Die eigentliche Adresse, die jedem am System angeschlossenen Rechner zugeteilt wird, ist eine sog. Internet Protokoll (IP) Adresse. Da eine solche IP Adresse (zB 192.0.2.42) nicht sehr benutzerfreundlich ist, kann durch das Verfahren des Domain Name Systems (DNS) jeder dieser IP-Adressen ein eigener benutzerfreundlicherer Domain-Name, d.h. in der Regel eine Buchstabenkombination, zugeteilt werden (zB www.domainname.com). Beim Domain-Name-Vertrag geht es um die Registrierung, Verwaltung und Nutzung eines solchen Domain-Namens, d.h. der elektronischen Adresse im Internet. Der Domain-Name-Vertrag wird zwischen einem Endkunden und einem Registrar abgeschlossen. Registrar wie z.B. Cyon, Green.ch, Hostpoint usw (gesamte Liste hier) kann nur sein, wer mit SWITCH (vgl. www.nic.ch) als Registerbetreiberin einen sog. Registrarvertrag abgeschlossen hat.
Begriffe
- Domain-Name = Kombination aus Buchstaben und Ziffern aus mindestens 3 und höchstens 63 Zeichen zur Identifikation bzw. Adressierung eines Rechners im Internet
- zB www.steueramt.zh.ch
- Domain-Name-Registrierung = Unter der Domainregistrierung wird ein Vorgang verstanden, bei dem eine Domain unterhalb einer Top-Level-Domain registriert wird
- Top Level Domain (TLD)
- zB .ch
- Second Level Domain
- zB .zh
- Third Level Domain
- zB .steueramt
- Fourth Level Domain
- zB www
Grundlage
- Privatrechtliche Rechtsbeziehung
- Nach Art. 14c Abs. 1 der Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV; SR 784.104) sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Registrar und dem Domaininhaber den Bestimmungen des Privatrechts unterstellt
- BGE 131 II 162 Erw. 2
- Dir privatrechtliche Rechtsbeziehung darf aber Bestimmungen der Verordnung über die Internet-Domains (VID; SR 784.104.2) nicht ausser Kraft setzen
- Nach Art. 14c Abs. 1 der Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV; SR 784.104) sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Registrar und dem Domaininhaber den Bestimmungen des Privatrechts unterstellt
- Vertragsfreiheit
- Die Grundlage Domain-Name-Verträge abzuschliessen, liegt in der Vertragsfreiheit
Abgrenzungen
- Auftrag
- Beim Domain-Name-Vertrag ist weder eine Sache noch eine Tätigkeit oder Dienstleistung Bestanteil des Vertrages
- Lizenzvertrag
- Setzt Nutzungsrecht an gesetzlich geschützten oder objektivrechtlich abgesicherten Immaterialgüterrechten voraus
Rechtsnatur
- Beim Domain-Name-Vertrag handelt es sich um einen Innominatkontrakt mit Komponenten aus folgenden Vertragstypen (Kombinationsvertrag)
- Auftragsrecht
- Lizenzvertrag
- Miet- und Pachtvertrag
Internationale Verwaltung
- Auf internationaler Ebene werden die Domain-Namen durch eine im öffentlichen Recht einzigartige Organisation, der sog. Internet Corporation for Assigned Names and Numbers Organisation (ICANN) verwaltet
- ICANN entscheidet über die Schaffung neuer TOP Level Domains
- zB .ch oder .swiss
Registerbetreiberin
- Innerhalb eines DNS werden jeweils für eine Domain der ersten Ebene (TOP Level Domain, TLD) für die zuverlässige Verwaltung der Domain-Namen eine einzige Registerbetreiberin bezeichnet
- Die Aufgabe der Registerbetreiberinnen besteht hauptsächlich in der Verwaltung der elektronischen Datei oder Datenbank mit allen Adressierungsinformationen zur jeweiligen Domain
- Registerbetreiberin für die TLD .ch ist SWITCH (www.nic.ch)
- SWITCH führt im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation BAKOM die Datenbank mit den .ch-Domain-Namen
Registrar
- Registrare sind zugelassene Wiederverkäufer von Domain-Namen der Registerbetreiberin
- Leistungsangebot richtet sich an Endkunden
- Benötigen einen Vertrag mit der Registerbetreiberin (z.B. SWITCH)
- sog. Registrarvertrag
- Ist als administrativer Vermittler tätig
- Vgl. Liste aller Registrare (Schweiz)
Zustandekommen / Registrierung
- Vorgehensweise
- Der Abschluss eines Domain-Name-Vertrages und somit die Registrierung und Sicherung eines bestimmten Domain-Namen wird heute meistens nur noch online abgewickelt und ist schnell und einfach
- Wunsch Domain-Name prüfen
- In einem ersten Schritt kann/muss der Kunde überprüfen, ob der gewünschte Domain-Name noch verfügbar ist
- Der Registrar (Anbieter) stellt dazu Online ein Überprüfungstool zur Verfügung
- Registrierung
- Im Fall, dass der Domain-Name noch nicht besetzt ist, kann der Kunde ein – meist digitales – Gesuch auf Registrierung „einreichen“
- Die Registrierung ist in der Regel kostenlos
- Das administrative und betriebliche Verfahren wird von einem Registrar durchgeführt
- Werden die Registrierungsbedingungen (in der Regel in AGB vermerkt) eingehalten, wird der beantragte Domain-Name im DNS festgehalten und die Registrierung abgeschlossen
Zweck
