Bei der Zahl der Dienstbarkeitsberechtigten sind folgende Situationen anzutreffen:
Mehrere Berechtigte = Annahme mehrerer Dienstbarkeiten
- Mehrere Dienstbarkeitsberechtigte [vgl. ZGB 730 Abs. 1]
- = So viele Dienstbarkeiten wie berechtigte Grundstücke (= Theorie des Bestehens einzelner Dienstbarkeiten)
- vgl. LIVER PETER, N 30 + N 28 zu ZGB 730 sowie N 30 zu ZGB 743
- vgl. auch OGer ZH, in: ZBGR 66, S. 332 f.
- Ergebnis ergibt sich auch aus dem Wortlaut der Unterhaltspflicht, vgl. ZGB 743
- Folge
- Verhältnis wie wenn einzelne Dienstbarkeiten eingeräumt worden wären, für die Ausübung dienen einzig die gleichen baulichen Anlagen
- Verhältnis unter den mehreren Dienstbarkeitsberechtigten
- bei gleichlautendem Inhalt und somit hinsichtlich Ausübung in Konkurrenz stehenden Dienstbarkeiten
- Anwendung des Prinzips der Alterspriorität
- Vgl. PIOTET PAUL, SPR V/1, S. 528 ff. und REY HEINZ, Systematischer Teil, N 247 ff.
- Negative Dienstbarkeiten
- Theorie des Bestehens einzelner Dienstbarkeiten und Anwendung des Altersprioritätsprinzips bieten keine Probleme
- Positive Dienstbarkeiten
- Theorie des Bestehens einzelner Dienstbarkeiten und Anwendung des Altersprioritätsprinzips bieten ebenso keine Probleme
- Schicksalsgemeinschaft der mehreren Berechtigten
- = Dienstbarkeits-Anlagen oder –Vorrichtungen auf dem belasteten Grundstück, die von mehreren Dienstbarkeitsberechtigten, allenfalls zusammen mit dem Dienstbarkeitsbelasteten, gemeinsam genutzt und betrieben werden
- Es lässt sich die Sach- und Rechtslage nicht gerecht in oben dargestellte Regeln einordnen
Weiterführende Informationen
- REY HEINZ, Systematischer Teil, N 251
Schicksalsgemeinschaft der mehreren Berechtigten
Die Schicksalsgemeinschaft der mehreren Berechtigten orientiert sich danach, ob
- die Dienstbarkeitsanlage eine bauliche Selbständigkeit aufweist oder, ob sie Bestandteil der Baute auf dem belasteten Grundstück ist.
Zu den Einzelheiten:
- Dienstbarkeitsanlage im Miteigentum
- = selbständiges Bauwerk bzw. selbständige Vorrichtung im Sinne von ZGB 675
- zB Kanalisationsleitung [BGE 111 II 26 = ZBGR 68 S. 90]
- Sondereigentum
- Verhältnis unter den mehreren Dienstbarkeitsberechtigten
- = Miteigentum
- Miteigentumsqualifikation
- „Sind mehrere Berechtigte gestützt auf dieselbe Dienstbarkeit an einer gemeinschaftlichen Vorrichtung beteiligt und ist nichts anderes vereinbart, so sind die für Miteigentümer geltenden Regeln sinngemäss anwendbar.“ (ZGB 740a Abs. 1; Inkraftsetzung: 01.01.2012)
- Vgl. Miteigentum
- Vgl. LIVER PETER, N 41 zu ZGB 743, BGE 111 II 26 = ZBGR 68 S. 90, BGE vom 18.06.1937, in: ZBGR 19 S. 42
- „Sind mehrere Berechtigte gestützt auf dieselbe Dienstbarkeit an einer gemeinschaftlichen Vorrichtung beteiligt und ist nichts anderes vereinbart, so sind die für Miteigentümer geltenden Regeln sinngemäss anwendbar.“ (ZGB 740a Abs. 1; Inkraftsetzung: 01.01.2012)
- Ausscheidensausschluss
- „Das Recht, durch Verzicht auf die Dienstbarkeit aus der Gemeinschaft auszuscheiden, kann durch Vereinbarung in der für den Dienstbarkeitsvertrag vorgesehenen Form auf höchstens 30 Jahre ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung kann im Grundbuch vorgemerkt werden.“ (ZGB 740a Abs. 2; Inkraftsetzung: 01.01.2012)
- Ausnahme
- Kein Sondereigentum möglich, wenn die Dienstbarkeitsanlage Bestandteil der Baute auf dem belasteten Grundstück ist
- Miteigentumsqualifikation
- = selbständiges Bauwerk bzw. selbständige Vorrichtung im Sinne von ZGB 675
- Dienstbarkeitsanlage im Eigentum des belasteten Grundeigentümers
- = Dienstbarkeitsanlage weist keine Selbständigkeit auf
- Es kann kein gesondertes Eigentum an der Dienstbarkeitsanlage bestehen
- Die Anlage ist Bestandteil des Grundstücks und damit im Eigentum des dienstbarkeitsbelasteten Eigentümers
- Eigentümer muss die Nutzung der Dienstbarkeitsanlagen durch die mehreren Berechtigten dulden
- Mangels gesetzlicher Grundlage ist hier das Miteigentumsrecht nicht anwendbar
- Gesetzliche Annahmen
- Dienstbarkeitsanlage dient dem Dienstbarkeitsberechtigten
- Dienstbarkeitsberechtigter hat die Dienstbarkeitsanlage allein zu unterhalten
- = Dienstbarkeitsanlage weist keine Selbständigkeit auf
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen
- REY HEINZ, Systematischer Teil, N 251
Schicksalsgemeinschaft von Berechtigten und Belastetem
Die Schicksalsgemeinschaft der mehreren Berechtigten orientiert sich danach, ob
- die Dienstbarkeitsanlage nur von den mehreren Berechtigten benutzt (siehe Schicksalsgemeinschaft der mehreren Berechtigten) oder, ob sie auch vom Belasteten mit genutzt wird.
Zu den Einzelheiten:
- Dienstbarkeitsanlage im Dienste sowohl des Dienstbarkeitsbelasteten als auch der Dienstbarkeitsberechtigten
- Tragung der Unterhaltskosten durch den Berechtigten und den Belasteten im Verhältnis ihres Interesses
- Damit ist nur die Kostenregelungsgrundsatz gesetzlich geregelt,
- nicht aber die Qualifikation des Rechtsverhältnisses
- nicht das rechtliche Verhältnis unter den mehreren Dienstbarkeitsbeteiligten (Berechtigte und Belasteter) in Bezug auf den Anlagen-
- Betrieb
- Unterhalt
- Erneuerung
- = einfache Gesellschaft (als Subsidiärform)
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen
- REY HEINZ, Systematischer Teil, N 251