Mit dem Fotografenvertrag vereinbaren Kunde und Fotograf, dass der Fotograf bestimmte fotografische Arbeiten gegen Honorar erstellt. In vielen Fällen vereinbaren die Parteien weitere, mit der fotografischen Arbeit zusammenhängende Leistungen (zB Bearbeitung/Retuschieren der Bilder, Location Suche, Erstellung von Abzügen, etc.). Als problematisch erweisen sich regelmässig Fragen im Zusammenhang mit der Herausgabepflicht des Fotografen bezüglich der Negative oder über die erlaubte Verwendung der Bilder durch den Kunden. Eine klare vertragliche Regelung hilft, solche Streitigkeiten zu vermeiden.
Begriff
- Fotografenvertrag = Vereinbarung zwischen Fotografen und Kunden über bestimmte fotografische Arbeiten
Grundlage
- Die Grundlage zum Abschluss eines Fotografenvertrages liegt in der Vertragsfreiheit verankert
Abgrenzungen
- Auftrag
- Im Gegensatz zum Auftrag, bei dem das blosse Tätigwerden im Zentrum steht, wird beim Fotografenvertrag wie beim Werkvertrag ein Arbeitserfolg versprochen, welcher in diesem Fall unkörperlicher Natur sein kann
Rechtsnatur
- Werklieferungsvertrag
- Erschöpft sich die Arbeit des Fotografen im Fotografieren und Erstellen von Abzügen, liegt ein Werkliefervertrag vor
- Es gelten die allgemeinen Bestimmungen zum Werkvertrag
- Vgl. Werkvertrag
- Innominatvertrag
- Werden mit dem Fotografen, neben dem Fotografieren und Erstellen von Abzügen, weitere Leistungen (Locationsuche, Erstellen einer Homepage, Übertragung von Urheberrechten) vereinbart, liegt ein Innominatkontrakt vor
Erscheinungsformen
- Fotografenverträge werden in der Regel als Einzelvereinbarung geschlossen
- zB Hochzeitsfotos, Hochzeitsalbum und Homepage
- zB Immobilienfotos für Verkaufsdokumentationen oder Immobilienportale
- zB Portraitfotos für Bewerbungsmappe
- Fotografenverträge können aber auch längerfristig geschlossen werden, der Fotograf ist dann für den Kunden mehrmals tätig
- zB Immobilienfotos für eine grosse Immobilienverwaltung
- zB Fotos für verschiedene Reportagen einer Zeitschrift
Zweck
- Der Kunde bezweckt mit dem Fotografenvertrag, professionelle Fotografien (auch: Photographien) zu erhalten
- Für den (Berufs-) Fotografen liegt der Zweck in der Regel darin, mit seiner Tätigkeit Erwerbseinkommen zu generieren
Zustandekommen
- Der Fotografenvertrag kommt ohne andere Abmachung formfrei zustande (OR 11 Abs. 1)
- Zu Beweiszwecken empfiehlt sich, insbesondere die Vereinbarungen über die Übertragung von Urheberrechten schriftlich festzuhalten
- Ebenfalls sollte die vom Fotografen zu erbringende Leistung, genau umschrieben werden
Leistungsumfang
- Die vom Fotografen zu erfüllende Leistung kann sehr unterschiedlich sein. Es lohnt sich, die zu erbringende Leistung schriftlich festzuhalten
- zB Pflicht des Fotografen zur persönlichen Erbringung der Dienstleistung
- zB Bestimmung von Ort und Zeit der Aufnahmen
- zB Abmachung über besondere Location
- zB Ablieferungszeitpunkt
- zB Grösse und Qualität der Abzüge
- zB Anzahl der Abzüge und Kosten für weitere Abzüge
- zB Bestimmung betreffend Übertragung von Urheber- und Nutzungsrechten
Rechte/Pflichten
- Fotograf
- Höchstpersönliche Pflicht zur Erstellung der Fotografie
- Ablieferung der (im Voraus) bestimmten Anzahl Abzüge
- Eventuell Ablieferung der Negative resp. digitalen Datenträger
- Übertragung von Urheber- und Nutzungsrechten
- Fotografie darf keine Persönlichkeitsrechte oder anderer Rechte Dritter (insb. Immaterialgüterrechte) verletzten
- Gewährleistung darüber, dass Abbildung von Personen, Gegenständen etc. auf den Fotografien keine Rechte Dritter verletzt
- Kunde
- Kunde ist zur Bezahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet
- Je nach Abmachung, können zusätzliche Abzüge weitere Kosten verursachen
- Kunde muss Fotografen künstlerische Freiheit überlassen
- Kann durch genaue Anweisungen begrenzt werden
- Je nach Abmachung, Pflicht den Namen des Fotografen bei der Verwendung der Fotografie zu erwähnen
- Kunde ist zur Bezahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet
Übertragung der Eigentumsrechte
- Bei Konsumentenverträgen (B2C)
- Bei Konsumentenverträgen (der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck ist ein privater und dient nicht der Förderung einer selbständigen Haupt- oder Nebenerwerbstätigkeit) gehen ohne anderslautende Vereinbarung, neben den bestellten Abzügen (Positive) auch die Negative bzw. der digitale Datenträger mit den Originaldaten auf den Kunden über
- Bei anderen Verträgen (B2B etc.)
