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Vertrag / Vertragsrecht

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Chartervertrag

Rechtsgebiet:
Vertrag / Vertragsrecht
Stichworte:
Vertragsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Beim Chartervertrag wird dem Charterer vom Vercharterer ein Transportmittel (in der Regel ein Schiff oder Flugzeug) inkl. der Besatzung für eine Zeit und Reise zur ausschliesslichen Disposition überlassen.

Begriff

  • Chartervertrag   =   Vercharterer überlässt Charterer Transportmittel mit Besatzung und Ausrüstung gegen eine Vergütung

Grundlage

  • Die Zulässigkeit Innominatkontrakte abzuschliessen und neue Verträge zu kreieren, liegt in der Vertragsfreiheit

Abgrenzungen

  • Zum Beförderungsvertrag
    • Charterer garantiert seinem Vertragspartner keine Ortsveränderung
    • Charterer entscheidet, welche Personen oder Waren transportiert werden. Er kann das auch jederzeit selber ändern
  • Zum Werkvertrag
    • Im Gegensatz zum Werkvertrag wird beim Chartervertrag kein eigentlicher Leistungserfolg, sondern ein bestimmtes Tätigwerden des Vercharterers verlangt
    • Vgl. Werkvertrag
  • Zum Mietrecht
    • Keine Gebrauchsüberlassung des gecharterten Transportmittels
      • Vercharterer bleibt – im Gegensatz zu einem normalen Vermieter – während der ganzen Zeit unmittelbarer Besitzer des vercharterten Transportmittels
        • sog. Wet Lease
      • Vercharterer behält während der gesamten Vertragszeit auch die Kontrolle über das Transportmittel
  • Zum Pauschalreisevertrag
    • Beim Chartervertrag mangelt es an der Kombination von zwei Hauptreiseleistungen, die in der Regel von einem Reiseveranstalter oder Reisemakler zusammengestellt werden

Rechtsnatur

  • Gesetzliche Regelung nur für Chartervertrag bei der Seeschifffahrt
  • In den anderen Fällen Innominatvertrag sui generis

Zweck

  • Zweck des Chartervertrages kann sehr unterschiedlich sein
    • Transport von Waren
    • Urlaub
    • Erfüllung eines Beförderungsvertrages eines Dritten
    • uam

Erscheinungsformen

  • Nach Transportmittel
    • Schiffcharter-Vertrag
    • Flugzeugcharter-Vertrag
    • Carcharter-Vertrag
    • Eisenbahncharter-Vertrag
    • Etc.
  • Nach Kapazität
    • Vollchartervertrag
      • Bei einem Vollchartervertrag wird das gesamte Schiff gechartert
    • Teilcharter / Raumcharter
      • Bei einem Teilchartervertrag / Raumcharter wird ein Teil bzw. bestimmter Raum innerhalb des Transportmittels gechartert
  • Nach Dauer
    • Zeitchartervertrag
      • Transportmittel wird für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt
  • Nach Reiseweg
    • Reisecharter
      • Transportmittel wird für eine genau definierte Reise gechartert
  • Nach Parteiverhältnis
    • Eigencharter:
      • Zweiparteiverhältnis
      • Charterer nutzt Transportmittel selbst
    • Fremdcharter
      • Dreiparteienverhältnis
        • Mietcharter: Charterer tritt als Beförderer auf
        • Transportcharter: Vercharterer tritt als Beförderer auf

Zustandekommen

  • Es gilt die Formfreiheit gemäss OR 11
  • In der Regel werden die Charterverträge schriftlich, oft unter Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abgeschlossen

Rechte/Pflichten

  • Vercharterer
    • Transportmittel muss dem Charterer zur freien Disposition übertragen werden
    • Besatzungsdienstleistungen müssen erfüllt werden
    • Überwachung der Ware muss sichergestellt werden
    • Sicherung der Ware
    • Entgegennahme von Gütern oder Ablieferung dieser Güter an einem bestimmten Ort (Reisecharter)
    • Weitere vertraglich festgelegte Pflichten
      • Aufgrund der diversen Erscheinungsformen des Chartervertrages, sind je nach Vertrag viele weitere spezifische Pflichten möglich
  • Charterer
    • Bezahlung der vertraglich vereinbarten Chartergebühren
    • Verzicht Weitergabe des gecharterten Transportmittels an Dritte
    • Kontrolle- und Wartungsmassnahmen
    • Bezahlung von Betriebsmitteln
    • Weitere vertraglich festgelegte Pflichten
      • Aufgrund der diversen Erscheinungsformen des Chartervertrages, sind je nach Vertrag auch auf Seite des Charterers viele weitere spezifische Pflichten möglich

