Der Untergang einer Dienstbarkeit wird durch folgende Untergangsgründe bzw. nachgenannte Verfahren bestimmt durch:
Untergangsgründe
- Verzichtsvereinbarung
- (einseitiger) Verzicht
- Bedingung
- Eintritt der Resolutivbedingung bei eingetragener resolutiv bedingter Dienstbarkeit
- Befristung
- Tod des Berechtigten
- Enteignung der Dienstbarkeit
- Zwangsverwertung des betreffenden Grundstücks
- Untergang eines der Grundstücke
- belastetes Grundstück
- berechtigtes Grundstück
- Ablösung der Dienstbarkeit durch den Richter [vgl. ZGB 736]
Löschung mit oder ohne Gegenleistung
- Ohne Entschädigung
- Dienstbarkeit hat für das berechtigte Grundstück jedes Interesse verloren
- Gegen Entschädigung
- Interesse des Berechtigten ist noch vorhanden, aber das Interesse ist im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung [vgl. ZGB 736 Abs. 2; BR 2000 Nr. 224]
- Ablösung nach ZGB 736 Abs. 2, falls „… das unverändert vorhandene Interesse des Berechtigten durch eine entsprechende Zunahme der Belastung unverhältnismässig gering geworden ist …“, mit dem Bemerken, dass „… das Anwachsen der Belastung nicht auf Gründe zurückgehen darf, die vom Eigentümer des belasteten Grundstücks selber herbeigeführt worden sind“ [vgl. BGE 107 II 339]
- Ablehnung der Löschung [vgl. BGE 107 II 331 ff.].
Art. 736 ZGB
1 Hat eine Dienstbarkeit für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren, so kann der Belastete ihre Löschung verlangen.
2 Ist ein Interesse des Berechtigten zwar noch vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden.
Judikatur
- BGer 5A_770/2017 vom 24.05.2018 (Störung eines Fuss- und Fahrwegrechts durch Parkieren / partielle Löschung einer Dienstbarkeit)
- BGE 5A_797/2013 vom 17.09.2014
- BGer 5A_158/2016 vom 01.11.2016 (Unmöglichkeit der Fahrwegrechtsausübung, weil Dienstbarkeit auf dazwischen liegenden Grundstücken nicht im Grundbuch eingetragen ist)
- BGer 5A_924/2016 vom 28.07.2017 (Auslegungsgrundsätze für die Beurteilung des Verlusts des Interesses des Berechtigten)
Weiterführende Informationen
- Erleichterte Löschung
- Löschung höchstwahrscheinlich bedeutungsloser Einträge (ZGB 976 – ZGB 976c)
- Löschung zweifelsfrei bedeutungsloser Einträge (ZGB 976)
Dienstbarkeitslöschung beim Grundbuchamt
Gesetzliche Grundlage
- ZGB 734
- ZGB 748
- GBVo
- SchKG
- VZG 56 lit. b
Löschungsanmeldung des Eigentümers bei Eigentümerdienstbarkeiten
- infolge Vereinigung von belastetem und berechtigtem Grundstück [vgl. ZGB 735]
Löschungsanmeldung des Dienstbarkeitsberechtigten (= Verzicht)
- Löschungsanzeige des Grundbuchamtes an den Dienstbarkeitsbelasteten
Löschungsantrag des Dienstbarkeitsbelasteten
- mit Zustimmungserklärung der aus dem Eintrag berechtigten Personen
- v.a. Dienstbarkeitsberechtigter
- Dritte
- zB Pfandgläubiger
- bei Löschung eines grundbuchlich als Grundstück verselbständigten selbständigen und dauernden Rechtes
- dortige Dienstbarkeitsberechtigte
- dortige Grundpfandgläubiger
- usw.
- unter Vorlage entsprechender Dokumente [vgl. ZGB 748 Abs. 2 + ZGB 976 Abs. 1]
- Auszug Dienstbarkeitsvertrag für Nachweis des Zeitablaufs
- Verzichtserklärung des Berechtigten
- Todesschein bei Tod des Berechtigten
- Enteignungsentscheid [vgl. EntG 91 und EntG 93]
- Richterliches Urteil im Sinne von ZGB 736, inkl. Rechtskraftbescheinigung
Verfahren für die erleichterte Löschung von Dienstbarkeiten
- Erleichterte Löschung eines zweifelsfrei bedeutungslosen Eintrags [vgl. ZGB 976]
- Befristete Dienstbarkeit, deren Eintrag infolge Fristablaufs die rechtliche Bedeutung verloren hat
- Unübertragbares und unvererbliches Recht einer verstorbenen Personen
- zB bei Nutzniessung
- zB bei Wohnrecht
- Dienstbarkeit betrifft ein Grundstück, welches wegen seiner örtlichen Lage nicht berührt ist
- Dienstbarkeit betrifft ein untergegangenes Grundstück
- Erleichterte Löschung eines höchstwahrscheinlich bedeutungslosen Eintrags [vgl. ZGB 976a f.]
