Grundsätzlich ist ein vom Veranstalter dem Konsumenten zugefügter Schaden vollständig zu ersetzen.
Haftungsentlastungen und Haftungseinschränkungen können aber zu einer Haftungsbegrenzung führen, auf die nachfolgend näher einzugehen ist:
Haftungsentlastung
Allgemeines
- Der Veranstalter ist in folgenden Fällen von der Haftung befreit:
- Verhalten unbeteiligter Dritter
- Höhere Gewalt / nicht vorhersehbare Ereignisse
- Vertragskonformer Erfüllungsstand des Veranstalters
- Voraussetzung für eine Haftungsentlastung ist, dass der Reiseveranstalter im Zeitpunkt des haftungsbefreienden Umstandes seinen vertraglichen Pflichten erfüllt hat
- Beweislast
- Der Beweis, dass die Voraussetzungen für die Haftungsentlastung gegeben sind, obliegt dem Reiseveranstalter (vgl. ZGB 8)
Grundlage
- PRG 15 Abs. 1 lit. b und c
Verhalten unbeteiligter Dritter
- Versäumnisse unbeteiligter Dritter entlasten den Veranstalter von seiner Haftung, wenn sie unvorhersehbar oder nicht abwendbar waren (vgl. PRG 15 Abs. 1 lit. b)
Höhere Gewalt / nicht vorhersehbare Ereignisse
- Höhere Gewalt und unvorhersehbare Ereignisse befreien den Veranstalter von seiner Haftung, wenn er oder sein Leistungsträger diese trotz gebotener Sorgfalt nicht vorhersehen oder abwenden konnten (vgl. PRG 15 Abs. 1 lit. c)
Reiseveranstalter-Beistandspflicht
- Grundsatz
- Aus vertraglicher Nebenpflicht hat der Veranstalter bei Schwierigkeiten, die Folge des Verhaltens unbeteiligter Dritter oder von höherer Gewalt oder anderer nicht abwendbarer Ereignisse sind, Hilfe zu leisten
- Veranstalterhaftung?
- Hilfeleistung des Veranstalters
- Der Veranstalter haftet nicht für den beim Konsumenten entstehenden Schaden
- Unterlassene Hilfeleistung
- Im Falle unterlassener Hilfeleistung kann der Veranstalter zu Schadenersatz verpflichtet werden (vgl. PRG 14 Abs. 1)
- Hilfeleistung des Veranstalters
- Finanzielle Folgen der Hilfeleistung
- Grundlage
- Keine PRG-Regelung
- Keine besondere Vergütung
- Prinzip
- Keine zusätzlicher Anspruch des Veranstalters, da die Hilfeleistung vertraglich geschuldet ist
- Ausnahme
- Höhere Flugkosten (zB Linien- statt Charterflug)
- Prinzip
- Durch Hilfeleistung verursachte Mehrkosten
- Mehrkosten wie ärztliche Versorgung, Transport mit dem Spitalauto u.ä.m. hat der Konsument dem Veranstalter zu ersetzen
- Grundlage
Haftungseinschränkungen
Allgemeines
- Eine veranstalterseitige Haftungsbeschränkung ist nur in den vom Pauschalreisegesetz (PRG) vorgesehenen Fällen zulässig:
- Haftungsbeschränkungen in internationalen Übereinkommen
- Möglichkeit (nur) zur betraglichen Haftungsbegrenzung
Grundlage
- PRG 14 Abs. 3
- PRG 16
Internationale Übereinkommen
- Allgemeines
- Vorbehalt in PRG 14 Abs. 3 zugunsten Haftungsbeschränkungen in internationalen Übereinkommen
- im Luftverkehr
- Montrealer Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28.05.1999 (MÜ; SR 0.748.411)
- Schiffsreisen zur See
- Athener Übereinkommen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See vom 13.12.1974 (SR 0.747.356.1)
- Internationaler Eisenbahnverkehr
- Berner Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 09.05.1980 (SR 0.742.403.12), in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 03.06.1999 (SR 0.742.403.12)
- Gleichgestellte Gesetze, die auf Grundlage solcher Übereinkommen erlassen wurden wie
- Verordnung über den Lufttransport (LTrV)
- im Luftverkehr
- PRG 14 Abs. 3 genügen nicht:
- Gesetze der Schweiz oder des Ziellandes, die Haftungsbeschränkungen in anderen Bereichen enthalten (zB Binnenschifffahrts-, Strassenbahn- oder Seilbahn-Unternehmen)
- Der Veranstalter darf solche Gesetze auch dann nicht anrufen, wenn der Leistungsträger diese ihm gegenüber geltend machen kann
- Beförderungsbedingungen der IATA
- = Geschäftsbedingungen, die nur durch Einbeziehung in den Vertrag nach den AGB-Regeln Geltung erlangen und, sofern und soweit sie gegen das PRG verstossen, nichtig sind (vgl. PRG 19)
- Gesetze der Schweiz oder des Ziellandes, die Haftungsbeschränkungen in anderen Bereichen enthalten (zB Binnenschifffahrts-, Strassenbahn- oder Seilbahn-Unternehmen)
- Vorbehalt in PRG 14 Abs. 3 zugunsten Haftungsbeschränkungen in internationalen Übereinkommen
- Gegenstand
- Positiv (Beschränkung möglich
- Schadenersatzansprüche aus Personen- oder Sachschäden gemäss PRG 14 Abs. 1
- Negativ (Haftungsbeschränkung nicht möglich)
- Ansprüche aus Reisemängel-Gewährleistung
- Ansprüche aus Delikten
- Totale Wegbedingung der Haftung
- Positiv (Beschränkung möglich