- Verschafft der Vertragspartei ein vertragliches Recht, einen Namen als Kennzeichnung für seinen Rechner im Internet zu nutzen
- Identifikationszweck
- Marketingmässige Kennzeichnungsfunktion
Rechte/Pflichten
- Registrar
- Professionelle und sichere Registrierung des gewünschten Domain-Namens (auf bestimmte Dauer)
- In der Regel kostenloser Support und Beratung
- Kunde
- Bezahlung der vertraglich vereinbarten Gebühr zur Benutzung des Domain-Namens
- Einhaltung weiterer, in der Regel in AGB vermerkten Pflichten
Leistungsstörung
- Leistungsunmöglichkeit
- Hat der Schuldner die nachträgliche Leistungsunmöglichkeit zu vertreten, richtet sich die Rechtsfolgen nach OR 97 Abs. 1
- Schadenersatz
- Der Gläubiger kann auch analog zu OR 107 Abs. 2 und 109 vom Vertrag zurücktreten
- Ist die nachträgliche Leistungsunmöglichkeit vom Schuldner nicht zu vertreten, kommt OR 119 zu Anwendung
- Schuld gilt als erloschen
- Bereits erhaltene Gegenleistungen müssen zurückerstattet werden
- Hat der Schuldner die nachträgliche Leistungsunmöglichkeit zu vertreten, richtet sich die Rechtsfolgen nach OR 97 Abs. 1
- Schlechterfüllung
- Mögliche Arten der Schlechterfüllung
- Registrierungsfehler
- Fehlende Unterstützung des Kunden durch Hotline oder Störungsdienst
- Haftung für Schlechterfüllung
- Schadenersatz des Registrars nach den allgemeinen vertraglichen Regeln (OR 97 ff.)
- Schadenersatzpflicht
- Der Gläubiger kann auch analog zu OR 107 Abs. 2 und 109 vom Vertrag zurücktreten
- Schadenersatz des Registrars nach den allgemeinen vertraglichen Regeln (OR 97 ff.)
- Mögliche Arten der Schlechterfüllung
- Verzug
- Zahlungsverzug des Kunden
- Anbieter von Domain-Name-Registrationen behalten sich in AGB oft vor, bei Zahlungsverzug den Service unverzüglich einzustellen
- Verzugszinsen und Mahngebühren möglich
- Eine Neuregistrierung ist in der Regel gebührenpflichtig
- Zahlungsverzug des Kunden
Beendigung
- Kündigung
- Fristen in der Regel gemäss AGB
- zB Vertragslaufzeit 12 Monate mit Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende der Vertragslaufzeit
- Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen immer möglich
- Fristen in der Regel gemäss AGB
International
- Allgemein
- Der Domain-Name Vertrag wird in den meisten Fällen online, unter Einbezug standardisierter Verträge abgeschlossen
- In der Regel beinhalten solche Verträge sowohl eine Gerichtsstandsklausel als auch eine Rechtswahlklausel, durch die der Gerichtsstand bzw. das anwendbare Recht bestimmt werden
- Zu beachten ist, dass bei Verträgen mit Konsumenten für Gerichtsstandsklauseln IPRG 114 oder (bei Anwendung des Lugano-Übereinkommen) LugÜ 15 ff. und für die Rechtswahl IPRG 120 zu beachten sind
- Zuständiges Gericht
- Gerichtsstandsklausel
- Gerichtsstandsklausel
- Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, können die Parteien für einen künftigen Rechtsstreit über Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis einen Gerichtsstand vereinbaren
- Ohne Gerichtsstandsklausel
- Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
- Gerichtsstandsklausel
- Internationale Bestimmungen
- Zuständigkeit nach LugÜ
- Anwendungsbereich
- Das LugÜ kommt dann zur Anwendung, wenn der Beklagte in einem LugÜ-Vertragsstaat wohnt
- Allgemeine Gerichtsstände
- Klage am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Person (LugÜ 2)
- Alternative
- Klage am Erfüllungsort (LugÜ 5)
- Anwendungsbereich
- Zuständigkeit nach IPRG
- Anwendungsbereich
- Hat der Beklagte seine Wohnsitz nicht in einem LugÜ-Vertragsstaat, finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Allgemeine Gerichtsstände
- Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
- Alternative
- Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
- Anwendungsbereich
- Zuständigkeit nach LugÜ
- Gerichtsstandsklausel
- Anwendbares Recht
- Rechtswahlklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
- Bei Verträgen mit Konsumenten ist eine Rechtswahl ausgeschlossen
- IPRG 120 Abs. 2
- Ohne Rechtswahlklausel
- Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
- Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
- IPRG 117 Abs. 1 und 2
- Charakteristische Leistung
- Die charakteristische Leistung liegt in der Registrierung und Sicherung eines bestimmten Domain-Namens und wird vom Registrar erbracht
- Rechtswahlklausel
Schema Domain-Name-Vertrag
Literatur
- BRINER ROBERT G., Verträge und Haftung im Internet, Zürich 2002, 223 f.
- WEBER ROLF H., E-Commerce und Recht, 2., vollständig überarbeitete Auflage, Zürich 2010, S. 119 ff. und 369 ff.
- ORSOLYA FERCSIK SCHNYDER, Internet-Access-Providing-Verträge mit geschäftlichen und privaten Endkunden, Dissertation, Zürich 2011, S. 50 ff.
Judikatur
- Zur Rechtsnatur des Domain-Name-Vertrages
- BGE 131 II 162 Erw. 2