Der Grundbucheintrag wirft vor allem bei folgenden Themen Erläuterungsbedarf auf:
- Rechtsgeschäftliche Dienstbarkeit
- Grundbuchanmeldung
- Tagebuch
- Bedingte Dienstbarkeiten
- Befristete Dienstbarkeiten
- Grundbucheintragung
Das Eintragungsprinzip ist Ausfluss des im Immobilienverkehr anerkannten und tragenden Publizitätsprinzips. Auch bei Dienstbarkeiten muss sich der Dritte auf den Eintrag verlassen können. Es gilt somit das Prinzip des öffentlichen Glaubens [vgl. ZGB 973].
Rechtsgeschäftliche Dienstbarkeit
Vertraglich vereinbarte Dienstbarkeiten entstehen erst mit dem Grundbucheintrag (= Eintragungsprinzip). Der Dienstbarkeitsvertrag (mit Dienstbarkeitsplan) ist die Grundlage und damit notwendig, für sich alleine aber nicht ausreichend.
Grundbuchanmeldung
Ausgangspunkt über die Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit ist eine Grundbuchanmeldung.
Die Grundbuchanmeldung ist die Erklärung des zuständigen Grundeigentümers [vgl. ZGB 963]. Der Grundeigentümer hat dabei vorzulegen bzw. nachzuweisen [vgl. ZGB 965]:
- Verfügungsrecht
- Rechtsgrundausweis (Dienstbarkeitsvertrag [landläufig: Servitutsvertrag])
Tagebuch
Gestützt auf Rechtsgrundausweis und Grundbuchanmeldung erfolgt zunächst die Eintragung der Dienstbarkeit im Tagebuch (auch „Journal“) [vgl. ZGB 948] um schliesslich in der Reihenfolge der Tagebucheinträge im Hauptbuch der belasteten und bei Grunddienstbarkeiten auch der berechtigten Liegenschaft eingetragen zu werden [vgl. ZGB 945 Abs. 1].
Bedingte Dienstbarkeiten
- Suspensiv bedingte Dienstbarkeiten
- zulässig
- nicht eintragungsfähig, solange die Suspensivbedingung nicht eingetreten ist [vgl. BGE 87 I 317]
- Vermeidung der Eintragung einer Dienstbarkeit, die richtigerweise gar noch nicht entstanden ist
- Resolutiv bedingte Dienstbarkeiten
- zulässig
- eintragungsfähig [vgl. BGE 106 II 329; betraf den Fall, dass ein Wohnrecht bei Wiederverheiratung der dienstbarkeitsbegünstigten Witwe erlöschen solle]
- Problematik
- erloschene Dienstbarkeit bleibt eingetragen, bis zur Löschung
- gleiches tritt beim Tode des Dienstbarkeitsberechtigten ein [vgl. ZGB 749 Abs. 1 und ZGB 776 Abs. 3]
Befristete Dienstbarkeiten
- zulässig
- eintragungsfähig
- eindeutiger Fristenablauf
- Fristablauf muss aus dem Grundbuch ersichtlich sein
- Gesetzliche Befristungen
- Nutzniessung für eine juristische Person [vgl. ZGB 749 Abs. 3]
- Selbständiges und dauerndes Baurecht [vgl. ZGB 779l]
Weiterführende Informationen
- Judikatur
- Allgemeines
- BGE 111 II 30
- ZBGR 66 (1985) Nr. 70 S. 332 f.
- BGE vom 30.11.1979, in: ZBGR 63 (1982) S. 377 ff.
- Bedingte Dienstbarkeiten
- BGE 87 I 317
- BGE 106 II 329
- Befristete Dienstbarkeiten
- ZBGR 54 (1973) Nr. 23 S. 239 ff. = SemJud 1973 S. 376 ff.
- Allgemeines
- Lehre
- RIEMER MICHAEL, Die beschränkten dinglichen Rechte, Grundriss des schweizerischen Sachenrechts Band II, Bern 1986, S. 52 f.
Grundbucheintragung
Die Grundbucheintragung setzt folgende Belege voraus bzw. enthält folgende Bestandteile des Grundbuchs:
- Grundbuchbelege
- Rechtsgrundausweis (Rechtsgrund)
- Grundbuchanmeldung
- Stichwort des Grundbucheintrag (im Grundbuchblatt) des belasteten Grundstücks
- Servitutenprotokoll-Text
Bei Grunddienstbarkeiten hat der Eintrag auch als „Recht“ im Grundbuchblatt des berechtigten Grundstücks zu erfolgen [vgl. ZGB 968]. Für die Entstehungswirkung der Dienstbarkeit ist grundsätzlich der Eintrag der Belastung in der „Dienstbarkeitsspalte“ relevant; ob auch der Eintrag des „Rechts“ auf dem Blatt der berechtigten Liegenschaft die nämlichen Wirkung zeitigt, ist umstritten [vgl. BGE 95 I 614, Erw. 3; die Grundsatzfrage wurde nicht beantwortet].