- Liegt kein Konsumentenvertrag vor, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nur die bestellten Abzüge (Positive) und nicht auch die Negative auf den Kunden übergehen
- Wirkung
- Wirkung auf Urheberrechte
- Die Übertragung eines Werkexemplar (auch des Originalwerks / Negative / Träger der Bilddatei) stellt keine Übertragung von Urheberrechten dar
- Erschöpfungsgrundsatz (URG 12)
- Durch die Veräusserung eines Werkexemplars wird das Verbreitungsrecht des Fotografen an der veräusserten Fotografie erschöpft
- Veröffentlichung
- Die Übergabe stellt eine Veröffentlichung im Sinne von URG 19 dar und eröffnet Möglichkeit zum Eigengebrauch des Werkes
- Als Eigengebrauch gilt unter anderem jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde
- Die Übergabe stellt eine Veröffentlichung im Sinne von URG 19 dar und eröffnet Möglichkeit zum Eigengebrauch des Werkes
- Wirkung auf Urheberrechte
Urheberrechte
- Voraussetzung
- Fotografie ist – sofern Ergebnis einer geistigen Schöpfung mit individuellem Charakter – urheberrechtlich geschützt (URG 1 ff.)
- Urheberrechte des Fotografen
- Urheberrechte persönlichkeitsrechtlicher Art
- Recht auf Anerkennung der Urheberschaft
- Recht auf Erstveröffentlichung
- Recht auf Werkintegrität
- Recht, über Abänderungen der Fotografie zu entscheiden
- zB Retuschen, Wegschneiden von Bildteilen, Wiedergabe eines Farbfotos in schwarzweiss
- Urheberrechte vermögensrechtlicher Art
- Entscheid über Verwendung der Fotografie
- Vervielfältigung von Positiven oder Negativen
- Veröffentlichungs- und Verbreitungsrecht
- Entscheid über Verwendung der Fotografie
- Urheberrechte persönlichkeitsrechtlicher Art
- Übertragung der Urheberrechte
- Grundsatz
- Urheberrechte können vertraglich übertragen werden
- Anstelle der Urheberrechte können dem Kunden auch nur gewisse Nutzungsrechte übertragen werden
- Die Übertragung eines Werkexemplar (auch des Originalwerks / Negative / Träger der Bilddatei) stellt keine Übertragung von Urheberrechten dar
- Voraussetzung für Übertragung
- Fotograf muss zusichern, dass er Urheber der Fotografie ist
- Übertragung ist formfrei möglich (URG 16)
- Umfang
- Urheberrechte können ganz oder als Teilrechte (meistens in Form einer Lizenz) übertragen werden
- Wirkung
- Lizenz
- Der Fotograf kann dem Kunden durch Lizenzen Teile des Urheberrechts an einer Fotografie gewähren. Je nach Lizenz verbleiben dem Fotografen mehr oder weniger viele Rechte an der eigenen Fotografie:
- zB einfache Lizenz
- Fotograf kann weiterhin selber Kopien der Fotografie anfertigen
- zB ausschliessliche Lizenz
- Nur Kunde darf Fotografie vervielfältigen
- zB Alleinlizenz
- Kunde und Fotograf dürfen weitere Werkexemplare herstellen
- Werden Urheberrechte ganz auf den Kunden übertragen, bleiben dem Fotografen nur noch die nicht übertragbaren Urheberpersönlichkeitsrechte
- Lizenz
- Grundsatz
- Verletzung von Urheberrechten
- Wer in seinem Urheber- oder verwandten Schutzrecht verletzt oder gefährdet wird, kann vom Gericht folgendes verlangen:
- eine drohende Verletzung zu verbieten
- eine bestehende Verletzung zu beseitigen
- Herkunft und Menge der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die widerrechtlich hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, anzugeben
- Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer und Abnehmerinnen zu nennen
- Die Verletzung von Urheberrechten kann auch zu Schadenersatz oder Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinnes führen (URG 62 Abs. 2)
- Vgl. BGE 122 III 463
- Wer in seinem Urheber- oder verwandten Schutzrecht verletzt oder gefährdet wird, kann vom Gericht folgendes verlangen:
Rechte Dritter
- Grundsatz
- Unabhängig von Überlegungen des Urheberrechts besteht bei der Fotografie grundsätzlich das Recht am eigenen Bild
- Rechtsverletzung
- Es ist zu beachten, dass durch die fotografische Aufnahme, Rechte Dritter tangiert sein können