- Voraussetzung
- Veranstalter kann sich nur auf Haftungsbeschränkungen berufen, die von der Schweiz ratifiziert wurden (MARTINELLI
- Wirkung
- Der Vorbehalt von PRG 14 Abs. 3 gilt von Gesetzes wegen; er bedarf zu seiner Gültigkeit keiner vertraglichen Vereinbarung
- Folgen
- Vorrang PRG 14 Abs. 3 vor PRG 16
Vertragsbedingungen
- Allgemeines
- Beschränkung und Wegbedingung der Haftung gilt als lex specialis zu OR 100 + OR 101
- Gegenstand (Haftungseinschränkung durch vertragliche Regelungen)
- Zulässigkeit (positiv)
- Betragsmässige Begrenzung der Haftung
- Haftung für leichte Fahrlässigkeit kann – mittels individueller Vereinbarung oder durch ARG – begrenzt werden auf
- zweifache des Reisepreises
- Erweiterung der Haftung zugunsten des Konsumenten
- Höhere Entschädigung
- Unzulässigkeit (negativ)
- Voraussetzungen der vertraglichen Haftung (PRG 14 Abs. 1)
- Keine Abweichungsmögliche (PRG 19)
- Ausnahme (Abweichungsmöglichkeit)
- Fälle von PRG 15 Abs. lit. a – c
- Nichtigkeit von
- Haftungsausschlussklauseln (PRG 19)
- Nichtigkeit der Wegbedingung oder Beschränkung der Veranstalterhaftung für
- Personenschäden (vgl. PRG 16 Abs. 1 + PRG 19)
- Sach- und Vermögensschäden
- Entgangene Urlaubsfreude
- Unzulässigkeit der ARB-Klauseln, wonach der Konsument auf eigene Gefahr teilnehme, an
- Abenteuerreisen oder lokalen Ausflügen
- Unzulässigkeit der Beschränkung der Haftung auf
- unmittelbaren Schaden
- Haftungsbeschränkung auf
- vorsätzliche oder grobfahrlässige Handlungen
- keine Anwendbarkeit von PRG 16 auf deliktische Haftung
- Voraussetzungen der vertraglichen Haftung (PRG 14 Abs. 1)
- Zulässigkeit (positiv)
- Wirkungen
- Unerlaubte Haftungsausschlussklauseln und Haftungsbeschränkungsklauseln sind nichtig
Gesetzestexte
Art. 14 PRG Haftung; Grundsatz
1 Der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, haftet dem Konsumenten für die gehörige Vertragserfüllung unabhängig davon, ob er selbst oder andere Dienstleistungsträger die vertraglichen Leistungen zu erbringen haben.
2 Der Veranstalter und der Vermittler können gegen andere Dienstleistungsträger Rückgriff nehmen.
3 Vorbehalten bleiben die in internationalen Übereinkommen vorgesehenen Beschränkungen der Entschädigung bei Schäden aus Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung des Vertrages.
Art. 15 PRG Ausnahmen
1 Der Veranstalter oder der Vermittler haftet dem Konsumenten nicht, wenn die Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung des Vertrages zurückzuführen ist:
- auf Versäumnisse des Konsumenten;
- auf unvorhersehbare oder nicht abwendbare Versäumnisse Dritter, die an der Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt sind;
- auf höhere Gewalt oder auf ein Ereignis, welches der Veranstalter, der Vermittler oder der Dienstleistungsträger trotz aller gebotenen Sorgfalt nicht vorhersehen oder abwenden konnte.
2 In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben b und c muss sich der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, darum bemühen, dem Konsumenten bei Schwierigkeiten Hilfe zu leisten.
Art. 16 PRG Beschränkung und Wegbedingung der Haftung
1 Die Haftung für Personenschäden, die aus der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung des Vertrages entstehen, kann vertraglich nicht beschränkt werden.
2 Für andere Schäden kann die Haftung vertraglich auf das Zweifache des Preises der Pauschalreise beschränkt werden, ausser bei absichtlich oder grobfahrlässig zugefügten Schäden.
Literatur
- Allgemeines
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 363 f.
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 152 f.
- Haftungsentlastung
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 363 ff.
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 152, S. 156 und S. 158
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997, S. 262, S. 265 ff. + S. 273 f.
- Haftungseinschränkungen
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 366 ff.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 3 zu PRG 16
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 156 ff.
- MARTINELLI ALESSANDRO, Die Haftung bei Pauschalreisen im schweizerischen, französischen und deutschen Recht, Basel/Frankfurt 1997, S. 277 ff.
Judikatur
- Allgemeines
- BGE 130 III 182 ff.
- Haftungsentlastung
- —
- Haftungseinschränkungen
- BezGer ZH vom 16.05.1989, in: SJZ 1990, S. 214 + S. 216
- Ersatz für entgangene Urlaubsfreude
- EuGH-Urteil vom 12.03.2002 (Leitner-Urteil)