Zur Kostentragung, welche im Rahmen einer Offertstellung bzw. von Vertragsverhandlungen entstanden sind, ist folgendes zu bemerken:
Begriffe
- Offerte = Unterbreitung eines Angebots zum Vertragsabschluss
- Vertragsverhandlungen = Gespräche über Leistungen und Gegenleistungen, mit dem Ziel eines übereinstimmenden (Partei-)Willens
Grundlagen
- OR 2 Abs. 1
Abgrenzungen
- Culpa in contrahendo
- = Haftung aus erwecktem Vertrauen bei Vertragsverhandlungen (Verhandeln einer Partei ohne ernsthaftes Abschlussinteresse, was der anderen Partei vermeidbare Kosten verursacht)
- Haftung aus Culpa in contrahendo (C.i.c.)
- Verletzung Verhandlungsvertrag (mit Kontrahierungszwang)
- = Pflicht mindestens einer Partei, für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts zu verhandeln
- Verhandlungsabrede
- Verhandeln ohne Verhandlungspflicht
- = Kein Rechtsanspruch einer Partei darauf, dass die Gegenpartei für die Verhandlungen alles unternimmt, was einem Verhandlungserfolg dient
- Letter of Intent (LOI)
- = Absicht, einen Vertrag abzuschliessen (Absichtserklärung)
Offerten
- Allgemeines
- Im Kontakt mit Anbietern – v.a. im Werkvertrags- und Werklieferbereich – stellt sich – oft im Nachhinein – die Frage nach der Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Offerte und entschädigungspflichtiger Vorarbeit:
- Grundsatz
- Wird nichts vereinbart, geht der Aufwand für die Offertstellung zulasten des Unternehmers, und zwar auch dann, wenn bei ihm weder bestellt wird, noch er mit der Werkausführung beauftragt wird
- Ausnahmen
- Wer in den Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Totalunternehmervertrages den Unternehmer ersucht, zur Kostenermittlung Projektstudien zu erstellen, die über herkömmliche Offertunterlagen hinausgehen, hat hiefür eine Entschädigung zu leisten und kann sich seiner Pflicht nicht mit der Begründung entschlagen, letztlich die Globalofferte abgelehnt zu haben
- In gewissen Branchen ist es Usanz, dass das Offerten-Erstellen gegen Bezahlung erfolgt:
- zB Autreparaturen
- zB Zahnärzte für umfangreichere Zahnreparaturen
Vertragsverhandlungen
- Grundsatz
- Abgesehen von den Fällen der „culpa in contrahendo“ und der vereinbarten Verhandlungspflicht (Verhandlungsvertrag) geht jeder Partner von Vertragsverhandlungen das Risiko ein, dass diese
- ergebnislos verlaufen können und, dass
- er demzufolge die Kosten selber zu tragen habe
- Abgesehen von den Fällen der „culpa in contrahendo“ und der vereinbarten Verhandlungspflicht (Verhandlungsvertrag) geht jeder Partner von Vertragsverhandlungen das Risiko ein, dass diese
- Ausnahmen
- Abschluss eines Vertrages unter den Parteien oder eine Klausel im Vertrag über die Tragung bzw. Entschädigung der Kosten aus den Vorarbeiten
- Achtung: Solche Kostentragungs- bzw. Entschädigungsabreden können durch ausdrückliche oder stillschweigende Abrede zustandekommen
- Leistungspflichten des Leistungsempfängers, die resultieren aus:
- ungerechtfertigter Bereicherung (OR 62)
- unechter Geschäftsführung ohne Auftrag (OR 423)
- Abschluss eines Vertrages unter den Parteien oder eine Klausel im Vertrag über die Tragung bzw. Entschädigung der Kosten aus den Vorarbeiten
Literatur
- RIEMER HANS MICHAEL, Entgeltlichkeit bei Vertragsverhandlungen bzw. von Offerten, recht 1994, S. 188
- VOGT RICHARD E., Offerten, die Aufträge bringen – was müssen erfolgversprechende Offerten enthalten, wie müssen sie gestaltet sein, welche Fehler sind Offertenkiller, Zürich 1974
- FISCHER MAX / JUD BARBARA, Umdenken und renovieren: von der guten Ideeüber die richtige Beratung bis zur Wahl der Materialien: Tipps und Checklisten für den pannenfreien Tapetenwechsel, Zürich 2009
- METZ ROLF, Die rechtliche Bedeutung von Katalogen, Preislisten, Offerten und Bestätigungsschreiben mit ihren Kunden, Zürich 1989
Judikatur
- BGE 119 II 40 ff.