Der Umfang des Dienstbarkeitsrechts bzw. der Duldungs- oder Unterlassungspflicht des Dienstbarkeitsbelasteten orientiert sich primär am Grundbucheintrag bzw. nach folgender Kaskade [vgl. ZGB 738 Abs. 1 und Abs. 2, Teil 1]
1. „Stichwort“ im Grundbuchblatt (des belasteten Grundstücks)
a) „deutlicher Grundbucheintrag“?
- Bejahendenfalls
- Kein weiteres Vorgehen nach ZGB 738 Abs. 2
- Wortlaut ist für die Inhaltsbestimmung massgebend
- Gutgläubiger Dritterwerber darf auf den Eintrag beim belasteten Grundstück abstellen [vgl. ZGB 973 Abs. 1]
b) Auslegungsbedürftiger Grundbucheintrag?
- Bejahendenfalls
- Weitere Abklärungen gemäss nachfolgender Kaskade
2. Beschrieb gemäss (separatem) Servitutenprotokoll (SP) (dinglicher Textteil)
a) Übereinstimmung mit Grundbucheintrag?
b) Übereinstimmung mit Begründungsakt (Erwerbsgrund = Dienstbarkeitsvertrag)?
Art. 738 ZGB
1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend.
2 Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist.
Literatur
- ESCHMANN BEAT, Auslegung und Ergänzung von Dienstbarkeiten, Diss. Zürich 2005, 163 S.
- BYLAND DANIELA, Die Auslegung von Dienstbarkeiten, in: Jusletter 08.09.2008
Judikatur
- BGE 107 II 332 ff. (Bauverbotsdienstbarkeit)
- BGE vom 12.05.1971 in: ZR 70 Nr. 116 S. 316 f. = SJZ 67 (1971) Nr. 162 S. 361 f. (Bauverbotsdienstbarkeit)
- BGE vom 29.09.1983 in: ZBGR 66 (1983) Nr. 37 S. 174 (Breite eines Zugangs- und Zufahrtsrechts, welche nicht aus dem Grundbucheintrag, aber aus dem Begründungsakt ersichtlich ist)
- BGE vom 14.07.1966 in Rep 1967 S. 41 f. (Villendienstbarkeit)
- BGE 5A_360/2014 vom 28.10.2014
- BGE 5A_856/2014 vom 26.01.2015