(Verspätungshaftung der konzessionierten Transportunternehmen in der Schweiz)
Allgemeines
Das Personalbeförderungsgesetz (PBG) enthält eine Haftung bei Verspätungen.
Der unverschuldeter Weise verspätet Reisende kann vom Transportunternehmer verlangen:
Verspätung allgemein
- Ersatz der Kosten, die dem Reisenden aus der Heimkehr mittels eines anderen Verkehrsmittels (Taxi, Uber usw.) entstehen (vgl. VPB 61; siehe Box)
Reisegepäck-Verspätung
- Wird im konzessionierten Verkehr das Gepäck zu spät abgeliefert, so muss das Unternehmen den nachgewiesenen Schaden ersetzen, jedoch höchstens 200 Franken je Gepäckstück und je angefangene 24 Stunden seit dem Verlangen der Ablieferung und für höchstens 14 Tage (VPB 74 Abs. 1)
- Diese Entschädigung ist zusätzlich zur Entschädigung für teilweisen Verlust oder teilweise Beschädigung zu bezahlen, sofern der Schaden nicht wegen der verspäteten Ablieferung entstanden ist. In diesem Fall darf sie insgesamt jedoch nicht höher sein als die Entschädigung für den ganzen Verlust (VPB 74 Abs. 2)
- Die Entschädigung für verspätete Ablieferung wird nicht bezahlt, wenn eine Entschädigung für den ganzen Verlust bezahlt wird (VPB 74 Abs. 3)
- Vgl. ferner: Haftung für Handgepäck und Reisegepäck
Verspätetes Motorfahrzeug im Autoverlad
- Die Entschädigung für verspätete Mfz-Ablieferung darf den Transportpreis nicht übersteigen (vgl. VPB 76 Abs. 2)
Im Einzelnen
Transportunternehmen
- Unternehmen mit (Bundes-)Konzession (PBG 21 Abs. 1)
Beförderer-Haftung
- Haftung für Verspätungsschaden, wenn der Beförderer den Fahrplan nicht einhält und der Reisende deshalb den letzten im Fahrplan vorgesehenen Anschluss verpasst
Beförderer-Exkulpation
- Das Transportunternehmen kann sich von der Haftung befreien, durch:
- Nachweis, dass der Schaden auf ein Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist oder auf Umständen beruht, die es weder vermeiden noch deren Folgen abwenden konnte (PBG 21)
- Klassischer Anwendungsfall des Haftungsausschlusses
- Force Majeure (höhere Gewalt)
Unvorhersehbarer Betriebsunterbruch
- Betriebsunterbruch
- Nach EBG 38 ist bei unvorhersehbarem Betriebsunterbruch der fahrplanmässige Transport – soweit dies nicht durch höhere Gewalt verhindert wird – aufrecht zu erhalten, durch
- Umleitungen
- Einsatz anderer Verkehrsmittel (sog. „Schienenersatzverkehr“)
- Busse
- Ersatzbusse
- Vgl. für Bahngesellschaften EBG 38 Abs. 1
- Nach EBG 38 ist bei unvorhersehbarem Betriebsunterbruch der fahrplanmässige Transport – soweit dies nicht durch höhere Gewalt verhindert wird – aufrecht zu erhalten, durch
- Betriebsunterbruch-Kommunikation
- Zwar nicht geregelt, aber ebenso wichtig ist eine zeitnahe Kommunikation des Betriebsunterbruchs und seine Ersatzlösung, damit sich der Reisende selber (besser) organisieren kann
Reisenden-Wahlrecht bei Verspätung oder Kursausfall (VPB 61 Abs. 1 i.V.m. PBG 21)
- Weiterreise-Möglichkeit am gleichen Tag
- Verzicht auf Weiterreise und Preisrückforderung für Fahrt und Gepäcktransport der nicht befahrenen Strecke (VPB 61 Abs. 1 lit. a)
- Unentgeltliche Rückreise und Gepäck-Rückbeförderung zur Ausgangsstation mit dem nächstgeeigneten Kurs und Erstattung der bezahlten Beträge (VPB 61 Abs. 1 lit. b)
