Rockband im Hallenstadion, Ballettvorführung im Opernhaus, Gitarrenmusik während der Hochzeit, Bauchtanz zur Geschäftseröffnung oder Feuerspucken beim Weihnachtsessen. Nur eine kleine Auswahl an dem, was mit einem Engagementvertrag vereinbart werden kann.
Begriff
- Engagementvertrag = Vertrag zwischen Veranstalter und einer Person oder Personengruppe über die Darbietung musikalischer, tänzerischer, künstlerischer oder ähnlicher Art
- In der Praxis wird der Engagementvertrag oft auch als Musiker- oder Orchestervertrag bezeichnet
Grundlage
- Die Zulässigkeit Innominatkontrakte abzuschliessen und neue zu kreieren, liegt in der Vertragsfreiheit
Abgrenzungen
- Zum Arbeitsvertrag
- Im Gegensatz zum Engagementvertrag liegt beim Arbeitsvertrag ein klares Subordinationsverhältnis zwischen den beteiligten Personen vor
- vgl. Arbeitsvertrag
- Die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsvertrag und einem Engagementvertrag, bei dem der Veranstalter gewissen Weisungsbefugnissen gegenüber der engagierten Person hat, ist fliessend und dementsprechend schwierig
- Im Gegensatz zum Engagementvertrag liegt beim Arbeitsvertrag ein klares Subordinationsverhältnis zwischen den beteiligten Personen vor
- Zum Werkvertrag
- Beim Werkvertrag ist ein bestimmter Erfolg geschuldet
- zB Erstellen einer Eisskulptur anlässlich der Eröffnung eins Wintersportresorts
- vgl. Werkvertrag
- Beim Werkvertrag ist ein bestimmter Erfolg geschuldet
Rechtsnatur
- Beim Engagementvertrag handelt es sich um einen Innominatkontrakt in der Art eines Kombinationsvertrages aus Elementen folgender Vertragsarten, je nach Umständen des konkreten Einzelfalls (vgl. BGE 99 II 397 = Pra 63 Nr. 121)
- Arbeitsrechtliche Bestimmungen
- liegt ein sog. Subordinationsverhältnis (insb. Weisungsbefugnisse des Auftraggebers) vor, sind arbeitsrechtliche (insb. die zwingenden) Bestimmungen anzuwenden
- ansonsten finden werkvertragliche und/oder auftragsrechtliche Bestimmungen analog Anwendung
- BGE 112 II 41 E. 1a
- Werkvertragliche Bestimmungen
- vgl. Werkvertrag
- Auftragsrechtliche Bestimmungen
- vgl. Auftragsrecht
- Arbeitsrechtliche Bestimmungen
Erscheinungsformen
- Nach Inhalt
- Der Engagementvertrag kommt in verschiedenen Ausprägungen vor
- zB Rockkonzert
- zB Orchesterdarbietung
- zB Ballettshow
- uam
- Der Engagementvertrag kommt in verschiedenen Ausprägungen vor
- Nach Dauer
- Insbesondere inhaltlich und zeitlich können Engagementverträge ebenfalls stark variieren
- zB Konzerttour
- zB einmaliges Konzert
- zB Konzertreihe
- Insbesondere inhaltlich und zeitlich können Engagementverträge ebenfalls stark variieren
Zweck
- Mit dem Engagementvertrag kann ein Veranstalter Personen oder Personengruppen verpflichten, an seiner Veranstaltung Darbietung vorzuführen
- Musik
- Tanz
- Kunst
- uam
- Mit dem Vertrag können weitere Punkte geregelt werden
- Konzertbeginn
- Spesen
- Recht zur Aufzeichnung des Konzertes
- Ticketpreise
- Werbung
- uam
Zustandekommen
- Sofern nichts anderes vereinbart wird, kann der Engagementvertrag formfrei abgeschlossen werden
- In der Praxis werden Engagementverträge meistens schriftlich geschlossen
Rechte/Pflichten
- Veranstalter
- Bezahlung des vereinbarten Entgelts (Gage) für die Darbietung
- Allenfalls Bezahlung der Quellensteuer, falls engagierte Person ohne Wohnsitz in der Schweiz
- Allenfalls Bezahlung von SUISA Abgaben
- Bezahlung für Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke
- vgl. SUISA | suisa.ch
- Zur Verfügung stellen von vertraglich vereinbarten Sachen/Orte
- zB Musikanlage
- zB Anzahl/Art der Mikrophone
- zB bestimmte Quadratmeter Bühne
