Was unter einem Vertrag zugunsten Dritter zu verstehen ist, wir hier erläutert:
Begriff
- Vertrag zugunsten Dritter = Vereinbarung, dass der Schuldner (Promittent) die Leistung einem Dritten und nicht seinem Gläubiger (Promissar) erbringt
Grundlage
- OR 112
Zulässigkeit
- In den Schranken des Gesetzes (vgl. OR 19/20 und ZGB 27) sind sämtliche Verträge zugunsten Dritter möglich
Unterscheidung zwischen unechtem und echtem Vertrag zugunsten Dritter
- Unechter Vertrag zugunsten Dritter
- Dritter kann die Erfüllung der Leistung nicht selber verlangen (OR 112 Abs. 1)
- Dritter wird nicht Gläubiger, sondern ist Begünstigter
- Dritter hat kein eigenes Forderungsrecht
- Echter Vertrag zugunsten Dritter
- Dritter erhält ein selbständiges Forderungsrecht gegenüber dem Schuldner
- Dritter kann bei einer Leistungsstörung selbständig Schadenersatz verlangen und einklagen
- Dritter wird nicht Vertragspartei
- Die mit dem Grundverhältnis verbundenen Gestaltungsrechte (Minderungs- / Wandelungsrechte) gehen nicht an ihn weiter
Widerruf des Vertrages zugunsten Dritter
- Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter
- Der Widerruf der Drittbegünstigungsklausel kann durch den Gläubiger (Promissar) beim unechten Vertrag zugunsten Dritter jederzeit und einseitig erfolgen
- Beim echten Vertrag zugunsten Dritter
- Der Gläubiger (Promissar) kann ab dem Zeitpunkt, an dem der Dritte erklärt, vom Forderungsrecht Gebrauch machen zu wollen, die Drittbegünstigungsklausel nicht mehr widerrufen (vgl. OR 112 Abs. 3)
Abgrenzung
Direkte Stellvertretung
- Begriff
- Der direkte Stellvertreter handelt nicht in eigenem Namen und erhält die Entschädigung durch den Dritten
- Grundlage
- OR 32 ff.
- Vertretungsrecht
Zession
- Begriff
- Bei der Zession erfolgt die Abtretung der Forderung durch eine Abmachung zwischen Gläubiger und Drittem
- Grundlage
- OR 164 ff.
- Zession
Anweisung
- Begriff
- Bei der Anweisung ist der Schuldner nicht zur Leistung an einen Dritten verpflichtet, sondern in der Regel ermächtigt
- Grundlage
- OR 466 ff.
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
- Begriff
- Dem Dritten wird mit dem Vertrag ein selbständiges Recht auf Schadenersatz eingeräumt, für den Fall, dass der Schuldner den Dritten durch Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht schädigt
- Grundlage
- BGE 121 III 310 E. 4a ff.
Gesetzestext
Art. 112 C. Vertrag zugunsten eines Dritten / I. Im Allgemeinen
C. Vertrag zugunsten eines Dritten
I. Im Allgemeinen
1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde.
2 Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht.
3 In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen.
Literatur
- Krauskopf Patrick, Der Vertrag zugunsten Dritter (Diss. Freiburg), Freiburg 2000