- Weiterreise mit dem nächstgeeigneten Kurs, unter allenfalls notwendig werdender Anpassung des Fahrausweises ohne Preiszuschlag (Verlängerung Gültigkeitsdauer, Strecken- oder Klassenwechsel oder Fahrzeuggattung) (PBG 61 Abs. 1 lit. c)
- Weiterreise mit einem anderen Verkehrsträger (VPB 61 Abs. 1 lit. d)
- Keine Weiterreise-Möglichkeit am gleichen Tag
- Anrecht auf Unkostenersatz, maximal auf die Kosten von Übernachtung mit Frühstück (VPB 61 Abs. 2)
Anspruchsanmeldung
- Anzeigefrist
- Unverzügliche Anspruchsanmeldung (VPB 61 Abs. 3)
- Verwirkung
- 30 Tage nach Ereigniseintritt verwirkt der gegenüber dem Transportunternehmen nicht geltend gemachte Schaden (vgl. PBG 47 Abs. 1)
Verjährung / Rechtsweg
- Verjährungsfrist
- 1 Jahr (PBG 48), wobei die Frist zwischen Geltendmachung und Rückweisung durch den Beförderer still steht
- Zuständigkeit
- Zivilgerichte (PBG 56 Abs. 1)
- Verfahren
- ZPO-Prozessverfahren (PBG 56 Abs. 1)
Gesetzestexte
Art. 21 PBG Haftung des Unternehmens aus dem Personentransportvertrag
1 Das Unternehmen mit einer Konzession nach Artikel 6 haftet für den Schaden, wenn es den Fahrplan nicht einhält und die reisende Person deshalb den letzten im Fahrplan vorgesehenen Anschluss verpasst.
2 Der Bundesrat kann bestimmen, dass das Unternehmen Reisenden, die einen andern als den letzten im Fahrplan vorgesehenen Anschluss verpassen, die freie Rückfahrt oder die Weiterfahrt ohne Nachzahlung über einen andern Weg anbieten muss.
3 Das Unternehmen ist von seiner Haftung befreit, wenn es beweist, dass der Schaden auf ein Verschulden der reisenden Person zurückzuführen ist oder auf Umständen beruht, die es nicht vermeiden und deren Folgen es nicht abwenden konnte.
Art. 61 VPB Anschlussbruch im konzessionierten Verkehr
(Art. 21 PBG)
1 Hindert im konzessionierten Verkehr eine Verspätung oder der Ausfall eines Kurses Reisende daran, ihre Reise mit dem im Fahrplan vorgesehenen Kurs fortzusetzen, so können sie:
a. auf die Weiterreise verzichten und den Preis der Fahrt und des Gepäcktransports für die nicht befahrene Strecke zurückverlangen;
b. die unentgeltliche Rückreise und Rückbeförderung des Gepäcks zur Ausgangsstation mit dem nächsten geeigneten Kurs sowie die Erstattung der bezahlten Beträge verlangen;
c. die Weiterreise mit dem nächsten geeigneten Kurs antreten; das Unternehmen muss den Fahrausweis wenn nötig ändern (Verlängerung der Geltungsdauer, Streckenwechsel, Gültigkeitsvermerk für eine höhere Klasse oder eine andere Fahrzeuggattung), ohne einen Preiszuschlag zu verlangen;
d. der Weiterreise mit einem andern Verkehrsträger zustimmen.
2 Wer seine Reise nicht gleichentags fortsetzen kann, hat Anrecht auf Ersatz der Unkosten, höchstens jedoch für eine Übernachtung mit Frühstück.
3 Die Reisenden müssen ihre Ansprüche unverzüglich anmelden, sonst verlieren sie sie.
Literatur
- WIEDE ANDREAS, Reiserecht – Schweizer Handbuch zu den Verträgen über Reiseleistungen, Zürich / Basel / Genf 2014, 21 ff.
- KREPPER PETER, Handbuch Tourismusrecht, 2. Auflage, Zürich / Basel / Genf 2014, 115 f.
Weiterführende Informationen
- Reiserecht allgemein
Weiterführende Informationen
- Verspätungsbestätigung SBB
- Verspätungsbestätigung | fahrplan.sbb.ch