Die von einem MWST-Pflichtigen selbst zu steuerbarer Tätigkeit genutzte Immobilie untersteht einer sog. „stillen Option“. Der Steuerpflichtige zahlt auf allen Leistungen des Unterhalts und der Erneuerung MWST und kann aus diesen bezahlten Steueranteilen – sofern und soweit möglich – die Vorsteuer geltend machen.
Optierung auf den Verkauf hin
Verkäufer und Käufer haben bei gewerblich genutzten Immobilien die Gelegenheit auf den Immobilien-Verkauf hin zu optieren.
Umfang der Optierungsmöglichkeit
Optiert werden kann
- nur auf dem Gebäudewert gewerblich genutzter Objekte (keine Wohnbauten)
- nicht auf dem Bodenwert; dieser ist stets von der MWST ausgenommen
- auch bei gemischt genutzten, d.h. privat (ohne MWST) und geschäftlich (mit MWST) genutzten Objekten
Verkauf an einen Nicht-MWST-Pflichtigen
Veräussert der Immobilien-Eigentümer eine gewerblich genutzten Objektes an einen Nicht-MWST-Pflichtigen, so
- gilt dies als Nutzungsänderung
- hat der Verkäufer auf sämtlichen wertvermehrenden Investitionen die MWST als sog. „Eigenverbrauch“ zum aktuellen MWST-Satz abzurechnen, und zwar bei:
- Neubauten: im Umfange der Erstellungskosten
- Bestandesobjekte: nach dem Zeitwert (Kaufkosten + wertvermehrende Investition /. 5 % Abschreibungen pro Jahr, berechnet natürlich vom Gebäude ohne Boden).
Ziel für den Verkäufer und Gefahr für den Käufer
Mit der „Optierung auf den Verkauf hin“ kann die Eigenverbrauchs-Besteuerung vermieden werden. Inwiefern der Verkäufer so eine latente Steuer an den Käufer weiterreicht, ist im konkreten Einzelfall zu prüfen.
Evaluation der Zweckmässigkeit einer Optierung auf den Verkauf hin
- Verkäufersicht
- Bewirkt der Immobilienverkauf eine unerwünschte „Eigenverbrauchsbesteuerung“?
- Bereitschaft zur Offenlegung und Uebergabe der MWST-relevanten Belege an den Käufer (notwendig im Falle der Deklaration via Meldeverfahren)
- Käufersicht
- Optierung
- Entsteht durch „Optierung auf den Verkauf hin“ für den Käufer das Risiko einer künftigen „Eigenverbrauchsbesteuerung“ (Uebernahme latenter Steuern / Aufteilung des Risikos durch Preisermässigung im Umfange von 50 % der latenten Steuern?)?
- Nicht-Optierung
- Ist dies für den Käufer von Vorteil oder entgeht ihm die Chance auf eine künftige „Einlagenentsteuerung“?
- Optierung
Die Beantwortung auch durch den MWST-Professional kann in Kenntnis des individuell-konkreten Einzelfalls erfolgen.
Legende
- Eigenverbrauchsbesteuerung = Entnahme einer Immobilie durch MWST-Pflichtigen aus dem Unternehmen für von der MWST ausgenommene Zwecke oder für den Privatbedarf / Pflicht zur Entrichtung einer Eigenverbrauchssteuer auf der Entnahme, unabhängig davon, ob ein Vorsteuerabzug erfolgte oder nicht / Anwendung des aktuellen MWST-Satzes
- Einlagenentsteuerung = Vorsteuerabzug erst wenn die später die MWST-Pflicht eintritt bzw. wenn Optierung beantragt wird / Berücksichtigung bei Ermittlung des Vorsteuerguthabens, dass pro vergangenes Kalenderjahr 5 % Abschreibungen abzuziehen sind / Anwendung des ehemals gültigen MWST-Satzes
Meldeverfahren nach MWSTG 38
- Kumulative Voraussetzungen für Anwendung des Meldeverfahrens
- Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens
- Umstrukturierungstatbestand (Fusion, Umwandlung, Vermögensübertragung, Liquidation; vgl. DBG 19 und DBG 61; siehe auch » umstrukturierung.ch)
- Meldeformular
- Meldefrist
- 30 Tage
- Ausführungsbestimmungen
- MB 11 Übertragung im Meldeverfahren
- Wahlrecht des Verkäufers zu beantragen, die Immobilie nicht ins Meldeverfahren einzubeziehen
- Gründe
- Nutzung der Immobilie nicht mehr für steuerbare Zwecke
- Bestandesobjekt mit Erstellung der Baute vor Einführung der MWST
- Keine Möglichkeit des Käufers, das Meldeverfahren auszuschliessen; er müsste mit dem Verkäufer im Grundstückkaufvertrag verabreden, dass dieser sein Wahlrecht nutzt und beantragt, die Immobilie nicht ins Meldeverfahren einzubeziehen
- Möglichkeit der ESTV, Hauptabt. MWST, vom Verkäufer vor grundbuchlicher Eigentumsübertragung die Bezahlung oder Sicherstellung der „Eigenverbrauchssteuer“ zu verlangen.
- Gründe
Dokumentierung im Rechtsgeschäft
Im Grundstückkaufvertrag sollte die Feststellung mitbeurkundet werden, dass die MWST-Optierung aus dem Verkauf beantragt wird; auch die Situation einer gemischten Nutzung ist im Grundstückkaufvertrag zu substantiieren.
MWST-Reflex auf die GGSt-Bemessungs-Grundlage
Im Falle der „Optierung auf den Verkauf hin“ wird die zu bezahlende MWST in nach Grundsteuersystem (monistisch [Zürcher-System] oder dualistisch [St. Galler-System]) als Bemessungsgrundlage miteinbezogen.
Angesichts der diese Frage nicht klärenden Norm von StHG 12 Abs. 1 unterwerfen Kantone, die das monistische System praktizieren, die MWST der Grundstückgewinnsteuerberechnung. Die MWST ist ein „uneigentlicher Erlös“, da sie treuhänderisch einkassiert und anschliessend der ESTV abzuführen ist. Eine Einbeziehung extrapoliert zu Unrecht Erlös und damit Grundstückgewinnsteuer.