Will der Reisende die erheblich mangelhafte Reise nicht fortsetzen, kann er sie durch Kündigung beenden.
Der Veranstalter ist verpflichtet, den Konsumenten, der während der Reise kündigt, zurück zu transportieren (vgl. PRG 13 Abs. 2).
Die Kündigung kommt aber nur bei Vorliegen eines gravierenden Reisemangels in Betracht:
Definition
- Reisekündigung =
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Grundlage
- PRG 13 Abs. 2
Rechtsnatur
- Kündigung gilt als einseitige, empfangsbedürftige Erklärung des Konsumenten an den Veranstalter
Ziele
- Reiseabbruch und Rückkehr
- Beendigung einer mangelhaften Reise
Voraussetzungen
Kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen (3)
- 1. Erheblicher Teil der vereinbarten Leistungen ist nicht erbracht oder wird nicht erbracht werden können
- Grundlage
- PRG 13 Abs. 2 Satz 1
- = Qualifizierter Reisemangel / erheblich nicht vertragskonforme Leistung kann sich beziehen auf:
- Teilleistung oder
- jeder Reisemangel
- = Unzumutbarkeit der Reisefortsetzung
- Kriterien für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung gelten:
- Alle Umstände wie
- Intensität des Mangels
- Dauer des Mangel
- Zweck der Reise
- Art der Reise
- Alle Umstände wie
- Kriterien für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung gelten:
- Grundlage
- 2. Verweigerte oder unmögliche Ersatzmassnahmen des Veranstalters
- Grundlage
- PRG 13 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. PRG 13 Abs. 1 lit. a
- = keine Besserung der Reise resp. der Mängelsituation
- zB kein gleichwertiges Hotel mit Wellnessangebot oder kein rollstuhlgängiges Hotel am Zielort
- Alternative
- Wichtiger Grund, der den Konsumenten zur Ablehnung der vorgeschlagener Ersatzmassnahmen berechtigt (vgl. PRG 13 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2)
- Anwendungsfälle
- Abhilfemassnahme führt nicht zur Mängelbeseitigung
- Ersatzleistung ist nicht gleichwertig
- Grundlage
- 3. Kündigung erst nach unbenutzter Nachfrist
- Grundlage
- PRG 13
- = Ansetzung einer angemessenen Frist zur Mängelbehebung des Konsumenten an den Veranstalter, die erfolglos verstrichen ist
- Fristansetzung
- Angemessene Frist, unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse
- Zeitpunkt
- sofort bzw.
- sobald es die konkreten Verhältnisse zulassen
- Kündigungsandrohung?
- Nein, eine Kündigungsandrohung ist erforderlich
- Keine Fristansetzung
- Eine Fristansetzung ist in folgenden Fällen nicht notwendig:
- Unmögliche Reisemangel-Behebung
- Weigerung des Reiseveranstalters, Ersatzmassnahmen zu ergreifen
- Besonderes Interesse des Konsumenten an einer sofortigen Reisevertrags-Kündigung
- Eine Fristansetzung ist in folgenden Fällen nicht notwendig:
- Grundlage
Form
Formfreiheit
- Schriftform (aus Beweisgründen) empfehlenswert
- andere geeignete Kommunikationsform
- mündlich
- telefonisch
- per e-mail
- etc.
Schriftformzwang in ARB
- ARB-Klausel, welche die Schriftform oder die Pflicht zur Erstellung eines Mängelprotokolls vorsieht, gilt als nichtig (vgl. PRG 19)
Wirkung
- Reisevertragskündigung erfolgt – nach überwiegender Lehrmeinung – mit Wirkung ex nunc (von nun an, ab jetzt) und nicht rückwirkend auf den Abschlusszeitpunkt (nicht ex tunc), da PRG 13 Abs. 2 den Veranstalter zum Rücktransport des Reisenden verpflichtet
Rechtsfolgen
Reisevertragsbeendigung
- Wirkungsbeginn
- Mit der Kündigung ist der Reisevertrag – ex nunc (siehe oben) beendet
- Kündigungsfolgen
- Veranstalter
- Entfallen der Verpflichtung zur Erbringung der vertraglich noch vorgesehenen Leistungen, vorbehältlich der nachvertraglichen Pflicht zur Rückverbringung des Reisenden an den Abreisort (siehe unten)
- Konsument
- Anspruch auf Rückerstattung der Reisepreisanteile für nicht erhaltene Reiseleistungen, zuzüglich sonstige Aufwendungen und ggf. Schadenersatz
- Veranstalter
Nachvertragliche Rücktransportpflicht
- Ausnahme von der Vertragsbeendigung (nachvertragliche Leistungspflicht)
- Rücktransport an den Abreiseort
- ev. bei einvernehmlicher Reisevertragsänderung an einen anderen Ort als den Abreiseort (vgl. PRG 13 Abs. 2 Satz 1)
- Qualität
- Gleichwertigkeit der Beförderungsleistung mit dem ursprünglichen Reisestandard
- Mehrkosten
- Die durch Rücktransport entstehenden Mehrkosten, wie zB Linienflugkosten statt Charterflugkosten) hat der Reiseveranstalter zu tragen (vgl. PRG 13 Abs. 3)
- Der Veranstalter kann sich nicht auf Exkulpationsgründe von PRG 15 Abs. 1 lit. b und c (Versäumnisse Dritter oder höhere Gewalt) berufen
- Rücktransport-Verweigerung oder Rücktransport-Schlechterfüllung
- Gründe
- Fehlende Gleichwertigkeit des vorgesehenen Beförderungsmittels
- Rückreiseverzögerung infolge nicht alsbald erfolgender Rückreisemöglichkeit
- Zumutbarkeit einer gewissen Wartezeit, je nach den Beförderungsverbindungen
- Im Regelfall dürfen ein bis zwei Tage nicht überschritten werden (vgl. HANGARTNER SANDRO, a.a.O., S. 140
- Weigerung
- Rechte des rückreisewilligen Konsumenten
- Recht des Reisenden zur
- Selbstabhilfe (vgl. OR 368 Abs. 2 per analogia)
- Selbstorganisation der Rückreise auf Kosten des Veranstalters
- Recht des Reisenden zur
- Gründe
Reisepreisrückerstattung
- Allgemeines
- Bei der Reisepreisrückerstattung ist das Äquivalenzinteresse des Konsumenten zu wahren
- Reisepreisminderung
- Grundsatz
- Entfallen des Veranstalteranspruchs auf einen Teil des Reisepreises und Teilrückerstattungspflicht
- Dauer
- Recht des Konsumenten, für die Dauer des Reisemangels, in der Regel bis zum Beginn des Rücktransports, eine Reisepreisminderung verlangen
- Quantitativ
- Äquivalent für die ab dem Kündigungszeitpunkt bzw. Zeitpunkt des Rücktransports nicht mehr erbrachten Reiseleistungen
- Berechnung
- Für die Berechnung der Preisminderung siehe
- Entlastungsmöglichkeit des Veranstalters?