- wenn Belege und / oder Umstände darauf hindeuten, dass der Eintrag höchstwahrscheinlich bedeutungslos geworden ist, kann die belastete Person die Löschung verlangen [vgl. ZGB 976a]
- Grundbuchamt teilt, wenn es das Löschungsbegehren als für begründet hält, dem Berechtigten mit, dass es den Eintrag löschen werde, wenn er nicht innert 30 Tagen opponiere.
Judikatur
- BGE 82 I 37 f.
- BGE 100 II 119
- ZBGR 66 [1985] Nr. 70 S. 333 f.
- BGE 82 I 38
- ZBJV 116 (1980) S. 445 ff. = ZBGR 63 (1982) 42 S. 227 ff.
- SemJud 1973 S. 376 ff = ZBGR 54 (1973) Nr. 23 S. 239 ff.
Literatur
- Rechtswirkungen des richterlichen Urteils auf Dienstbarkeitslöschung (umstritten)
- pro deklaratorisch
- LIVER PETER, N 105 und N 177 zu ZGB 736
- pro konstitutiv
- PIOTET PAUL, SPR V/1, S. 577
- pro deklaratorisch
Untergang der Dienstbarkeit zufolge Doppelaufrufs in der Zwangsvollstreckung
- Ausserbuchlicher Untergang
- Zuschlag ohne die Dienstbarkeitslast
- Vgl. VZG 56 lit. b und SchKG 150 Abs. 3 i.V.m. VZG 68 Abs. 1 lit. b
- Doppelaufruf
Weiterführende Informationen
-
- Erleichterte Löschung
- Löschung höchstwahrscheinlich bedeutungsloser Einträge (ZGB 976 – ZGB 976c)
- Löschung zweifelsfrei bedeutungsloser Einträge (ZGB 976)
Richterliche Dienstbarkeitsablösung
Der Dienstbarkeitsbelastete kann die Löschung der Dienstbarkeit verlangen, sofern sie „… für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren …“ hat [vgl. ZGB 736 Abs. 1].
Wenn „… ein Interesse des Berechtigten … noch vorhanden …“ ist, „… aber im Vergleich zu Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweises abgelöst werden“ [vgl. ZGB 736 Abs. 2].
Beurteilungskriterien sind:
Interessenlage des Berechtigten
- bei Dienstbarkeitsbegründung
- heute
Veränderung der Interessenlage
- Dahinfallendes Interesse an der Dienstbarkeitsausübung
- Gründe
- Unmöglichkeit der Dienstbarkeitsausübung [vgl. BGE 89 II 381]
- aus anderen Gründen
- sich anbietende oder sich aufdrängende Ablösung der Dienstbarkeit
Aufrechterhaltung zu einem andern Zweck?
- Verletzung des Grundsatzes der Identität der Dienstbarkeit
- Aufrechterhaltung ausgeschlossen
- Vgl. BGE 100 II 116
Massstab für die Ablösung
- Objektives Interesse des berechtigten Grundstückes im Errichtungszeitpunkt im Verhältnis zum objektiven Interesse heute [vgl. BGE 100 II 118, ZR 74 Nr. 60 und ZR 75 Nr. 101]
- Anwendungsfälle
- Villenservitut: Villencharakter im Quartier ging verloren [vgl. BGE 91 II 339 ff.]
- Felsenkeller-Dienstbarkeit pro Bierbrauerei: Umnutzung der Dienstbarkeit zur Lagerung irgendwelcher anderen Gegenstände [Verletzung des Grundsatzes der Identität der Dienstbarkeit; vgl. BGE 92 II 89 ff.
- Aussichtsbedingte Bauhöhebeschränkung: Aussicht wird infolge eines dazwischen liegenden Neubaus verunmöglicht
- Überschiessdienstbarkeit: Schiessplatz stellt Betrieb definitiv ein
- Bauverbotsdienstbarkeit: verneinte Veränderung [vgl. BGE 107 II 331 ff.]
Teilablösung oder Vollablösung gegen Entschädigung
Nichtausübung der Dienstbarkeit
- = sog. „Versitzung“ der Dienstbarkeit
- Kein Untergangsgrund per se
- Vgl. BGE 95 II 61
Art. 736 ZGB
1 Hat eine Dienstbarkeit für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren, so kann der Belastete ihre Löschung verlangen.
2 Ist ein Interesse des Berechtigten zwar noch vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden.
Weiterführende Informationen
Judikatur
- BGE 5A_412/2009 vom 27.10.2009
- BGE 5A_489/2010 vom 06.12.2010 = ZBGR 93 (2012) Nr.29 S. 240 ff.
- BGE 5A_360/2014 vom 28.10.2014 (Fuss- und Fahrwegrecht für Kulturland)