Übersicht
Umstritten ist oftmals die Frage, ob ein Ehegatte Unterhaltsbeiträge an den anderen bezahlen muss. Das Unterhaltsrecht soll die wirtschaftlichen Folgen einer Scheidung auf beide Ehegatten gerecht verteilen. Ob ein Ehegatte nachehelichen Unterhalt an den anderen zu leisten hat, ergibt sich aus der Gesamtwürdigung des konkreten Einzelfalles.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts soll die Ehe
… nicht einem jederzeit kündbaren Vertrag gleichgesetzt werden, nach dessen Auflösung die Ehegatten nur so zu stellen wären, wie wenn die Ehe niemals Bestand gehabt hätte. Eine langandauernde oder aus anderen Gründen lebensprägende Ehe kann Vertrauen schaffen, das nach der Scheidung nicht enttäuscht werden darf und einen grundsätzlichen Anspruch darauf gibt, dass die während der Ehe zuletzt gelebte Lebenshaltung fortgeführt wird (BGE 5.C.308/2005 vom 12.04.2005).
Bemessungskriterien
Der nacheheliche Unterhaltsbeitrag richtet sich nach Bedarf und Leistungsfähigkeit. Bei der Bemessung hat das Gericht einen Ermessensspielraum, doch sind folgende Faktoren entscheidend (ZGB 125 II):
- Aufgabenteilung während der Ehe
- Dauer der Ehe
- Lebensstellung während der Ehe
- Alter und Gesundheit der Ehegatten
- Einkommen und Vermögen der Ehegatten
- Umfang und Dauer noch zu leistender Kinderbetreuung
- Ausbildung und Erwerbsaussichten
- Anwartschaften aus beruflicher Vorsorge
Faustregeln
Aus der Praxis haben sich Faustregeln gebildet, nach denen sich für die Beurteilung der Unterhaltspflicht folgende Ehetypen herausgebildet haben:
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Hausgattenehe mit Kindern:
normalerweise liegen ehebedingte Nachteile vor, Unterhaltsbeiträge sind tendenziell geschuldet
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Hausgattenehe ohne Kinder:
bei kurzer Ehe eher zu verneinen, bei langer Ehe meistens zu bejahen – entscheidend ist, wie jemand im Zeitpunkt der Scheidung stehen würde, wenn er die Ehe nie eingegangen wäre
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Doppelverdienerehe mit Kindern:
Unterhaltsbeiträge sind tendenziell dann geschuldet, wenn nach der Scheidung nebst voller Erwerbstätigkeit noch Kinder zu betreuen sind
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Doppelverdienerehe ohne Kinder:
Unterhaltsbeiträge sind tendenziell nicht geschuldet, da ehebedingte Nachteile eher zu verneinen sind.
Änderung
Der einmal zugesprochene nacheheliche Unterhalt kann durch gerichtliches Urteil wieder abgeändert, d.h. aufgehoben, herabgesetzt oder eingestellt werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- unvorhersehbare sowie
- erhebliche und
- dauernde Veränderung der finanziellen Verhältnisse.
Eine Erhöhung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Voraussetzungen sind:
- Feststellung im Scheidungsurteil, dass keine Deckung des gebührenden Unterhalts möglich war;
- Verbesserung der finanziellen Möglichkeiten des Zahlungspflichtigen;
- Einreichen einer Abänderungsklage innert 5 Jahren seit dem Scheidungsurteil.
Unterhaltsberechtigter ex-Ehegatte in späterem Konkubinat
Nach der bisherigen Rechtsprechung führte das Bestehen einer stabilen Lebensgemeinschaft (Konkubinat) des geschiedenen Ehegatten wie eine Wiederverheiratung zum Erlöschen der Unterhaltspflicht. Diesem Umstand trägt das Gesetz ebenfalls mit der Abänderungsklage Rechnung (ZGB 129).
Vgl. auch: Konkubinat | konkubinat.ch