- Keine Exkulpationsmöglichkeit für den Reiseveranstalter nach PRG 15 Abs. 1 lit. b und c (Versäumnisse Dritter oder höhere Gewalt)
- Grundsatz
- Ansprüche aus Ersatzmassnahmen
- Konsument kann die Kosten aus Selbstabhilfe infolge nicht erfolgter oder ungenügender Ersatzmassnahmen des Veranstalters geltend machen
- Ansprüche aus nicht oder schlecht erfolgtem Rücktransport
- Konsument kann unter diesem Titel seine Ansprüche infolge Nicht- oder Schlechterfüllung der Rücktransportpflicht des Veranstalters in seine Abrechnung einstellen
- Schadenersatzanspruch?
- Berührt der Reismangel die Integritätssphäre des Konsumenten, kann er zusätzlich Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens verlangen (vgl. PRG 13 Abs. 2 Satz i.V.m. PRG 14 – 16).
Gesetzestexte
Art. 12 PRG Beanstandung
1 Der Konsument muss jeden Mangel bei der Erfüllung des Vertrages, den er an Ort und Stelle feststellt, so bald wie möglich schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form gegenüber dem betreffenden Dienstleistungsträger sowie gegenüber dem Veranstalter oder dem Vermittler beanstanden.
2 Im Fall einer Beanstandung bemüht sich der Veranstalter, der Vermittler oder seine örtliche Vertretung nach Kräften um geeignete Lösungen.
Art. 13 PRG Ersatzmassnahmen
1 Wird nach der Abreise ein erheblicher Teil der vereinbarten Leistungen nicht erbracht oder stellt der Veranstalter fest, dass er einen erheblichen Teil der vorgesehenen Leistungen nicht erbringen kann, so hat er:
- angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit die Pauschalreise weiter durchgeführt werden kann;
- den dem Konsumenten daraus entstandenen Schaden zu ersetzen; die Höhe des Schadenersatzes entspricht dem Unterschied zwischen dem Preis der vorgesehenen und jenem der erbrachten Dienstleistungen.
2 Können diese Vorkehrungen nicht getroffen werden oder lehnt sie der Konsument aus wichtigen Gründen ab, so hat der Veranstalter für eine gleichwertige Beförderungsmöglichkeit zu sorgen, mit welcher der Konsument zum Ort der Abreise zurückkehren oder an einen anderen mit ihm vereinbarten Ort reisen kann. Ausserdem hat er den dem Konsumenten daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
3 Die Massnahmen dieses Artikels begründen keinen Preisaufschlag.
Art. 14 PRG Haftung; Grundsatz
1 Der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, haftet dem Konsumenten für die gehörige Vertragserfüllung unabhängig davon, ob er selbst oder andere Dienstleistungsträger die vertraglichen Leistungen zu erbringen haben.
2 Der Veranstalter und der Vermittler können gegen andere Dienstleistungsträger Rückgriff nehmen.
3 Vorbehalten bleiben die in internationalen Übereinkommen vorgesehenen Beschränkungen der Entschädigung bei Schäden aus Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung des Vertrages.
Art. 15 PRG Ausnahmen
1 Der Veranstalter oder der Vermittler haftet dem Konsumenten nicht, wenn die Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung des Vertrages zurückzuführen ist:
- auf Versäumnisse des Konsumenten;
- auf unvorhersehbare oder nicht abwendbare Versäumnisse Dritter, die an der Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt sind;
- auf höhere Gewalt oder auf ein Ereignis, welches der Veranstalter, der Vermittler oder der Dienstleistungsträger trotz aller gebotenen Sorgfalt nicht vorhersehen oder abwenden konnte.
2 In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben b und c muss sich der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, darum bemühen, dem Konsumenten bei Schwierigkeiten Hilfe zu leisten.
Art. 16 PRG Beschränkung und Wegbedingung der Haftung
1 Die Haftung für Personenschäden, die aus der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung des Vertrages entstehen, kann vertraglich nicht beschränkt werden.
2 Für andere Schäden kann die Haftung vertraglich auf das Zweifache des Preises der Pauschalreise beschränkt werden, ausser bei absichtlich oder grobfahrlässig zugefügten Schäden.
Literatur
- STAUDER BERND, SPR, Bd. X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 351 ff.
- ROBERTO VITO, BSK OR I, N 9 ff. zu PRG 13
- HANGARTNER SANDRO, Das neue Bundesgesetz über Pauschalreisen, Diss. Zürich 1997, S. 124, S. 137 – 142