- zB spez. Location/Konzertsaal/Halle/Stadion
- uam
- Engagierte Person / Gruppe
- Pflicht zur vertraglich vereinbarten Darbietung
- Art der Darbietung
- Dauer der Darbietung
- Ort und Zeit der Darbietung
- Weitere vertraglich vereinbarte Pflichten
- Pflicht zur vertraglich vereinbarten Darbietung
Leistungsstörungen
- In der Praxis wird für die Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung oft eine Konventionalstrafe vereinbart
- Vgl. nachfolgend Konventionalstrafe
- In den anderen Fällen richtet sich die Nicht- oder Schlechterfüllung nach den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts
- in der Regel Schadenersatz nach OR 97 oder (bei Dauerschuldverhältnis) Rücktritt vom Vertrag ex nunc (= kommt einer Kündigung gleich)
- Bei unverschuldeter Unmöglichkeit (zB Beinbruch des Balletttänzers) greifen die Rechtsfolgen gemäss OR 119
- Forderung gilt als erloschen
- Bereits empfangene Gegenleistungen sind zurückzuerstatten
Konventionalstrafen
- Für den Fall, dass die engagierte Person schuldhaft nicht auftritt (Nichterfüllung) oder seine Darbietung nicht dem vertraglich vereinbarten Programm entspricht (Schlechterfüllung) werden in der Praxis häufig Konventionalstrafen vereinbart (OR 160); vgl. www.konventionalstrafe.ch
- Geht man im Einzelfall bei einem Engagementvertrag von einem arbeitsrechtlichen Verhältnis aus (aufgrund Subordinationsverhältnis) sind Konventionalstrafen für Schlecht oder Nichterfüllung jedoch nicht zulässig
Beendigung
- Einmaliges Engagement
- Beendigung nach erfolgter Leistung des Engagierten und nach Bezahlung der Gage
- Wiederholende Engagements
- Ablauf der vertraglich vereinbarten Dauer
- Kündigung gemäss vereinbarten Kündigungsfristen und Termine
- Jederzeitiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grund
- bei Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses zulässig
International
- Zuständiges Gericht
- Gerichtsstandsklausel
- Gerichtsstandsklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, den Gerichtsstand frei zu wählen
- Ohne Gerichtsstandsklausel
- Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
- Gerichtsstandsklausel
- Internationale Bestimmungen
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Bei Parteien mit Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines LugÜ Vertragspartner, findet das Lugano-Übereinkommen Anwendung
- Bei nicht LugÜ-Vertragspartner
- Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates ist finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
- Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
- Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates ist finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Gerichtsstandsklausel
- Anwendbares Recht
- Rechtswahlklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
- Geht man aufgrund des Subordinationsverhältnisses davon aus, dass es sich beim konkreten Engagement um ein Arbeitsvertrag handelt, ist IPRG 121 Abs. 3 d.h. die Eingrenzung der Rechtswahl zu beachten
- Ohne Rechtswahlklausel
- Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
- Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
- IPRG 117 Abs. 1 und 2
- Charakteristische Leistung
- Die charakteristische Leistung des Engagementvertrags wird von der engagierten Person, durch Tanz, Gesang, Performance usw. erbracht
- Rechtswahlklausel
Literatur
- MEYER MARC, IN MÜNCH PETER/BÖHRINGER PETER (Hrsg), Schweizer Vertrags-Handbuch, 2. Aufl., Basel 2010, Vertragsnummer 97
Judikatur
- Zu werkvertraglichen Bestimmungen
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen
- SUISA | suisa.ch