Nachfolgend werden die unterschiedlichen Rechtsfolgen der verschiedenen Unmöglichkeiten zusammenfassend dargestellt.
Unverschuldete Unmöglichkeiten
Unverschuldete anfängliche objektive Unmöglichkeit
- Rechtsfolgen nach OR 20
- Nichtigkeit
Unverschuldete anfängliche subjektive Unmöglichkeit
- Rechtsfolgen nach OR 119
- Forderung gilt als erloschen
- Vgl. BGE 117 II 71 E. 4
- Forderung gilt als erloschen
Unverschuldete nachträgliche Unmöglichkeit (subjektiv und objektiv)
- Rechtsfolgen nach allgemeinem Vertragsrecht (OR 119)
- Leistung des Schuldners
- Forderung gilt als erloschen
- OR 119 Abs. 1
- Forderung gilt als erloschen
- Leistung des Gläubigers
- Gläubiger wird von Leistungspflicht befreit
- OR 119 Abs. 2
- Bereits erbrachte Leistungen können zurückgefordert werden
- Rückforderung gemäss ungerechtfertigter Bereicherung nach OR 62 ff.
- Vgl. OR 119 Abs. 2
- Heute auch Anspruch auf vertragliche Rückabwicklung nach OR 109 Abs. 1 möglich
- Gläubiger wird von Leistungspflicht befreit
- Leistung des Schuldners
- Rechtfolgen nach Kaufrecht (OR 184 ff.)
- Grundsatz der Gefahrtragung nach Kaufrecht
- Käufer trägt Risiko für den zufälligen Untergang der Sache ab Vertragsschluss
- Vgl. OR 185 Abs. 1
- Ist die veräusserte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so muss sie überdies ausgeschieden und, wenn sie versendet werden soll, zur Versendung abgegeben sein
- Vgl. OR 185 Abs. 2
- Käufer trägt Risiko für den zufälligen Untergang der Sache ab Vertragsschluss
- Untergang der Sache nach Vertragsschluss, Ausscheidung oder Versendung
- Wirkung für den Verkäufer
- Wird von der Leistungspflicht befreit
- Wirkung für den Käufer
- Muss Kaufpreis bezahlen ohne Ware zu erhalten
- Wirkung für den Verkäufer
- Grundsatz der Gefahrtragung nach Kaufrecht
Verschuldete Unmöglichkeiten
Durch den Schuldner verschuldete anfängliche Unmöglichkeit (subjektiv und objektiv)
- Rechtsfolgen nach OR 97
- Haftung aus culpa in contrahendo
Durch Schuldner verschuldete nachträgliche Unmöglichkeiten (subjektiv und objektiv)
- Rechtsfolgen für die Leistung des Schuldners
- Nach OR 107 Abs. 2
- Ob ein Rücktrittsrecht des Gläubigers existiert, ist in der Lehre umstritten
- Ein Bundesgerichtsentscheid besteht noch nicht
- Nach OR 97 Abs. 1
- Erfüllungsanspruch wird in Schadenersatz umgewandelt
- Es ist das positive Vertragsinteresse geschuldet
- Der Vertragspartner ist so zu stellen, als wäre der Vertrag korrekt erfüllt worden
- Sämtliche Rechtsinstitute aus dem Vertragsverhältnis bleiben bestehen
- Abtretung
- Einrede und Einwendungen gegen die Leistungspflicht
- Verjährung
- Nach OR 107 Abs. 2
- Rechtsfolgen für die Leistung des Gläubigers
- Gemäss Austauschtheorie
- Der Gläubiger ist weiterhin Leistungspflichtig
- Als Gegenleistung erhält er die Leistung des Schuldners in Form von Schadenersatz
- Gemäss Differenztheorie
- Gemäss OR 215 kann der Gläubiger die Differenz zwischen seiner Leistung und dem Schadenersatzanspruch geltend machen
- Anwendung über den kaufmännischen Verkehr hinaus auf andere Vertragsverhältnisse
- Vgl. BGE 65 II 171 E. 2
- Anwendung über den kaufmännischen Verkehr hinaus auf andere Vertragsverhältnisse
- Gemäss OR 215 kann der Gläubiger die Differenz zwischen seiner Leistung und dem Schadenersatzanspruch geltend machen
- Abgrenzung Austausch- und Differenztheorie
- Unterscheidung spielt nur bei Sachleistungen eine Rolle
- Stehen auf beiden Seiten Geldleistungen, kommt es zur Verrechnung
- Entspricht faktisch der Differenztheorie
- Gemäss Austauschtheorie
Durch den Gläubiger verschuldete nachträgliche Unmöglichkeit
- Anwendungsfall
- Annahmeverzug des Arbeitgebers
- OR 324
- Annahmeverzug des Arbeitgebers
Gesetzestext
Art. 20 E. Inhalt des Vertrages / II. Nichtigkeit
II. Nichtigkeit
1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2 Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
Art. 97 A. Ausbleiben der Erfüllung / I. Ersatzpflicht des Schuldners / 1. Im Allgemeinen
A. Ausbleiben der Erfüllung
I. Ersatzpflicht des Schuldners
1. Im Allgemeinen
1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Art. 119 E. Unmöglichwerden einer Leistung
E. Unmöglichwerden einer Leistung
1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
2 Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
3 Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
Literatur
- Accoella Domenico, Nichtigkeitsbegriff und Konzept einer einheitlichen vertragsrechtlichen Rückabwicklung gescheiterter Verträge, SJZ 99/2003, S. 494 ff.
- Kälin Oliver, Unmöglichkeit der Leistung nach Art. 119 OR und clausula rebus sic stantibus, recht 2004, S. 246 ff.
- Hürlimann Roland, Teilnichtigkeit von Schuldverträgen nach Art. 20 Abs. 2 OR (Diss. Freiburg), Freiburg 1984
- Furrer Daniel / Müller-Chen Markus, Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Schulthess (Zürich), Zürich 2012, S. 156 ff. und 499 ff.
Judikatur
- Zur unverschuldeten anfänglichen subjektiven Unmöglichkeit
- Zur Differenztheorie
- BGE 65 II 171 E. 2