer-Mängelhaftung geltend machen kann, darf er das Werk nicht bereits genehmigt haben:
Definition
- Keine Werkgenehmigung = Besteller hat nicht erklärt, er betrachte das Werk als und er verzichte auf allfällige Mängelrechte
Grundlage
Grundsatz
Verlust der Mängelrechte durch verwirkende Genehmigung
- Hat der Besteller das Werk nach dessen Ablieferung genehmigt, kann er keine Mängelrechte mehr geltend machen, hat er doch diese durch Genehmigung verwirkt
Genehmigung
- Eine Genehmigung ist gegeben, wenn der Besteller erklärt, das Werk sei vertragskonform erstellt bzw. er verzichte auf allfällige Mängelrechte
- BGE 4C.130/2006 vom 08.05.2007, Erw. 4.1
- Die Genehmigungswirkung tritt auch dann ein, wenn es der Besteller versäumt, der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungs- und Anzeigepflicht nachzukommen (vgl. OR 370 Abs. 2)
- Die Vermutung, dass bei unterlassener Prüfung und Anzeige das Werk als genehmigt gilt, ist unwiderlegbar (gesetzliche Fiktion)
Genehmigungsumfang
- Genehmigungserstreckung
- Die Genehmigung umfasst nur
- bei der Abnahme erkennbare, offene Mängel
- vom Unternehmer nicht absichtlich verschwiegene Mängel
- Die Genehmigung umfasst nur
- Nichterstreckung der Genehmigung (keine Verwirkung / OR 370 Abs. 1)
- Von der Verwirkung ausgenommen bleiben
- versteckte Mängel
- verschwiegene Mängel
- Von der Verwirkung ausgenommen bleiben
- Absichtliche Verschweigung (OR 370 Abs. 2)
- Der Begriff der „absichtlichen Verschweigung“ hat die gleiche Bedeutung wie der kaufrechtliche Begriff der „arglistigen Verschweigung (OR 199)
Form der Genehmigung
Formfreiheit
- Stillschweigend oder konkludent
Unterlassene Mängelrüge gilt als stillschweigende Genehmigung
- Insbesondere die unterlassene Mängelrüge gilt als stillschweigende Genehmigung (vgl. OR 370 Abs. 2)
Prüfungspflicht
Grundsatz
- Nach der Werkablieferung hat der Besteller das Werk zu prüfen (OR 367 Abs. 1)
Rechtzeitige Prüfung
- Die Prüfungsfrist bestimmt sich nach der
- Natur des Werkes
- Übung
Sorgfältige Prüfung
- Das Sorgfaltsmass der Prüfung orientiert sich an der
- Natur des Werkes
- Übung
Anzeigepflicht
Mängelentdeckung
- Entdeckt der Besteller aufgrund seiner Prüfung Mängel am Werk, so hat er diese dem Unternehmer anzuzeigen (vgl. OR 201)
(sofortige) Rüge
- Die Mängelrüge sind zu rügen
- unverzüglich nach der Prüfung des Werks (OR 367 Abs. 1 a.E.)
- nach ihrer Entdeckung
Rügefrist
- Faustregel für Bauwerke: 7 Tage (BGE 4C.82/2004, Erw. 2.3)
Rügesubstantiierung
- Die Mängelrüge muss genügend substantiiert sein
- Der Unternehmer muss genau erkennen
- den konkreten Mangel
- den Willen des Bestellers, das Werk so nicht zu akzeptieren
- die Absicht hiefür den Unternehmer haftbar zu machen
- vgl. BGE 107 II 172, Erw. 1a
Rügemitteilung
- Adressat
- Unternehmer
- Erklärungsart
- Empfangsbedürftige Erklärung
Rügeform
- Keine gesetzliche Vorgabe
- Formfreiheit
- auch konkludent
- u.E. nicht aber stillschweigend (= Genehmigung; siehe oben „Form der Genehmigung)
Gesetzestexte
Art. 370 OR
d. Genehmigung des Werkes
1 Wird das abgelieferte Werk vom Besteller ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt, so ist der Unternehmer von seiner Haftpflicht befreit, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der Abnahme und ordnungsmässigen Prüfung nicht erkennbar waren oder vom Unternehmer absichtlich verschwiegen wurden.
2 Stillschweigende Genehmigung wird angenommen, wenn der Besteller die gesetzlich vorgesehene Prüfung und Anzeige unterlässt.
3 Treten die Mängel erst später zu Tage, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls das Werk auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
Art. 367 OR
4. Haftung für Mängel
a. Feststellung der Mängel
1 Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.
2 Jeder Teil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlangen.
Literatur
Form der Mängelrüge
- ZINDEL GAUDENZ / PULVER URS, Basler Kommentar, N 17 zu OR 367
Judikatur
- BGE 4C.130/2006
- BGE 4C.82/2004
- BGE 107 II 172