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Immobilienbesteuerung

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Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel

Rechtsgebiet:
Immobilienbesteuerung
Stichworte:
Besteuerung Immobilien, Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel, Immobilien versteuern, Immobilienbesteuerung, Liegenschaftenhandel, Liegenschaftenhändler
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Begriff: Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel

Eine Legaldefinition fehlt. Gemäss Bundesgericht und Steuerbehörden liegt ein gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel vor, wenn eine Person Liegenschaften nicht vermögensverwaltungs-motiviert oder gelegenheitshalber, sondern systematisch und mit der Absicht Gewinne zu erzielen kauft und verkauf.

Kriterien für die Qualifikation als Liegenschaftenhändler

Die Steuerpraxis beurteilt die Frage, ob ein gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel gegeben ist, nach folgenden Kriterien:

  1. Häufigkeit der Immobilien-Transaktionen (je häufiger, desto Liegenschaftenhändler)
  2. Kurze Haltedauer der Immobilien
  3. Nähe zur beruflichen Tätigkeit (auch erfüllt durch Beizug eines Immobilienfachmanns)
  4. Branchenkenntnisse (zB Baufachleute)
  5. markante Fremdfinanzierung (> 80 %; auch weniger denkbar)
  6. Planmässigkeit und Systematik des Vorgehens
  7. Neuanlage des Verkaufserlöses in Immobilien (erhöht Einstufungswahrscheinlichkeit)
  8. Beteiligung an einer einfachen Gesellschaft (eG), Kollektivgesellschaft (KlG) oder Kommanditgesellschaft (KmG).

Jedes einzelne der vorgenannten Kriterien kann für sich genügen, eine selbständige Erwerbstätigkeit als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler anzunehmen. Massgebend sind die konkreten Verhältnisse des individuellen Einzelfalls.

Selbständige Erwerbstätigkeit

Die BGer-Praxis (vgl. BGE 2C_948/2010) nimmt eine selbständige Erwerbstätigkeit an, wenn haupt- oder nebenberuflich und dauernd oder temporär folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Teilnahme am Wirtschaftsverkehr mit eigenem Risiko
  • Einsetzung von Kapital und Arbeit
  • frei gewählte Organisation
  • Absicht der Gewinnerzielung

Steuerbarer Immobilienhandel

Das BGer hat in seinem Entscheid 2C_948/2010 die Praxis zum steuerbaren Immobilienhandel bestätigt:

  • Voraussetzungen
    • Systematische An- und Verkäufe von Immobilien
    • Gewinnerzielungs-Absicht
    • Tätigkeit, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist
  • Indizien
    • Aktives, wertvermehrendes Tätigwerden
      • Parzellierung
      • Überbauung
      • Werbung
      • etc.
    • Erwerb in der offenbaren Absicht, die Immobilie baldmöglichst mit Gewinn zu verkaufen
    • Ausnützung der Marktentwicklung
    • Häufigkeit der Immobiliengeschäfte
    • Enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des/der Steuerpflichtigen
    • Nutzung spezieller Fachkenntnisse
    • Kurze Besitzesdauer
    • Erhebliche Fremdfinanzierung
    • Realisierung der Immobiliengeschäfte im Rahmen einer Personengesellschaft

Privat-Investor als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler

  • Transaktionshäufigkeit: auch 1 Objekt kann genügen
  • Objektrealisation
    • Begründung von Stockwerkeigentum
    • Auf einen Schlag zählen die Anzahl StWE-Einheiten als verkaufte Objekte
    • Bei Verkauf auf den Bauvollendungszeitpunkt orientiert sich die Haltedauer plötzlich weniger am Bauland als an den StWE-Einheiten
  • Bauerstellung in eigenem Namen und auf eigene Rechnung = Planmässigkeit
  • Baukredit für Erstellung der Baute = hohe Fremdfinanzierung
  • Kein Einsatz privater Mittel
  • etc.

Literatur

  • Ohne Gewinnstrebigkeit liegt blosse Liebhaberei vor, deren finanziellen Ergebnisse einkommenssteuerrechtlich unbeachtlich sind
    • PETER LOCHER, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, DBG, Teil I, 2. A. 2019, N. 14 zu Art. 18 DBG

Erbengemeinschaft als gewerbsmässige Liegenschaftenhändlerin

Erbengemeinschaften sind als Gesamthandschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit nicht steuerfähig, sondern nur deren Erben.

