Haben sich die Verhältnisse verändert und ist daher die Belastungsstelle anzupassen, finden die Regeln von ZGB 742 Anwendung:
Grundsatz
Für die Verlegung einer Dienstbarkeit wird folgendes vorausgesetzt:
- Interessennachweis des belasteten Eigentümer
- Wirtschaftliches Interesse (Regelfall)
- ästhetisches Interesse
- immaterielles Interesse
- Verlegung der Dienstbarkeitsvorrichtung auf eigene Kosten
- Vorhandensein einer für den Berechtigten ebenso geeigneten Stelle
- auf dem belasteten Grundstück
- an eine „für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle“, wobei Lehre und Rechtsprechung zumutbare Verschlechterungen für den Berechtigten zulässt (BGer 5C.91/2004, Erw. 5; BGer 5C.275/2000, Erw. 3a), und zwar aufgrund des Gebots der schonenden Rechtsausübung (vgl. ZGB 737 Abs. 2; BGE 88 II 150 ff.; BGer 5C.91/2004, Erw. 5)
- Wirtschaftliche Gleichwertigkeit für den Berechtigten (vgl. BGE 147 III 215)
- gleicher Nutzen für den Berechtigten, d.h. gleiche Vorteile und Annehmlichkeiten in der Ausübung (vgl. BGE 147 III 215)
- auf einem andern Grundstück des belasteten Eigentümers [vgl. BGE 88 II 150]
- auf dem Grundstück eines Dritten, sofern dieser mit der geplanten Belastung einverstanden ist
- auf dem belasteten Grundstück
Beispiel
- Verlegung vom belasteten, zu überbauenden Grundstücksteil auf einen andern, frei bleibenden Teil des Baugrundstücks
Verlegungsanspruch auch bei Dienstbarkeit zu Lasten bestimmter Stelle
Das Recht auf Verlegung der Dienstbarkeit steht dem Dienstbarkeitsbelasteten nach ZGB 742 Abs. 2 auch dann zu, wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch auf eine bestimmte Stelle festgelegt wurde; dies ist angesichts der präziser gewordenen Redaktionspraxis der Urkundsbeamten bei Dienstbarkeiten zum Regelfall geworden.
Vgl. auch Grundbuch-Bestandteile
Literatur
- MANGISCH JONAS, Die Verlegung von Grunddienstbarkeiten unter besonderer Berücksichtigung von Art. 742, Bern 2020, 192 S.
- SCHMID JÖRG / HÜRLIMANN-KAUP BETTINA, Sachenrecht, 5., ergänzte, verbesserte und nachgeführte Auflage, Zürich 2017, Rz 1292 / S. 386
- LIVER PETER, Zürcher Kommentar, N32 zu ZGB 742
- PFÄFFLI ROLAND / LIECHTI FABRIZIO ANDREA, Kostentragung bei Verlegung von Leitungsdienstbarkeiten – Eine intertemporale Betrachtung, in: Jusletter vom 11.11.2013
- BESSON CHARLES, La suppression et l’adaptation des servitudes par le juge, JdT 1969 I S. 279 f.
Judikatur
- Parzellierung nach aZGB 744
- ZBGR 56 (1975) Nr. 12 S. 91 und Nr. 19 S. 198
- Verlegungsinteresse
- BGer 5A_178/2011, Erw. 4.1, mit Hinweisen (auch ästhetischer oder anderes immaterielles Interesse)
- Verlegungsort
- 5A_128/2020 vom 13.04.2021 = BGE 147 III 215 (limitierte Durchfahrtshöhe)
- BGer 5C.91/2004, Erw. 5
- BGer 5C.275/2000, Erw. 3a
- BGE 88 II 150 ff. (schonende Rechtsausübung)
- BGer 5C.91/2004, Erw. 5 (schonende Rechtsausübung)
- Verlegung der Ausübung in einen anderen Grundstücksteil
- BGE 5A_797/2013 = Pra 2015 Nr. 66 S. 513 = ZBGR 97 (2016) 261 ff.
- Sicherstellungspflicht des belasteten Grundeigentümers zu baulichen Massnahmen, dass der Eigentümer des berechtigten Grundstücks durch die Verlegung nicht benachteiligt bzw. beeinträchtigt wird
- AR GVP 2004, S. 118 ff. (KG Appenzell-Ausserrhoden)