Funktion
- Beschränktes dingliches Recht auf (Anschluss und) Durchleitung
Bedeutung
- Verbreitung
- sehr verbreitet, auch aus topografischen Gründen oder wegen der erst spät eingeführten Raumordnung in der Schweiz
- Anwendungsfälle
- Aus technischen Gründen (Leitungs- und Materien-Flussgefälle) bzw. sonstiger Leitungsführung rechtfertigen einen Leitungsverlauf ohne Rücksicht auf die nachbarlichen Grenzen
- In abgelegenen Orten mit Streubauweise und schlechter öffentlich-rechtlicher Erschliessung mit Ver- und Entsorgungsleitungen
- In städtischen Verhältnissen, meistens in zweiter oder dritter Bautiefe
- In Gross- und Arealüberbauungen mit privaten Zentralheizungsanlagen bzw. Energieanlagen
Ausgestaltung
Grundlage
- Keine besondere gesetzliche Regelung
- Massgeblichkeit der allgemeinen Bestimmungen von ZGB 730 ff.
Begründung
- Öffentliche Beurkundung des Dienstbarkeitsvertrags (samt Dienstbarkeitsplan [mit Einzeichnungen des Leitungsverlaufs, der Schächte und der Anschlüsse etc.]) + Grundbucheintrag
- als Grunddienstbarkeit
Rechte und Pflichten
- Durchleitungsberechtigter
- Recht auf Anschluss und Durchleitung (in eine bestehende Leitung; im Gegensatz zum Leitungsbaurecht, wo der Berechtigte die Leitung in eigenem Namen und auf eigene Rechnung erstellt)
- Durchleitungsbelasteter
- Duldung des Anschlusses und der Durchleitung des vereinbarten Mediums
- Weitere Duldungen
- Leitungsbaurecht bis zum Anschlusspunkt (eigener Leitungsbau des Berechtigten, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung)
Verlegungskosten
- Vgl. ZGB 742
- Verweis auf die gesetzliche Ordnung
- Abrede der Kostentragungspflicht in jedem Fall durch den Berechtigten
Kostenteiler-Abreden (bei langen, zB in abgelegene Weiler führende Leitungen)
- Vgl. ZGB 741
- Nutzung nur durch den Berechtigten
- Der Berechtigte hat Kosten alleine zu tragen [vgl. ZGB 741 Abs. 1]
- Nutzung durch den Berechtigten und den Belasteten
- Kostentragung durch den Berechtigten und den Belasteten im Verhältnis ihrer Interessen [vgl. ZGB 741 Abs. 2, 1. Satz]
- Abweichende Kostentragung muss aus den Grundbuchbelegen hervorgehen [vgl. ZGB 741 Abs. 2, 2. Satz]
- Nutzung durch mehrere Berechtigte, auch nachträglich dazu gestossene (Miteigentümer oder Gesamteigentümer?)
- Auslegung von Vertrag und Gesetz, im individuell konkreten Einzelfall!
- Nutzung nur durch den Berechtigten
- Kostentragungsabrede unter den Berechtigten?
- Benutzungs- und Verwaltungsordnung (Miteigentum an der Leitung? Vgl. ZGB 649 Abs. 1)
- Gegenstand
- Betrieb
- Unterhalt
- Erneuerung
- Einkauf
- Regelung der Kostentragung
- Regelung der Kostentragung bei Nichtbenützung der Leitung
- vgl. Entscheid des OGer ZH in Sachen E. AG vs. Gemeinde E. vom 22.01.1985
Einräumungsentschädigung
- meistens Einmalentschädigung zu Beginn
- ev. Einkaufsentschädigung in bestehende Leitungsanlage (vor allem bei langen, kostenaufwändigen Leitungen, für die der Belastete seinerseits Dritte entschädigen musste)
Ausübungsentschädigung
- in der Regel keine wiederkehrende Leistungen
Art. 741 ZGB
1 Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
2 Dient die Vorrichtung auch den Interessen des Belasteten, so tragen beide die Last des Unterhalts im Verhältnis ihrer Interessen. Eine abweichende Vereinbarung ist für den Erwerber des berechtigten und den Erwerber des belasteten Grundstücks verbindlich, wenn sie sich aus den Belegen des Grundbuchs erschliessen lässt.
Art. 742 ZGB
1 Wird durch die Ausübung der Grunddienstbarkeit nur ein Teil des Grundstückes in Anspruch genommen, so kann der Eigentümer, wenn er ein Interesse nachweist und die Kosten übernimmt, die Verlegung auf eine andere, für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle verlangen.
Weiterführende Informationen
- Dienstbarkeits-Arten
- Miteigentum
- Gesamteigentum | gesamteigentum.ch
- Entschädigungsansätze für Schächte + erdverlegte Leitungen in Landwirtschaftsland
- Gemeinsame Empfehlungen von: Schweizerischer Bauernverband (SBV), Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Swisscom Fixnet AG, Verband Schweizerischer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA), Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfaches (SVGW)
Judikatur
- BGE 73 II 27
- BGE 111 II 29, Erw. 6
Literatur
- LIVER PETER, N 53 ff. zu ZGB 741
- LIVER PETER, N 9 – 13 zu ZGB 741
- BRÜCKER FRANZ-XAVER, Das nachbarliche Durchleitungsrecht, unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung zum Notwegrecht, zum Überbaurecht und zum Notbrunnenrecht, Diss. Zürich 1991, 276 S.
- HUSER MEINRAD, Leitungen zwischen privatem und öffentlichem Sachenrecht, in: ZBGR 97 (2016) 221 ff.