Es gelten die hievor angeführten Kriterien, mit folgenden Besonderheiten:

  • hat ein Erbe berufliche Nähe oder Branchenkenntnisse, müssen sich dies die anderen Erben anrechnen lassen
  • wertvermehrende Massnahmen oder gar die Erstellung eines Neubaus durch die Erbengemeinschaft in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zum Weiterverkauf als Ganzes oder auf dem Wege einzelner StWE-Einheiten kann zu einer Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine (gewerbsmässige) einfache Gesellschaft, Kollektivgesellschaft oder Kommanditgesellschaft führen; zudem ist auf Planmässigkeit und systematisches Vorgehen zu schliessen.

Einfache Gesellschaft als gewerbsmässige Liegenschaftenhändlerin

Im Unterschied zur Kollektivgesellschaft und Kommanditgesellschaft, die gesetzlich auf den Betrieb eines Gewerbes ausgerichtet sind, existiert bei der einfachen Gesellschaft keine Vermutung, wonach diese einen Erwerbszweck verfolgt. Ob eine einfache Gesellschaft eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit entfaltet, ist deshalb aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Im Übrigen richtet sich die Einordnung nach üblichen Voraussetzungen (Prüfung Finanzierungsverhältnis, Prüfung der Anzahl Transaktionen, Prüfung eines Verkaufs, Prüfung weiterer gewerbsmässiger Anlagen); vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, vom 22.07.2020 (SB.2019.00099).

Überführung einer Immobilie vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen?

Erfordernisse:

  • selbständige Erwerbstätigkeit (siehe oben)
  • steuerbarer Immobilienhandel (siehe oben)
  • Abrechnung über die stillen Reserven

Ungenügend: blosser Zeitenlauf

  • Erfolgt keine Abrechnung über die stillen Reserven, so verbleibt die Immobilie im Geschäftsvermögen

Vgl. den klarstellenden BGE 2C_948/2010.

Steuerfolgen

Beim Bund

  • Bei Gewinn
    • Besteuerung des Gewinns nur, wenn er in der Phase entstand, während der die Immobilie zum Geschäftsvermögen gehörte
    • direkte Bundessteuer
      • Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit
      • Steuerfreier Kapitalgewinn wird dadurch ausgeschlossen
    • Sozialabgaben (AHVIV/EO/FAK- + AlK-Beiträge)
  • Bei Verlust
    • Verlustverrechnung zulässig / aber nur für die Phase, wo Liegenschaft als Geschäftsvermögen qualifiziert wurde / Verlustvortrag während 7 Jahren möglich
    • Buchführung notwendig

Handlungen der Steuerbehörden können präjudizierende Wirkung zeitigen

Beispiel:

Zulassung von Schuldzinsen zum Abzug beim privaten Einkommen / negativ für eine Umqualifikation als Immobilie des Geschäftsvermögens

In Kantonen mit monistischem System

Beim monistischen System ist die Unterscheidung von Immobilien des Privatvermögens und solchen des Geschäftsvermögens bedeutungslos, weshalb die Einstufung des Steuerpflichtigen als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler folgenden Auswirkungen hat:

  • Immobilien-Gewinn wird mit Grundstückgewinnsteuer erfasst
    • BS, NW, SZ, TG, UR: Unterstellung der wiedereingebrachten Abschreibungen unter Einkommens- oder Gewinnsteuer
  • ZH: Geltendmachung von zusätzlichen Gewinnungskosten, sofern und soweit der Steuerpflichtige auf eine Geltendmachung bei den Einkommens- oder Gewinnsteuern verzichtet
  • BE: gesamter Gewinn aus der Tätigkeit als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler kann unter bestimmten Voraussetzungen mit der Einkommenssteuer oder der Gewinnsteuer erfasst werden.

In Kantonen mit dualistischem System

Beim dualistischen System zeitigt die Qualifikation als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler folgende Wirkungen:

  • Immobilie = Geschäftsvermögen
  • Immobilien-Gewinn unterliegt nicht der Grundstückgewinnsteuer
  • Immobilien-Gewinn wird zum Einkommen hinzugerechnet und unterliegt der ordentlichen Einkommenssteuer

Interkantonale Grundstückgewinnbesteuerung / Neue Rechtsprechung

  • Stärkere Gewichtung des Schlechterstellungsverbots bzw. des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Besteuerung von Liegenschaften im interkantonalen Verhältnis.
  • Die unterschiedliche Grundstückgewinnbesteuerung des Liegenschaftenhandels von ausserkantonalen juristischen Personen im Vergleich zu den im Kanton ansässigen juristischen Personen, welche im Kanton Luzern zu einer erheblichen Mehrbelastung führt, ist unzulässig.
  • Vgl. BGE 137 I 145 Erw. 4.2 und 4.3

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