Das Servitutenprotokoll (SP) enthält nur den dinglichen Textteil. – Sofern und soweit die Grundbucheinrichtung ein Servitutenprotokoll (SP) führt, schafft dieses Klarheit, welcher Dienstbarkeitsinhalt automatisch auf den Erwerber übergeht. Fehlt ein Servitutenprotokoll (SP), muss der direkt Bestandteil des Grundbucheintrags bildende Rechtsgrundausweis für die Frage des Rechtsübergangs konsultiert werden. Mit dem seit 01.01.2012 geltenden umfassenden Beurkundungszwang dürfte dies wieder rechtsklarer werden. Zuvor musste der Grundbuchverwalter eine Dienstbarkeit auch auf Basis des von den Parteien verfassten privatschriftlichen Dienstbarkeitsvertrages eintragen, wobei die Parteien in der Regel bei der Vertragsgestaltung nach einem Vertragsteil der beschränkt dinglichen Vertragsregeln, der dem Grundbucheintrag zugänglich ist, und den rein obligatorischen, inter partes wirkenden Abreden und Klauseln unterschieden.
Für die neu einzutragende Dienstbarkeit gilt mit Bezug auf die Eintragung im Grundbuchblatt der belasteten Liegenschaft(!) das Prinzip der Alterspriorität:
- Die Dienstbarkeit erhält das Datum der Eintragung im Tagebuch [vgl. ZGB 972]
- Zeitlich früher eingetragene Rechte (Vormerkungen, Dienstbarkeiten, Grundlasten und Grundpfandrechte) gehen der neuen Dienstbarkeit im Range der dinglichen Sicherheit
- Ausnahme
- Nachstellung vorgehender Rechte mit Zustimmung des Berechtigten
- Ausnahme
- Vgl. auch ZBGR 66 (1985) Nr. 70 S. 332 f.
Obwohl durch die Dienstbarkeit oft nur Teile des Grundstücks betroffen sind (Ausübungsfläche), erfasst die Dienstbarkeitslast eintragungsmässig das ganze Grundstück.
Bei den Selbständigen und dauernden Rechten wird für die Berechtigung ein eigenes Grundbuchblatt eröffnet [vgl. ZGB 943 Abs. 1 Ziffer 2 und Abs. 2].
Art. 731 ZGB
1 Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch.
2 Für Erwerb und Eintragung gelten, soweit es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Grundeigentum.
3 Die Ersitzung ist nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an denen das Eigentum ersessen werden kann.
Art. 732 ZGB
1 Das Rechtsgeschäft über Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
2 Beschränkt sich die Ausübung einer Dienstbarkeit auf einen Teil des Grundstücks und ist die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben, so ist sie in einem Auszug des Planes für das Grundbuch zeichnerisch darzustellen.
Weiterführende Informationen
- Nutzniessung an Fahrnis und Rechten
- Auch die Nutzniessung an Fahrnis und Rechten erfordert ein Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
- Verpflichtungsgeschäft: formfrei
- Verfügungsgeschäft nach den jeweiligen Übertragungsregeln bzw. unter Beachtung des Traditionsprinzips bei Fahrnis und des Publizitätsprinzips
- Bewegliche Sachen: Besitzesübergabe
- Rechte: Zession [vgl. OR 165 Abs. 1]
- Auch die Nutzniessung an Fahrnis und Rechten erfordert ein Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
- Eigentümerdienstbarkeit
- Heute zu behandeln wie jede andere Dienstbarkeit; bis zum 31.12.2011 war eine Grundbuchanmeldung, enthaltend den Dienstbarkeitstext, ausreichend
- Ersitzung
- Ordentliche Ersitzung (Tabularersitzung) [vgl. ZGB 661]
- Erwerb einer ungerechtfertigter Weise ununterbrochen und unangefochten ausgeübten Dienstbarkeit, bei der der Dienstbarkeitsberechtigte ungerechtfertigt im Grundbuch eingetragen war
- Ausserordentliche Ersitzung (Extratabularersitzung) [vgl. ZGB 662]
- Spezielles amtliches Auskündungsverfahren nach ZGB 662 Abs. 3
- Ordentliche Ersitzung (Tabularersitzung) [vgl. ZGB 661]
- Enteignung
- Die Dienstbarkeit entsteht mit der Bezahlung der Enteignungsentschädigung an den Enteigneten [vgl. EntG 91].
- Die ausserbuchlich erworbene Dienstbarkeit ist nachträglich noch im Grundbuch einzutragen [vgl. EntG 93]
- Dem Grundbucheintrag kommt deklaratorische Bedeutung zu.
- Vermächtnis
- Mit dem Tode des Erblassers wirksam werdendes Vermächtnis gewährt dem Vermächtnisnehmer lediglich einen obligatorischen Anspruch gegenüber den Erben auf Eintragung der betreffenden Dienstbarkeit im Grundbuch [vgl. ZGB 562].
- Legalservitut
- Rechtskräftiges Gerichtsurteil lässt die Legalservitut ausserbuchlich entstehen [vgl. ZGB 665 Abs. 2 per analogia]
- Der Dienstbarkeitsberechtigte kann die Dienstbarkeit ohne Mitwirkung des Dienstbarkeitsbelasteten zur Eintragung anmelden [vgl. ZGB 665 Abs. 2 und ZGB 963 Abs. 2]
- Richterliche Zusprechung einer Dienstbarkeit
- zB infolge Nichterfüllung des Dienstbarkeitsvertrages durch Nichtabgabe der Grundbuchanmeldung
- Verfügungsbeschränkung im Sinne von ZGB 960 Abs. 1 Ziffer 1
- Vgl. ZBGR 65 (1984) Nr. 27, S. 204 f. (betraf einen Fall der Nichterfüllung des Anspruchs auf Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrages)
- zB infolge Nichterfüllung des Dienstbarkeitsvertrages durch Nichtabgabe der Grundbuchanmeldung