- Persönlichkeitsrechte
- Es können Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person verletzt werden (ZGB 28)
- Immaterialgüterrechte
- Durch Aufnahmen an Gegenständen oder besonderen Orten, können auch Immaterialgüterrechte Dritter betroffen sein
- Persönlichkeitsrechte
- Es ist zu beachten, dass durch die fotografische Aufnahme, Rechte Dritter tangiert sein können
- Einwilligung
- Veröffentlichung von Fotos bedarf dem Einverständnis, der darauf abgebildeten Person oder Zustimmung des Berechtigten, bei Immaterialgüterrechten
- Gewährleistung
- Empfehlenswert ist, dass der Fotograf die Gewährleistung darüber abgibt, dass Abbildung von Personen, Gegenständen etc. auf den Fotografien keine Rechte Dritter verletzt
- Kann durch Zustimmungserklärungen vom Fotografen dokumentiert werden
- Empfehlenswert ist, dass der Fotograf die Gewährleistung darüber abgibt, dass Abbildung von Personen, Gegenständen etc. auf den Fotografien keine Rechte Dritter verletzt
Leistungsstörung
- Auf die werkvertraglichen Elemente des Fotografenvertrages finden die Regeln nach OR 363 ff. analog Anwendung
- Nicht rechtzeitige Vornahme und vertragsgemässe Ausführung
- Rücktritt vom Vertrag (OR 366 Abs. 1)
- Mangelhaftes Werk
- Nachfrist und allenfalls Rücktritt vom Vertrag (OR 367 f.)
- Nicht rechtzeitige Vornahme und vertragsgemässe Ausführung
- Soweit innominatkontraktliche Elemente tangiert sind, finden die vertragsrechtlichen Bestimmungen nach OR 102 ff. Anwendung
- Späterfüllung
- Ev. Nachfristansetzung (OR 108)
- Rücktritt vom Vertrag (OR 107 ff.)
- Schlechterfüllung
- Schadenersatz OR 97 ff.
- Späterfüllung
Gefahrentragung
- Fotograf trägt Risiko (Preisgefahr) des Untergangs der Fotografien vor Ablieferung
Beendigung
- Rücktritt vom Vertrag aufgrund verzögerter Ausführung (OR 306 Abs.1)
- Rücktritt des Kunden gegen Schadloshaltung des Fotografen, solange Werk noch unvollendet (OR 377)
International
- Allgemein
- Fotografenverträge können internationalen Charakter aufweisen, d.h. grenzüberschreitende Sachverhalte betreffen
- Rechtswahlklausel und Gerichtsstandsklausel sind dabei empfehlenswert
- Sind weder Gerichtsstandsklauseln noch Rechtswahlklausel vorhanden, bestimmt sich sie Zuständigkeit des Gerichts bzw. das anwendbare Recht nach den für die Schweiz geltenden Kollisionsnormen (Lugano-Übereinkommen und IPRG)
- Zuständiges Gericht
- Gerichtsstandsklausel
- Gerichtsstandsklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, den Gerichtsstand frei zu wählen
- Ohne Gerichtsstandsklausel
- Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
- Gerichtsstandsklausel
- Internationale Bestimmungen
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Bei Parteien mit Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines LugÜ Vertragspartner, findet das Lugano-Übereinkommen Anwendung
- Bei nicht LugÜ-Vertragspartner
- Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates ist finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
- Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
- Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates ist finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Gerichtsstandsklausel
- Anwendbares Recht
- Rechtswahlklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
- Bei Konsumentenverträgen ist die Rechtswahl ausgeschlossen
- IPRG 120
- Ohne Rechtswahlklausel
- Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
- Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
- IPRG 117 Abs. 1 und 2
- Charakteristische Leistung
- Die charakteristische Leistung beim Fotografenvertrag wird vom Fotografen erbracht
- Rechtswahlklausel
Literatur
- ACKERMANN THOMAS/BURI UELI, Der Fotografenvertrag als Konsumentengeschäft, recht 1998, S. 144 ff.
- TRACHSLER WALTER, Rechtliche Fragen bei der fotografischen Aufnahme, Dissertation, Zürich 1975, S. 25 ff.
Judikatur
- Zur Urheberrechtsverletzung