Die Charakteristika des Überbaurechts sind stichwortartig wiedergegeben:
Funktion
- Beschränktes dingliches Recht auf (Bauen im Vereinbarungsfall und) Fortbestehenlassen eines Überbaus, d.h. eines Teils der Baute auf dem Nachbargrundstück [vgl. ZGB 674 und BGE 105 Ib 191 f.]
Bedeutung
- Überbaurechte sind in der Praxis häufig anzutreffen
- Anwendungsfälle (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
- Gesetzlicher Anspruch auf Einräumung eines Überbaurechts
- Altstadtbauten mit ineinandergreifenden Raumüberbauten mangels grenzgetreuer Bauweise in früheren Zeiten
- Irrtümliche Grenzüberstellung
- Unterirdische Keller [vgl. BGE ZBGR 48 (1967) Nr. 21 S. 80 ff.]
- Erdbewegung mit Verschiebung der Baute
- Mauerausbauchung
- Analoge Anwendung des Überbaurechts bei Überschreitung einer Bauverbots- oder Baubeschränkungsdienstbarkeit am eigenen Grundstück
- Im Voraus vereinbarter Überbau
- Verdichtetes Bauen
- Terrassenhäuser (als Alternative zu Stockwerkeigentum)
- Zwischenbau
- Passerellenbau
- Temporärer Überbau bis zum Quartierplan-Vollzug
- Weitere Konstellationen, siehe in BGE 98 II 104 f.
- Verneinung bei Strassenkörper [vgl. ZBGR 64 (1983) Nr. 19 S. 91]
- Gesetzlicher Anspruch auf Einräumung eines Überbaurechts
Gesetzliche Ausgestaltung
Begründung
- als Grunddienstbarkeit
- Gesetzlicher Anspruch auf Einräumung eines Überbaurechts (Legalservitut)
- Unberechtigter Überbau und Bau auf fremdem Boden [vgl. ZGB 674 Abs. 3 und ZGB 671 bis ZGB 673]
- Unterbleiben rechtzeitiger Einsprache seitens des durch den Überbau beeinträchtigten Nachbarn
- Guter Glaube des Überbauenden
- Anspruch auf Einräumung einer Überbaudienstbarkeit oder Zuweisung des Eigentums am überbauten Boden an den Überbauenden?
- Vgl. BÜRGISSER ADOLF, Das Überbaurecht des ZGB und des BGB, Diss. Zürich 1978, S. 339 ff.
- Überragende Bauten und Vorrichtungen zur Abgrenzung von 2 Grundstücken [vgl. ZGB 674 und ZGB 670]
- Unberechtigter Überbau und Bau auf fremdem Boden [vgl. ZGB 674 Abs. 3 und ZGB 671 bis ZGB 673]
- Vertraglicher Überbau
- als Grunddienstbarkeit
- Öffentliche Beurkundung des Dienstbarkeitsvertrags samt Planbeilage + Grundbucheintrag
Gegenstand
- „Überragen von Bauten und anderen Vorrichtungen“
- von einem Grundstück auf ein anderes
- Überbau
- oberirdisch
- unterirdisch
- im Luftraum
- überragende Keller
- überragende Räume bei aneinander gebauten Gebäuden
- Anbau einen bestehenden Überbau
- Zwischenbau
- zwischen 2 Gebäuden
- Passerelle, u.U auch über eine Strasse hinweg
Keine bauliche und funktionelle Unabhängigkeit
- Beim Überbaurecht [ZGB 674] muss die überragende Baute nicht baulich und funktional von den Bauten auf dem belasteten Grundstück getrennt sein
- Vgl. ZBGR 1967 S. 80 mit Bemerkung von LIVER PETER, S. 87
Rechte und Pflichten
- Überbauberechtigter
- Recht auf Bau und Fortbestehenlassen
- Durchbrechung des Akzessionsprinzips
- Überbaubelasteter
- Duldung des Überbaus
- Weitere Duldungen (zB Erschliessungsanlagen zum Überbau)
Einräumungsentschädigung
- Entschädigung üblich
- Entschädigungsanspruch bei unberechtigtem Überbau
- Zusammensetzung?
- Einräumungsentschädigung
- Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung
- Ersatz für privatrechtliche Expropriation
- Kapital oder Rente?
- Zusammensetzung?
- Gegenleistung bei vertraglichem Überbaurecht
- Kapitalisierung des Grundstücknutzens auf die mutmassliche Gebäudedauer, ev. unter Zuhilfenahme von Barwerttafeln
- Tauschweise Tilgung
- zB Einräumung von selbständigen und dauernden Parkplatz-Benützungsrechten in der überstellten Unterniveaugarage (UNG)
Ausübungsentschädigung
- in der Regel wird nicht eine wiederkehrende Ausübungsentschädigung zugesprochen bzw. vereinbart; unzulässig ist eine solche Abrede aber nicht
Judikatur
- BGE 105 Ib 191 f.
- BGE 98 II 104 f.
Literatur
- BÜRGISSER ADOLF, Das Überbaurecht des ZGB und des BGB, Diss. Zürich 1978, 561 S.
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