Leistungsstörungen

  • Allgemein
    • Im Falle von Leistungsstörungen kommen – sofern die Folgen der Leistungsstörungen nicht vertraglich geregelt wurden – im Grundsatz die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts zur Anwendung.
    • Je nach Leistungsstörung kann sich aber im konkreten Einzelfall auch eine analoge Anwendung einer Bestimmung anbieten, die im besonderen Teil des Obligationenrechts verankert ist
  • Leistungsunmöglichkeit
    • Hat der Schuldner die nachträgliche Leistungsunmöglichkeit zu vertreten, richtet sich die Rechtsfolgen nach OR 97 Abs. 1
      • Wirkung
        • Schadenersatz
        • Der Gläubiger kann auch analog zu OR 107 Abs. 2 und 109 vom Vertrag zurücktreten
      • Anwendungsfälle
        • Vercharterer verkauft bereits vom Charterer reserviertes Transportmittel
    • Ist die nachträgliche Leistungsunmöglichkeit vom Schuldner nicht zu vertreten, kommt OR 119 zu Anwendung
      • Wirkung
        • Schuld gilt als erloschen
        • Bereits erhaltene Gegenleistungen müssen zurückerstattet werden
      • Anwendungsfälle
        • Verchartertes Transportmittel wird durch Hurrikan zerstört
  • Schlechterfüllung
    • Mögliche Arten der Schlechterfüllung
      • Insbesondere, wenn gechartertes Transportmittel Mängel aufweist
    • Haftung für Schlechterfüllung
      • Schadenersatz durch Vercharterer nach den allgemeinen vertraglichen Regeln (OR 97 ff.)
        • Schadenersatzpflicht
        • Der Gläubiger kann auch analog zu OR 107 Abs. 2 und 109 vom Vertrag zurücktreten
  • Verzug
    • Schuldnerverzug
      • Wirkung
        • Gläubiger kann beim Verzug des Schuldners gemäss OR 107 Abs. 1 und 109 vom Vertrag zurücktreten oder am Vertrag festhalten und das positive Interesse geltend machen
        • Ersatz des Verspätungsschadens (OR 103)
      • Anwendungsfall
        • Gechartertes Schiff liegt am vereinbarten Tag nicht im vereinbarten Hafen
        • Charterer bezahlt vertraglich vereinbarter Charterpreis nicht rechtzeitig und wird vom Vercharterer gemahnt
    • Gläubigerverzug
      • Wirkung
        • Der Schuldner kann nach den Vorschriften über den Schuldnerverzug vom Vertrag zurücktreten und die Rechte gemäss OR 107 Abs. 2 geltend machen
          • Positives oder negatives Vertragsinteresse geltend machen
      • Anwendungsfall
        • Charter holt am vereinbarten Tag, das im korrekten Hafen liegende Schiff nicht ab

Beendigung

  • Beendigung nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Dauer  
  • Beim Zeitchartervertrag muss das Transportmittel für die Beendigung des Vertrages wieder an dem Ort sein, wo es gechartert wurde
  • Ansonsten verlängert sich der Vertrag bis zur erfolgten Rückkehr des Transportmittels in den vereinbarten Hafen
  • Chartervertrag kann nicht analog zum Auftrag gemäss OR 404 jederzeit aufgelöst werden

International

  • In den meisten Fällen – insbesondere bei Charterverträgen über grosse Transportmittel für den internationalen Warentransport – werden bei Charterverträgen sowohl der Gerichtsstand als auch das anwendbare Recht zum Voraus festgelegt
  • Sollten Gerichtsstands- und oder Rechtswahlklauseln fehlen, kommen die folgenden kollisionsrechtlichen Bestimmungen (LugÜ und IPRG) zum Tragen

Literatur

  • WIEDE ANDREAS, Reiserecht: Schweizer Handbuch zu den Verträgen über Reiseleistungen, Zürich 2014, S. 111 ff.
  • HOCHSTRASSER MICHAEL, Der Beförderungsvertrag: die Beförderung von Personen und Gütern nach schweizerischem Recht und im Vergleich mit ausgewählten internationalen Übereinkommen, Habil.-Schrift, Zürich 2015, S. 288 ff.

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